Wie du User in die Mitgliedschaft schleust
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: drei Seen und die Schleusen dazwischen.
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Hallo!
In der Blaupause habe ich es schon häufiger beschrieben: Das Umsatzpotenzial einer Mitgliedschaft – also das Geld, das du damit verdienen kannst – hängt stark mit der Reichweite zusammen. Die einfache Faustregel: Wenn du sechsmal fragst, geben dir etwa 6 Prozent deiner Community 6 Euro. Diese sehr grobe Schätzung funktioniert erstaunlich gut – erstaunlich, weil es natürlich sehr darauf ankommt, was du genau machst.
Entscheidend ist, wie professionell du es schaffst, aus zufälligen Nutzer*innen zahlende Mitglieder zu machen. Das passiert nicht von selbst und nicht über Nacht. Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, welche Taktiken sinnvoll sind, um Leute im Lauf der Zeit zum Zahlen zu bewegen.
Im Marketing sprechen sie vom „Funnel“, dem Trichter. Das Modell beschreibt, wie aus vielen Interessierten am Ende eine kleinere Zahl zahlender Mitglieder wird. Ich fand dieses Bild nie besonders hilfreich, weil in einem echten Trichter nichts verloren geht und alles automatisch nach unten fließt. Genau das ist aber ein Missverständnis: Nutzer:innen durchlaufen die Stufen nicht von allein. Du musst aktiv etwas tun, damit sie von einer Phase zur nächsten wechseln.
Ein Bild, das mir besser gefällt, ist das „Blindfolded pass the water game“, von dem es eine Menge Videos von Kindergeburtstagen in warmen Ländern gibt.
https://youtu.be/CztnAbDxUA4?si=MavRHRUTRRFBmjd8 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Stell dir eine Reihe von Menschen vor, die mit verbundenen Augen hintereinander sitzen. Die erste Person hält einen Wassereimer und schüttet ihn nach hinten in den nächsten Einer weiter. Bei jeder Übergabe kommt weniger an. Bis der Eimer die letzte Person erreicht, bleibt nur ein kleiner Rest übrig.
Übertragen: Du verlierst unterwegs zwischen den verschiedenen Stufen viele potenzielle Mitglieder. Das Wichtigste ist es aber, den Eimer weiterzureichen.
1. folgen, 2. kontaktieren, 3. zahlen
Die Leute geben dir ihr Geld nicht, sobald sie zum ersten Mal in Kontakt mit deinem Angebot kommen. Zunächst mal lesen, sehen, hören sie irgendwas. Dann bleiben sie eventuell in Kontakt, indem sie dir in sozialen Medien folgen. Nach einer Weile geben sie dir freiwillig ihre E-Mail-Adresse. Und nochmal später sind sie vielleicht bereit, zu zahlen.
Folgen, kontaktieren, zahlen – das sind die unterschiedlichen User-Segmente. Je nachdem, in welchem Stadium sich deine Beziehung mit den jeweiligen Usern befindet, verfolgst du unterschiedliche Ziele. Sie haben jeweils eine eigene Währung: ein Like, eine E-Mail-Adresse und Geld.
Stell dir es dir vor wie eine Reihe von verbundenen Seen. Es ist dein Job, jeden dieser Seen so gut es geht mit Schiffchen zu füllen. Damit ein Schiff im Mitgliedschafts-See ankommt, muss es durch die beiden größeren Seen durch. Das passiert aber nicht von allein. Du musst es durchschleusen. Nur dann wirst du Geld verdienen.
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Du hast nicht ein Produkt, zum Beispiel Texte hinter einer Paywall. Denn niemand würde dieses Produkt entdecken. Du brachst zwei weitere Produkte. Eines, um die Leute regelmäßig zu erreichen; und ein weiteres, um ihnen aktiv Angebote per E-Mail machen zu können.
Diese Angebote sind sozusagen die Schleusen, die die Seen miteinander verbinden.
Beispiel: Ich poste etwas bei Linkedin und Bluesky über die Blaupause, und neue Leute auf meinen Newsletter aufmerksam zu machen. Andere liken, kommentieren und teilen diese Posts und dadurch kann ich die in diesen sozialen Netzwerken eingebauten Netzwerkeffekte nutzen, um meine Reichweite zu vergrößern. Diese Posts sind Produkt Nummer 1.
