Konsumieren statt Kaufen: Die Lust am Leihen
"Über Geld spricht man nicht!", heißt es immer.
Vom Schreiben übers Geld hat zum Glück keiner etwas gesagt. ;)
In meinem letzten Blogbeitrag (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) habe ich bereits thematisiert, was Autor*innen an einem Buchverkauf verdienen und wie du deine Kaufentscheidung so treffen kannst, dass für uns Urheber*innen etwas mehr herausspringt.
https://steadyhq.com/de/phillippa-penn/posts/d36a1260-6017-4a9b-a639-7f8f621ed70b (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Heute soll es darum gehen, was wir verdienen, wenn du nicht kaufst, sondern Bücher, im speziellen E-Books, leihst oder mietest.
Vielleicht denkst du jetzt: "Hä? E-Books leihen? Und mieten? Was soll das denn heißen?"
Vielleicht ist dir der Begriff Flatrate oder Abo geläufiger, aber es meint Dasselbe: Wenn du so ein Angebot nutzt, kaufst du ein E-Book nicht, es geht nicht in deinen Besitz über, aber es steht dir (je nachdem welche Konditionen du bei welchem Anbieter gebucht hast) vorübergehend oder dauerhaft im Rahmen einer bestimmten App oder deines Kundenkontos zur Verfügung.
Leih- und Miet-Angebote sind in der Medienwelt mittlerweile ganz normal. Und, nein, ich spreche nicht von der guten, alten Stadtbücherei (die ich etwas später in diesem Artikel aber durchaus noch erwähnen werde). Ich spreche von neueren, aber mittlerweile komplett integrierten Angeboten. Aus dem Musik- und Film-Streaming kennen die Allermeisten Spotify und Netflix. Plattformen wie diese sind die Vorbilder für die Angebote, die auch in der Buchwelt langsam ganz selbstverständlich werden. Es ist ein Wandel, der nicht aufzuhalten ist, auch wenn er - das kann ich dir leider jetzt schon sagen - für uns Autor*innen defintiv nicht lukrativer ist als der Einzelverkauf unserer Werke. Er bringt jedoch andere Chancen mit sich, die ich dir weiter unten im Text noch erläutern werde.
Aber bleiben wir erst einmal beim Geld.
Für Leser*innen sind Flatrates und verwandte Leihangebote fast immer ein toller Deal. Wer mehr als ein oder zwei Bücher im Monat liest, profitiert schon von der durchschnittlich 10 - 15 Euro teuren Abogebühr im Vergleich zum Einzelkaufspreis. Das passende Angebot für sich selbst zu finden (im Grunde muss man nur entscheiden, ob man nun Zugriff auf Zehntausende, Hunderttausende oder Millionen von Büchern möchte), ist auch nicht schwer: Kurz gegoogelt und schon findet man mühelos etliche Blogbeiträge, die das Preis-Leistungs-Angebot der unterschiedlichen E-Book-Flatrates vergleichen. Versucht man als Autor*in herauszufinden, welcher Anbieter wie viel auszahlt, ist das schon deutlich komplizierter.
Und genau hier hat meine Recherche angefangen.
Für E-Books gibt es eine ganze Reihe von Flatrates und Leihangeboten. Ich stelle dir nacheinander die fünf wichtigsten vor und teile mit dir das, was ich über die Vergütungsmodelle weiß.
Der Big Player
Beginnen wir mal mit der bekanntesten E-Book-Flatrate: Kindle Unlimited. Ein Angebot, das ich als Autorin nicht nutze, weil ich nicht über Kindle Direct Publishing (KDP) veröffentliche. Es darf hier aber trotzdem nicht fehlen, denn Amazon ist mit seiner Flatrate ganz weit vorne. Außerdem hat KU das mit Abstand interessanteste und auch transparenteste Vergütungsmodell.
