„Geld kann sehr positiv wirken, wenn man es denn lässt“
Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Ein Interview mit dem Unternehmer und Investor Sebastian Klein.
Superspannender Job: Finance Manager bei Steady (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Wer hat Lust, eng mit mir zusammenzuarbeiten an der Schnittstelle von Medien, Tech und Finanzen?
Hallo!
Visionär:innen erkennt man daran, dass sie erst radikale Ziele formulieren, und sie dann radikal pragmatisch verfolgen. Ich könnte nicht viele aufzählen. Es gibt sie – besonders in den deutschen Medien – nicht häufig genug.
Sebastian Klein ist einer von ihnen. Warum, wirst du gleich in meinem Interview mit ihm erfahren. Er ist Mit-Gründer des New-Work-Magazins Neue Narrative, des erfolgreichen Start-ups Blinkist und der Organisationsberatung The Dive. Nach den Prinzipien seines Buchs Der Loop-Approach (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) über selbstorganisierte Organisationen arbeiten wir bei Krautreporter und Steady.
Jetzt hat er etwas Neues vor.
„Ich stelle mir die Medienwelt in zehn bis zwanzig Jahren komplett anders vor als heute“
Sebastian, vergangenes Jahr hast du erst deine Anteile am Start-up Blinkist (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) verkauft und gleich anschließend beschlossen, 90 Prozent deines Vermögens für gemeinnützige Zwecke auszugeben. Warum?
Der Entscheidung ging ein längerer Prozess voraus: Ich bin schon 2016 operativ bei Blinkist ausgestiegen und hatte einen Teil meiner Anteile auch schon in den Jahren vor dem Exit verkauft. In dieser Zeit habe ich einerseits gemerkt, was Geld mit mir macht, und das fand ich nicht so gut. Dann habe ich mich mit dem Problem der wachsenden Ungleichheit in Deutschland beschäftigt und wollte nicht Teil dieses Problems sein. Und zuletzt finde ich, Geld kann sehr positiv wirken, wenn man es denn lässt. Und dafür schien mir eine Bedingung zu sein, dass ich es als Privatvermögen aufgebe und stattdessen gemeinnützig umwidme, also in den Dienst der Gesellschaft stelle.
Was motiviert dich, mit der Karma Capital Group (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) ausgerechnet neue Medien zu fördern?
Ich habe mir einfach angeschaut, wo sich mit den Summen an Geld, die ich bewegen kann, ein positiver Impact für die Gesellschaft erzeugen lässt. Weil ich selbst seit einigen Jahren Teil der Medienwelt bin, wusste ich, dass ein Fonds, der ein paar Millionen Euro ausgeben kann, hier schon einen Unterschied macht. Gemeinwohlorientierte Medien sind total unterfinanziert, und ich möchte gern dazu beitragen, dass sich das ändert.
Sebastian Klein ist auch Mitgründer von „Neue Narrative“
Fast niemand ist bereit, in Medien zu investieren. Woran liegt das?
Ich glaube, es liegt vor allem daran, dass es beim Investieren einen Rendite-Imperativ gibt, der so wahrscheinlich an allen Wirtschaftsstudiengängen des Landes gelehrt wird. Sprich, man investiert sein Kapital nur da, wo eine finanzielle Rendite winkt. Je höher diese Rendite, desto besser. Mit gemeinwohlorientierten Medien lässt sich keine oder jedenfalls keine besonders hohe Rendite erwirtschaften, deshalb investiert dort niemand. Ich bin aber der Meinung, dass Geld vor allem dort investiert werden sollte, wo es gesellschaftlich benötigt wird. Und in einem Land, das so reich ist wie Deutschland, macht der Rendite-Imperativ auch keinen Sinn. Warum sollten Menschen, die schon sehr reich sind, ihre Investments nur dort machen, wo die größte Rendite lockt? Das ergibt für mich keinen Sinn, aber leider ist das das gängige Denken.
„Warum sollten Menschen, die schon sehr reich sind, ihre Investments nur dort machen, wo die größte Rendite lockt?“
Investor:innen, die vor allem ihr Geld vermehren wollen, handeln aber auch brutal rational. Sie sehen offenbar geringe Chancen, mit Medien Renditen zu erwirtschaften. Wie stellst du dir das vor? Ist das Geld wirklich ein Investment oder eher eine Spende?