Im seltensten Fall abonnieren neue Kontakte aber sofort den Newsletter. Sie beobachten erst mal eine Weile, ob ich wieder in ihrem Feed auftauche, und ob die Inhalte für die relevant sind. Irgendwann schaffe ich es vielleicht, dass sie sich für den kostenlosen Newsletter anmelden, Produkt Nummer 2. Ein Newsletter ist nur eine Möglichkeit, E-Mail-Adressen einzusammeln. Umfragen sind eine weitere. Downloads, Webinare, E-Mail-Kurse sind noch welche.
Diese Zeit kann man durch Engagement verkürzen, also Interaktion. Wenn es gelingt, dass sich jemand aktiv beteiligt – kommentiert, teilt, zurückschreibt –, dann steigt die Wahrscheinlichkeit um das Zehnfache, dass diese Person auch Mitglied wird.
Erst, wenn diese User eine Weile meinen Newsletter gelesen haben und ihn als relevanten Inhalt in ihr Leben integrieren und möglicherweise mit mir irgendwie interagiert haben, kann ich ihnen ein Angebot machen, Blaupause-Mitglied zu werden. Die Mitgliedschaft ist Produkt Nummer 3.
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Ich fasse zusammen:
Produkt Nummer 1: Interessante Social-Media-Posts, um Reichweite herzustellen.
Produkt Nummer 2: Newsletter, Downloads oder Umfragen, um E-Mail-Adressen einsammeln zu können und die Leute durch Engagement an mich heranzuführen.
Produkt Nummer 3: Ein attraktives Bezahl-Angebot, um die Mitglieder bei der Stange zu halten (Retention) und ihnen regelmäßig relevante Inhalte oder Services anbieten zu können, sodass sie nicht kündigen.
Hast du drei Produkte? Falls ja: Wie erfolgreich sind sie jeweils? Wo kannst du besser werden? Falls nein: Was könnte das fehlende Produkt bei dir sein?
Bis nächsten Montag!
👋 Sebastian
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Mitglieder-Bereich 🔒
In der vergangenen Woche habe ich auf die großartige neue Dokumentation über die korrupte Familie Orbán verwiesen, die Investigativ-Journalist:innen von Direkt36 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) veröffentlicht haben: Dynasty. Nach einer guten Woche haben 2,8 Millionen Menschen das Video gesehen – ganz Ungarn spricht darüber.
https://youtu.be/bZ4SXv9qJHM?si=lWy2WAAoGG6-9CjR (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Was in Budapest passiert ist und immer noch passiert, ist über Ungarn hinaus relevant – sehr viel relevanter, als man denken sollte. Denn die Trump-Bewegung schaut genau hin, wie sich eine Demokratie nach den eigenen Interessen umbauen lässt. Die Methoden, mit denen Orbán ein ganzes Land unter Kontrolle gebracht hat, sind Trumps Vorbild.
Ich habe dazu gerade einen der für mich aufschlussreichsten Texte gelesen über das Wesen der Trump-Regierung, eine Analyse der Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Lucan Way: The Path to American Authoritarianism (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
https://www.foreignaffairs.com/united-states/path-american-authoritarianism-trump (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Zitat:
[…] Authoritarianism does not require the destruction of the constitutional order. What lies ahead is not fascist or single-party dictatorship but competitive authoritarianism—a system in which parties compete in elections but the incumbent’s abuse of power tilts the playing field against the opposition.
Most autocracies that have emerged since the end of the Cold War (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) fall into this category, including Alberto Fujimori’s Peru, Hugo Chávez’s Venezuela, and contemporary El Salvador, Hungary, India, Tunisia, and Turkey. Under competitive authoritarianism, the formal architecture of democracy, including multiparty elections, remains intact. Opposition forces are legal and aboveground, and they contest seriously for power. Elections are often fiercely contested battles in which incumbents have to sweat it out. And once in a while, incumbents lose, as they did in Malaysia in 2018 and in Poland in 2023.
But the system is not democratic, because incumbents rig the game by deploying the machinery of government to attack opponents and co-opt critics. Competition is real but unfair. […]
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