KU bezahlt die teilnehmenden Autor*innen pro gelesener Seite. Das ist aber nicht das Interessante daran. Das Interessante daran ist, dass die Höhe des Betrags, der pro Seite ausgezahlt wird, jeden Monat variiert. Die sogenannte Quote ist nämlich abhängig vom Kindle-Unlimited-Fonds, der eben steigt und fällt. Laut einem Artikel auf der Website der Selfpublisher-Bibel (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), lag der Preis pro gelesener Seite (hier ist anzumerken, dass eine "Kindle-Seite" ein eigenes Maß und keine Normseite oder Buchseite ist) zuletzt bei 0,2563 Cent, also bei etwa einem Viertel eines Cents. Bei einem Buch mit 200 Kindle-Seiten, das über Kindle Unlimited gelesen wird, würde der Autor oder die Autorin somit 0,51 Euro am geliehenen Buch verdienen. Zusätzlich gibt es noch den All-Star-Bonus, den Amazon an die beliebtesten Autor*innen auszahlt, die exklusiv bei KDP veröffentlichen.
Die Öffentliche
Schauen wir uns als nächstes die Onleihe an. Sie ist das digitale Leihangebot der Öffentlichen Bibliotheken im deutschsprachigen Raum. Wenn du das digitale Angebot deiner örtlichen Stadtbücherei nutzt, dann geht das alles über die Onleihe. Betrieben wird die Onleihe von der divibib GmbH (kurz für "digitale virtuelle Bibliotheken") und unter diesem Namen findet sie sich auch als Abnehmerin in meiner Margenabrechnung wieder. Kurioserweise bezieht die divibib aber deutlich weniger E-Books von mir als andere Leihangebote. Und die Exemplare tauchen in meiner Statistik auch nicht unter "Verleih" auf, sondern sind als "Verkauf" gelistet.
E-Book-Käufe über die Onleihe? Wie geht das denn? Und warum?
Buckle up, Buttercup. Jetzt wird's speziell.
Also, es läuft so: Die Onleihe kauft "digitale Ausleihexemplare" vom Verlag oder Distributor ein. Dieses digitale Exemplar wird in gewisser Weise genauso behandelt wie ein gedrucktes, physisches Buch: Es ist einmal pro Bibliothek vorhanden, kann also nicht gleichzeitig von mehreren Bibliotheksnutzer*innen entliehen und gelesen werden. Es muss zurückgegeben werden und kann erst dann erneut verliehen werden. So weit, so ... seltsam. Denn ist nicht gerade die ständige und unkomplizierte Verfügbarkeit eines der Hauptargumente für E-Books?
Naja, egal, weiter im Text. Denn es wird noch seltsamer.
Im entscheidenden Punkt wird das digitale Ausleihexemplar nämlich nicht wie ein gedrucktes Buch behandelt. Während für ein Print-Exemplar Bibliothekstantieme über die VG Wort ausgeschüttet werden (die VG Wort ist für Bücher das, was die GEMA für Musik ist), wird die Ausleihe von E-Books von der Onleihe nicht vergütet.
Ja, du hast richtig gelesen. Die Ausleihe von E-Books wird von der Onleihe nicht vergütet.
Autor*innen werden lediglich am Nettolizenzpreis, den die Onleihe an den Verlag oder Distributor für das Ausleihexemplar zahlt, beteiligt. Nach Abzug einer Komissionsgebühr, erhalten die Verfasser*innen 70 % des Nettoerlöses, was oft in etwa der Marge entspricht, die man für ein E-Book im Einzelverkauf erhalten würde. Das erklärt also, warum die E-Books in meiner Abrechnung als Verkauf gelistet werden. Und Verkäufe an sich sind ja auch erst einmal ganz nett. Aber dann? Egal ob das E-Book via Onleihe noch einmal, zehnmal, hundertmal, tausendmal oder hundertausendmal geliehen wird ... Ich gehe leer aus. Und alle meine schreibenden Kolleg*innen auch. Und die Verlage und Distributoren ebenso.
