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Kombucha (#2)

in gelber Schrift: "& über das Schreiben reden"

Willkommen zur zweiten Soft Practice; ich freu mich sehr, dass du das hier liest! Vor ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause angekommen, und es war höchste Eisenbahn, mich meiner kleinen Kombucha-Station anzunehmen, die zuletzt ca. dreieinhalb Wochen lang fröhlich vor sich hin fermentierte. Ich habe also den etwas zu säuerlichen Kombucha in eine Flasche getrichtert, den Pilz abgewaschen und das Gefäß ausgespült, ich habe grünen Tee aufgebrüht, ihn gezuckert und abkühlen lassen, schließlich alles zusammen wieder ins Gefäß gegeben und abgedeckt. Jetzt steht es da, das Gefäß, er, der Kombucha in the making, und hat die nächsten zehn, vierzehn Tage zu tun.

Ich liebe Kombucha, und weil es ihn in Deutschland nur selten in Gut und Unpasteurisiert zu kaufen gibt, mache ich ihn eben selbst, bzw. mein so-called Scoby, der Teepilz, macht ihn selbst, und wie genau er das anstellt, I have no fucking clue. Er fermentiert eben. Er verstoffwechselt den zuckrigen Tee und produziert währenddessen kleine Scoby-Babys. Ich lasse ihn machen, vertraue dem Prozess und bekomme alle zwei Wochen ein Getränk, das ich mit Mineralwasser mische.

Während der letzten, langen Phase der Fermentation, die ich weit weg vom Scoby und dessen Babys verbracht habe, ist mir aufgefallen, mit wie viel Widerstand mein ganzer Körper auf folgende Fragen reagiert:

Und, wie läuft's mit dem Schreiben?

Wie kommst du mit dem Buch so voran?

Oder, besonders dramatisch: An was schreibst du denn grade eigentlich so?

Sie kommen so unschuldig daher, gern auch mit aufrichtigem Interesse, und ich kann sie nicht beantworten. Also, literally, ich komme gegen das Nichtbeantwortenkönnen nicht an. In mir schließen sich augenblicklich die Pforten, es rasseln so Rollgitter herunter und machen alles dicht. Und dann druckse ich herum. Ich seufze genervt und sage ja, ja. Ich verdrehe die Augen und stelle, sehr witzig, beliebige Ausweichfragen wie Und was ist deine liebste Zutat im Obstsalat? Oder ich state, leicht bockig, the obvious und beende sogleich das Gespräch: Ich schreibe an einem Text. Ich kann einfach nicht über das Schreiben sprechen, falsch: Ich kann nicht über mein Schreiben sprechen.

Ein Glas mit Eiswürfeln und Kombucha steht auf einem Balkontisch

Vielleicht, nehme ich an, ist das eine Schutzstrategie. Nicht weil es Unglück bringt, über unfertige Texte zu reden, über Bücher in the making, sondern weil so ein Text oder Manuskript oft einfach nicht ausreichend ausgereift ist, um in höflichem Smalltalk besprochen zu werden. Weil ich zu sehr ausholen müsste, zu viel erklären, damit etwas ansatzweise Sinn ergibt. Oder weil ich selbst noch nicht genug über meinen Text weiß. Fair enough! Außerdem lässt sich Schreiben™, die Entstehung von Text, nun mal nicht so lässig umreißen wie, sagen wir, der Herstellungsprozess von Kombucha. Es ist oft nicht so konkret fassbar, außerdem ist völlig unklar, was alles dazugehört. Ich habe eine Dreiviertelstunde gegoogelt. Dann eine Playlist zusammengestellt. Danach hab ich aus dem Fenster geguckt. Dann ein u getippt, als nächstes ein n und schließlich, vollkommen unerwartet, ein d. Und danach war mir eigentlich schon nach Feierabend zumute.

Das erklärt noch nicht mein Problem. Denn würde ich nur meine so zart sprießenden Ideen schützen wollen, mein vorsichtiges Herantasten an sie und außerdem alles, was mir dabei hilft, käme ich ja galant aus der Nummer mit den Fragen heraus, indem ich einfach sagen würde, zum Beispiel: Gut! Es läuft gut mit dem Schreiben. Jup, komme voran. Oder alternativ eben: Schlecht! Es läuft nicht so, läuft nicht so gut, läuft irgendwie nicht wie geplant.

Aber es geht ja nicht einmal das. Vorher Pforten und Rollgitter. Hier gibt's nichts zu sehen und erst recht nichts zu berichten. Das Reden über mein Schreiben an sich scheint irgendwie Kern des Problems zu sein. Denn es macht, wie ich festgestellt habe, nicht einmal einen Unterschied, ob es denn nun gut™ oder schlecht™ läuft damit.

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