Für mich ist es ein Investment, aber eben keines mit einem Rendite-Versprechen von 10 Prozent pro Jahr. Wir wollen mit Karma Capital einen Fonds aufbauen, der Geld so zur Verfügung stellt, wie es den Unternehmen nützen kann. Also zum Beispiel in Form niedrig verzinster Nachrangdarlehen¹. Unser Ziel ist, dass dieser Fonds mit der Zeit wächst, und die Darlehen sollen auch irgendwann zurückgezahlt werden. Es gibt aber für das Unternehmen keinen zeitlichen Druck, und die Zinsen sollen so sein, dass es nicht extraktiv ist, also vor allem das Unternehmen profitiert und nicht der Investor. Dazu gehört für mich auch, dass wir als Investor keine Stimmrechte bekommen, also keine Kontrolle über das Unternehmen haben.
Wie designt man am sinnvollsten einen Fonds, der in gemeinwohlorientierte Medienunternehmen investiert?
Die Frage müsstest du mir in einem Jahr noch mal stellen: Aktuell ist es Work-in-Progress, weil wir zwar schon investieren können, aber unsere Zielstruktur noch nicht gefunden haben. Was mich sehr freut: Als Karma Capital können wir uns auch an einem Förder-Fonds beteiligen, den wir mit ein paar Stiftungen gründen. Dieser Fonds wird ab der zweiten Jahreshälfte über regelmäßige Calls und eine Jury-Entscheidung Fördergelder rausgeben. Damit wird es neben dem investierbaren Geld auch noch Fördergeld geben, beides mit dem Ziel, die gemeinwohlorientierten Medien zu stärken.
Über wie viel Kapital sprechen wir denn?
Wir als Karma Capital haben im Moment etwa zwei Millionen, die wir in den nächsten Jahren in dem Bereich ausgeben können. Ein Teil davon geht allerdings in den Fördertopf, der im Moment auch im siebenstelligen Bereich liegt. In der zweiten Jahreshälfte starten wir daher unser Fundraising. Und in der Zusammenarbeit mit Stiftungen werden wir auch versuchen, weitere Investoren, die dann unabhängig von Karma Capital sind, dazu zu bewegen, mehr in diesem Bereich zu investieren.
Das ist eine Menge Geld, aber wahrscheinlich nicht genug, um ein System zu verändern …
Genau, daher ist das Ziel, mit dem Fundraising noch eine Null hinten dran zu bekommen, in den nächsten Jahren. Und wenn wir es schaffen, weitere Investoren in die Szene zu bekommen, kann der Effekt auch viel größer sein. Stell dir vor, wir als Karma können in den nächsten Jahren 20 Millionen mobilisieren, und weitere 200 Millionen Euro Investoren-Gelder kommen über Co-Investments zustande. Das ist ganz sicher kein Selbstläufer, aber auch nicht total unrealistisch.
„Kleine Unternehmen müssen vorgehen und das Neue entwickeln, die Großen werden dann folgen.“
Mal angenommen, genug Geld käme zusammen. Wie sieht die Medienlandschaft in Deutschland aus, nachdem diese Veränderungen geklappt haben?
Ich stelle mir die Medienwelt in zehn bis zwanzig Jahren komplett anders vor als heute. Ich hoffe, es wird dann einige neue Geschäftsmodelle geben, die wir heute noch nicht kennen. Ich denke, kleine Unternehmen müssen vorgehen und das Neue entwickeln, die Großen werden dann folgen. Unser Ziel erreicht haben wir, wenn dann über 90 Prozent der Menschen von seriösem Journalismus informiert werden und entsprechend weniger durch Desinformation, Propaganda und als Medien getarnte Werbung.
Du suchst jetzt eine Person, die dich unterstützt, das alles hinzubekommen. Ich kenne sehr wenige Menschen, die sich in den Medien und gleichzeitig in der Investment-Welt auskennen. Wie stellst du dir so jemanden vor?
Ja, das ist gerade meine größte Baustelle. Ich suche eine Person, die sich zutraut, diesen Fonds in den nächsten Jahren mit mir aufzubauen. Dafür braucht es natürlich ein Verständnis der Medienwelt, aber eben auch ein Verständnis des Investment-Parts. Die Person sollte eine eigene Vision entwickeln, wie wir dieses Ding bauen und richtig groß machen.
Falls sich ein:e Blaupause-Leser:in angesprochen fühlt: Wie kann man sich bewerben?
Am besten einfach per Mail an sk@neuenarrative.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). ◾️
¹ Bei Nachrangdarlehen bekommen Investor:innen im Fall einer Insolvenz ihr Geld erst, wenn alle anderen Gläubiger bezahlt sind. Die Zinsen für einen so riskanten Kredit sind normalerweise besonders hoch.
Bis nächsten Montag!
👋 Sebastian
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