Das kann nicht sein? Naja, du musst nicht mir glauben. Glaub denen, die es wirklich wissen:
Zum Beispiel dem Börsenverein des deutschen Buchhandels. Der schrieb nämlich in einem Paper mit dem Titel "Faktencheck E-Book-Leihe, Fragen und Antworten zur E-Book-Leihe in öffentlichen Bibliotheken", das 2021 herausgegeben wurde: "Autoren erhalten von Verlagen regelmäßig für das E-Lending den gleichen Prozentsatz am Nettoverlagserlös der Lizenzierung eines jeweiligen Leih-E-Books an die Bibliotheken wie sie für den E-Book-Verkauf an Endkunden erhalten. An den nachfolgenden, zahlreichen Verleihvorgängen selbst partizipieren Autoren wie Verlage bisher in keiner Weise."
Auch das Netzwerk Autorenrechte schreibt in seinen Fakten und Zahlen zur analogen und digitalen Leihe in öffentlichen Bibliotheken (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre): "In der Praxis erhalten Autor:innen keine zusätzliche Vergütung pro Leihe, sondern nur eine einmalige Pauschalsumme pro E-Book-Lizenz."
Ich weiß ja nicht, wie du das empfindest, aber ich war angesichts dieser Erkenntnis enttäuscht.
Im Kontext der Vergütung von Autor*innen und insbesondere im Verleih geht es ja nun schon um allerkleinste Kleinstbeträge. Wenn es um so winzige Geldbeträge geht, spielt die Skalierbarkeit, also dass ein Titel unbegrenzt oft entliehen werden kann, eine ganz entscheidende Rolle. Die Ausleihe komplett unvergütet zu lassen, ist in diesem Zusammenhang dann doch ein Level an Geringschätzung, das ich eigentlich gar nicht begreifen kann. Und falls du dich jetzt (so wie ich) fragst, wofür du, falls du Bibliotheksnutzer*in bist, eigentlich deine Jahresgebühr bezahlst ...
Die Antwort ist so simpel wie deutsch: Verwaltungskosten. Was natürlich total Sinn ergibt, denn wir leben ja bekanntlich im "Land der Verwalter und Denker".
Aber allen Zynismus beiseite: Das Thema E-Lending/E-Book-Ausleihe ist seit Jahren ein großes Streitthema zwischen Autor*innen/Verlagen und Öffentlichen Bibliotheken. Im Zentrum dieses Streits steht der vom Deutschen Bibliotheksverband geforderte Zwang zur Pflicht-Lizenz, der Autor*innen gesetzlich verbieten würde, eine Lizenzvereinbarung mit den öffentlichen Bibliotheken abzulehnen. Das bedeutet, wenn das durchgeht, müssten Autor*innen ihre E-Books für die (bisher in keiner Weise vergütete) E-Leihe zur Verfügung stellen. Aber das ist wirklich nur eine Facette dieser Debatte. Wenn du dich näher mit dem Thema auseinandersetzen möchtest, empfehle ich dir für einen ersten Überblick das Kurzpaper des Netzwerks Autorenrechte (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Das Verlags-Abo
Mit dem Wissen aus dem vorherigen Absatz könnte man denken, dass Skoobe einfach die Antwort der Verlage auf die knausrige Onleihe war. Jedenfalls ist die Plattform von ein paar der größten deutschen Medienhäuser (konkret Holtzbrinck und Random House/Bertelsmann) ins Leben gerufen worden und sollte zunächst vor allem Mid- und Backlist-Titeln, die weder im stationären Buchhandel noch in den Verlagsvorschauen große Aufmerksamkeit bekamen, zu einer größeren Leserschaft verhelfen. Mittlerweile finden sich auch Top Titel im Sortiment von Skoobe und das Angebot wurde auch für Selfpublisher*innen geöffnet. Wer bspw. über tolino media sein Buch selbst herausbringt, kann auch die Freigabe für die Leihe und damit für Skoobe geben.
