Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Mäuse,
neuer Sonntag, neuer Newsletter und diesmal auch mit neuer Serie. Zukünftig (mal gucken, wie lange ich Bock habe) werde ich euch hier jeden Sonntag einen praktischen Tipp geben, wie ihr auf rechte, antifeministische und/oder menschenfeindliche Aussagen reagieren könnt. Die Idee ist, dass ich pro Woche eine Situation und Aussage vorstelle, die mir begegnet ist, bzw. die ihr einsenden könnt. Es soll eine Art Argumentations- bzw. Situationstraining sein, das ich normalerweise im Rahmen von Workshops anbiete. An dieser Stelle sei verraten, dass ich gerade auch an einem kostenfreien Online-Workshop arbeite, um alle, die möchten, für die Auseinandersetzungen im Alltag zu ermutigen und zu stärken. Ich hoffe, dass der erste Termin im November stattfinden kann.
Ihr könnt mir gerne eure Fragen stellen bzw. Situationen schildern, für die ihr euch Unterstützung wünscht. Auf Instagram haben das bereits knapp 200 Menschen getan, ich habe also einen reichen Fundus, aus dem ich schöpfen kann.
Ganz grundsätzlich gibt es in jeder Situation unterschiedliche Möglichkeiten der Reaktion. Es hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, wie wir reagieren können, zum Beispiel von der Beziehung zu der Person, die die problematische Aussage trifft (Familienkreis, Vorgesetzte Person, Nachbarschaft…?), ob es sich um eine fremde oder vertraute Person handelt, ob eine Reaktion potentiell gefährlich sein könnte (bspw. beim Einmischen in der S-Bahn oder im Fußballstadion) oder auch wer noch dabei ist. Die grundlegenden Optionen, die wir haben sind:
a) gar nichts tun (Welche Konsequenzen hat das möglicherweise? Und wie geht es uns selbst damit, wenn wir schweigen?)
b) eine Grenze setzen (Stopp sagen, deutlich machen, dass wir mit einer Aussage nicht einverstanden und nicht bereit sind, darüber zu diskutieren)
c) diskutieren, in die (inhaltliche) Auseinandersetzung gehen
d) etwas anderes tun – z.B. Andere aufmerksam machen, Dritte dazuholen
Welche Reaktion in welcher Situation "die richtige" ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, aber feststeht, wir können den Umgang damit üben. Je öfter wir uns entscheiden, nicht zu schweigen, desto leichter fällt es uns und wir haben schnell ein kleines Repertoire an guten "Kontern" parat. (Außerdem ermutigt es andere, ebenfalls etwas zu sagen.)
So jetzt aber los!
Den Fall, den ich heute vorstellen will, ist ein prominenter: Der Ex-Basketballer und TV-Moderator Frank "Buschi" Buschmann, hat ganz aktuell in einer ZDF-Sendung gesagt, die Sprechpause bei der gendergerechten Sprache tue ihm "weh" (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Konkret sagte er "Es tut mir weh, zu sagen: 'Zuschauer*innen'".
Eine mögliche Reaktion darauf ist Humor. Ich meine, es ist doch wirklich absurd, dass einem erwachsenen Mann Schmerzen entstehen, wenn er eine Sprechpause macht, wie beispielsweise beim Wort "Spiegelei" oder auch "Beinhalten". Wir könnten zum Beispiel erwidern: "Ah okay, das tut mir leid. Kannst du den Schmerz näher beschreiben? Wo genau tut es denn weh?"
Buschmann selbst fährt fort mit "Ich mein, ich bin ja jetzt in einem Beruf tätig - von mir könnte das ja theoretisch verlangt werden. Da wird's dann wirklich kritisch."
Hier könnte zum Beispiel folgende Reaktion passen:
"Du sagst es selbst: 'theoretisch'. Praktisch ist gerade aber das Gegenteil der Fall: In einigen Bundesländern ist die gendersensible Sprache, z.B. mit dem Gendersternchen, verboten. In Bayern und Hessen darf im Öffentlichen Dienst nicht mehr inklusiv gegendert werden. Ist das die 'Sprachpolizei', von der die Rechten so gerne reden?"
Gefühlten Wahrheiten können wir Fakten entgegensetzen, sofern wir sie kennen. Dafür brauchen wir kein lexikalisches Wissen über alle Statistiken zum Thema. Oft reicht es, genauer nachzufragen: "Buschi, ist dir irgendein Fall in der Realität bekannt, in dem ein TV-Moderator gezwungen wurde, das Gendersternchen zu sprechen? Oder ist das gerade populistische Panikmache?"
Ich hoffe, die neue Serie gefällt euch – über Lob, Anregungen und Kritik freue ich mich immer sehr.
Im Wochenrückblick geht es u.a. um das "Asyl- und Sicherheitspaket" der Bundesregierung, das EU- und Menschenrechte nicht so genau nimmt, einen halbgaren Reformvorschlag der Grünen in Bezug auf Paragraf 218, die drohende Abschiebung eines Staatenlosen aus Chemnitz und einen Wohnungsbrand in Eberswalde.
Das wars für heute, ich hoffe, ihr kommt gut durch die Woche, passt auf euch und aufeinander auf
Ulla
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