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DOLCE

In der Stadt leuchten einem in jeder Bar, jedem Kaffeehaus, in jeder Gelateria die farbprächtigen Süßspeisen, il dolce, entgegen. Kunstvolle und verblüffend echt nach Früchten aussehende Marzipanstücke, cannoli, knusprige, frittierte Teigröllchen, gefüllt mit gezuckertem Ricotta mit Schokostreuseln, cassatine, kleine Törtchen aus Biskuit und süßem Ricotta, überzogen von Marzipan, verziert mit kandierten Früchten, mit Mandeln und Pistazien. Grün, orange, rot, gelb strahlen die Früchte, unwiderstehlich.

Die Duftwolken aus Mandeln und Pistazien und die Aromen der Früchte ziehen bis auf die Straßen und locken den Vorbeigehenden hinein. So arm die Küche Palermos ist, so üppig sind die Desserts.

Eine cassata siciliana, oder in ihrer kleinen Form una cassatella, gab es früher bei den einfachen Leuten in Siziliens nur zu den Feiertagen, vor allem an Ostern oder auch, wenn der jeweilige Stadtheilige Jahrestag hatte. In Palermo ist Rosalia die Stadtheilige, ein adliges Fräulein, das sich im 12. Jahrhundert für ein Leben in frommer Abgeschiedenheit entschieden hatte und deren sterblichen Überreste mehr als vierhundert Jahre später entdeckt wurde, dank „einer Erscheinung“. Man trug Rosalias Gebeine am 15. Juli 1624 durch die Straßen Palermos, als dort die Pest wütete. Wie durch ein Wunder war es danach vorbei mit der Seuche. Palermo feiert fortan an diesem Tag das „Fistinu di Santa Rosalia“.

Heute gibt es die knallsüßen Gebäcke nicht nur am Feiertag. In Größe von Petit Fours in den Vitrinen liegend, ziehen sie die Palermitaner zu einem süßen Frühstück oder nach dem Essen zu Hause bei einem Spaziergang hinterher als Dessert an. Es ist hinreißend zu beobachten, mit welcher Lust und leuchtenden Augen nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen sich sorgfältig ihr Stück Versüßung auswählen. Eine große Cassata für die Familie wird heute wohl von den meisten Palermitanern nur zu den Feiertagen noch selbst gebacken.

Dass der Ursprung der dolce arabisch ist, sieht man ihnen nicht nur an, man schmeckt es an dieser unglaublichen, orientalischen Süße. Wo es warm ist, mag man es geschmacklich laut. Ob süß oder salzig - schärfer, bunter, intensiver muss alles sein.

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