Die Abrechnung erfolgt laut Tolino AGB (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) folgendermaßen: Für jedes gelesene Exemplar ("gelesen" bedeutet in diesem Fall mehr als 10 % Lesefortschritt) erhält der*die Autor*in eine Vergütung. Dieses Honorar beträgt 70 % des Nettoerlöses. Die Höhe des Nettoerlöses errechnet sich anhand des jeweiligen Verkaufspreises des E-Books sowie der "Anzahl aller gelesenen Skoobe-Abo-eBooks im Gesamtsortiment von Skoobe am Ende des jeweiligen Kalendermonats". Die zitierte Formulierung meint die Anzahl aller gelesenen Titel, die im Skoobe-Abo zur Verfügung stehen. Ähnlich wie bei der Quote von Kindle Unlimited, geht es hier also um eine Größe, die monatlich variiert, denn es ist ja davon auszugehen, dass das Angebot von Skoobe um neue Titel wächst und die Nutzer*innen mal mehr und mal weniger lesen. Es ist für mich an dieser Stelle sehr schwer zu sagen, welcher Betrag genau bei einer Ausleihe über Skoobe an den*die Autor*in ausgeschüttet wird. Wenn man den Erfahrungswerten und Schätzungen aus einschlägigen Autor*innen-Foren glauben kann, läuft es aber meist auf 25 bis 50 Cent pro gelesenem Buch hinaus. (Falls du da andere oder präzisere Erfahrungswerte hast, teile sie gerne mit mir und ich ergänze oder korrigiere das nachträglich.)
Der Underdog
Legimi ist ursprünglich ein polnischer Anbieter und in Deutschland noch nicht so bekannt wie Kindle Unlimited oder Skoobe. Er macht aber vor allem deswegen mittlerweile von sich reden, weil hier eine Flatrate angeboten wird, die sowohl E-Books als auch Hörbücher beinhaltet. Zur Abrechnung im Hörbuch-Stream kann ich aus Autor*innensicht noch nichts sagen, aber für die im Rahmen des Abos gelesenen E-Books, gibt es zwei Zahlungsmodelle, die mir netterweise sogar noch einmal per Mail vom Anbieter etwas aufgedröselt wurden.
Im Fall von KU habe ich dir ja schon die Vergütung pro Seite vorgestellt, bei Skoobe war der prozentuale Lesefortschritt relevant für eine Ausschüttung. Legimi rechnet nun mit einer anderen Einheit ab. Bei Legimi wird ein E-Book in fünf Teile gegliedert. Sobald Leser*innen dann auch fünf Teile beendet haben (dabei kann es auch fünf Mal der erste Teil des Buches sein), wird eine Vergütung an die Verfasser*innen ausgeschüttet. In einem zweiten Zahlungsmodell wird die Gesamtheit der Abo-Leser*innen auf die gelesenen Bücher verteilt und dann prozentual vergütet. Welcher Betrag dabei im Einzelfall genau zu erwarten ist, ist wirklich sehr schwer einzuschätzen, weil das von so vielen individuellen Faktoren bzw. von den Eigenschaften des jeweiligen Titels abhängt.
Was aber noch zu ergänzen ist: Bücher, die über das Legimi-Abo verfügbar sind, sind auch über den angebundenen E-Shop verfügbar und können dort unkompliziert zum üblichen Handelspreis von Nutzer*innen gekauft werden. An die Autor*innen wird dann natürlich die übliche Marge ausgezahlt.
Das Freebie
Ich habe schon in meiner Einleitung den Vergleich von E-Book-Leihangeboten zu Musik- und Film-Streaming-Angeboten gezogen. Bei Readfy springt einem der Vergleich mit dem Musik-Riesen Spotify förmlich ins Gesicht, denn es ist der bisher einzige E-Book-Leihe-Anbieter, der ein "Freemium"-Modell hat. Das heißt, Readfy kann von Nutzer*innen gratis genutzt werden. Für das kostenlose Lesen müssen Werbeeinblendungen in Kauf genommen werden, wie man sie eben vom kostenlosen Spotify-Abo oder auch von YouTube kennt.
Die Werbung ist eine Form der Monetarisierung und sichert die Ausschüttung an die Autor*innen, die dafür eine Abrechnung pro gelesener Seite (eine Seite entspricht hier 1.800 Zeichen) erhalten. Je länger das Buch also ist, je mehr Seiten gelesen und Werbeslots gefüllt werden, desto mehr kann der*die Verfasserin durch das kostenlose Lesen bei Readfy einnehmen. Am meisten springt natürlich heraus, wenn das Buch ganz gelesen wird. In Autor*innenforen wird von 20 bis 30 Cent Ausschüttung für einen durschschnittlich langen Roman (womit etwa 400 Seiten gemeint sein dürften) gesprochen. Das deckt sich auch ungefähr mit dem, was ich bisher für meine Invalidum-Bände oder romantischen Novellen (die vom Umfang her natürlich kürzer sind und entsprechend abgerechnet werden) ausgeschüttet bekommen habe.
Neben dem kostenlosen Lesen mit Werbung, bietet Readfy seinen Nutzer*innen aber auch an ein E-Book gegen eine Einzelgebühr zu leihen, um es 30 Tage werbefrei bzw. im Offline-Modus lesen zu können. Aus dieser Leihgebühr wird ein vereinbarter Festpreis an den Verlag oder Distributoren abgegeben und anteilig auch an die Autor*innen ausgeschüttet. Wie hoch dieser Festpreis ist, hängt von vertraglichen Einzelheiten zwischen den Verlagen/Distributoren und Readfy ab und ist für mich nicht einsehbar. Im direkten Kontakt mit dem Readfy-Team wurde mir mitgeteilt, dass der Share grundsätzlich so ausgelegt ist, dass der Großteil an die Verlage und Distributoren ausgeschüttet wird.
So.
Jetzt sind wir alle fünf Anbieter und ihre Vergütungsmodelle durch.
Und vielleicht bist du jetzt erschöpft von den vielen Infos. Vielleicht verstehst du jetzt, warum die Recherche und Arbeit an diesem speziellen Blog-Beitrag für mich so intensiv war und warum ich so lange dafür gebraucht hat. Ich verspreche dir, wir sind fast am Ende. Aber eine Frage wird dir jetzt sicher noch auf dem Herzen brennen und ich will sie dir beantworten:
Wenn man so wenig oder vielleicht sogar gar nichts an der Leihe verdient, warum macht man das als Autor*in dann überhaupt mit?
Kurz gesagt: Es geht um Reichweite.
Im Abschnitt über die Onleihe habe ich schon das Thema Skalierung angesprochen (und deren Mangel in diesem Leihangebot kritisiert), denn es ist wirklich von zentraler Bedeutung, dass man über die Leihe einfach mehr Leser*innen erreicht als man sie ohne die Teilnahme an der Leihe erreichen würde. Gerade aus meiner Perspektive, als maximal mittelbekannte Selfpublisherin, ist mir das wichtig. Ich möchte über die Leihe neue Zielgruppen erreichen und das tue ich auch. Wenn ich in meine Abrechnungen schaue, ist die Zahl meiner Verkäufe nicht zugunsten der Leihe zurückgegangen. Viel mehr ist die Leihe einfach noch "on top" dazugekommen und zwar mit einer Anzahl an geliehenen E-Books, die wirklich nicht von der Hand zu weisen ist.
Wenn es um das Thema Leihe geht, wird oft von einer Kannibalisierung des Marktes gesprochen. Es gibt Menschen in der Buchbranche, die befürchten, dass Leser*innen, die sonst ein E-Book käuflich erworben hätten, durch das Angebot der Leihe nun nur noch leihen. Ich finde es zunächst einmal kurios, dass diese Befürchtung in den Jahrzehnten (oder vielleicht sind es auch Jahrhunderte), in denen nun schon öffentliche Bibliotheken existieren und in Konkurrenz mit dem Buchhandel stehen, nie so laut war. Aber vor allem sind aus meiner Perspektive die Menschen, die der Leihe den Vorzug geben, eine völlig andere Nutzergruppe.
Weißt du, ich bin der Meinung, dass Leser*innen nicht gleich Leser*innen sind. Und dass der Preis nicht das einzige oder ultimative Argument für oder gegen das Lesen eines Buches ist. Es gibt Menschen, die sich nach wie vor lieber ein teures Hardcover kaufen, obwohl es auch das günstigere Taschenbuch gäbe. Es gibt Menschen, die sich lieber das Taschenbuch in den Rucksack packen, obwohl sie auch das E-Book kaufen und ganz ohne zusätzliches Gepäck auf ihrem Handy lesen könnten. Es gibt Menschen, die sich das E-Book kaufen, weil sie es besitzen (oder ihre Lieblingsautor*innen supporten) wollen, obwohl es Leihangebote und Flatrates gibt. Es gibt Menschen, die Hörbücher hören, anstatt zu lesen, weil es besser in ihren Alltag passt. Es gibt Menschen, die noch immer gerne ins Kino gehen, obwohl ihnen im Video-Streaming tausende Filme zur Verfügung stehen. Es gibt Menschen, die noch immer eine Schallplatte kaufen, obwohl MP3s jetzt schon seit mehr als 20 Jahren der Standard sind.
Verstehst du worauf ich hinaus will?
Medienkonsum ist in großen Teilen auch eine Frage der Präferenz, nicht nur eine Frage des Angebots. Auch wenn es sicherlich eine Rolle spielt, ob ich gerade das Geld habe mir ein großes Bücherregal mit edlen gebundenden Büchern zu bestücken oder ob ich aus Kosten-/Platzgründen doch erst einmal das E-Book lese, kommt es letztendlich doch auch ganz stark auf das individuelle Konsumverhalten an.
Ich sehe ein, dass sich die Leihe nicht für jeden lohnt. Wenn man beispielsweise bereits ein gewisses Level an Bekanntheit erreicht hat und die zusätzliche Reichweite einfach nicht nötig hat. Oder wenn man einfach nicht ins Kleinklein gehen möchte und als Autor*in sagt: Nein, die Ausschüttungen sind mir einfach zu gering, ich bleibe bei den Verkäufen. Dieser Artikel soll keine Aufforderung an Kolleg*innen sein, ihre Bücher für die Leihe freizugeben. You do you.
Ich bin vehement dafür, dass es dabei bleibt, dass Autor*innen sich aussuchen dürfen, ob sie mit ihren Büchern an der Leihe teilnehmen (Im looking at you, Bibliotheksverband.) und diese Teilnahme jederzeit zurückziehen können. So ist das nämlich bisher in den meisten Verträgen zwischen Autor*innen und Verlagen/Distributoren geregelt und das ist auch richtig so. Ich persönlich behalte mir auch vor irgendwann für mich zu beschließen, dass ich die Leihe nicht mehr nutzen möchte. Aber solange ich das Gefühl habe, solange mir auch meine persönlichen Statistiken bestätigen, dass ich damit mehr Leser*innen erreiche als zuvor, solange möchte ich das für mich nutzen.
Und ich möchte mich jetzt an dieser Stelle bedanken, dass du bis hierhin gelesen hast. Ich gelobe in Zukunft kürzere Blogbeiträge zu schreiben, aber ich hoffe doch, dass sich die Mühe gelohnt hat und du nun ein besseres Bild von dieser ganzen Leih- und Flatrate-Sache hast. Ich weiß, dass ich bei der Recherche und dem Verfassen dieses Beitrags ganz viel für mich gelernt habe. Und mir ist noch einmal bewusst geworden, wie froh und dankbar ich bin, dass ich Menschen wie dich habe, die sich für mich und meine Arbeit interessieren.
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Vielleicht hat dir dieser Artikel auch noch einmal gezeigt, wie schwer es für uns Autor*innen ist, alleine durch Einnahmen aus der Leihe oder auch aus unseren Buchverkäufen zu bestehen. Ich habe glücklicherweise schon ein paar "Funken", "Feuerwerke" und "Kometen", die mich über mein Mitgliedschaftsprogramm unterstützen und mir ermöglichen auch während der Arbeit am nächsten Buch (oder an lächerlich langen Blog-Beiträgen) ein kleines Einkommen zu haben. <3
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So, aber jetzt war's das wirklich!
Ich gehe jetzt mal und ... leihe mir eine Tasse Kaffee von meiner Küche! ;)
Deine Phillippa