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to do or not to do

Die Frage ist nicht, was du weißt.

Die Frage ist, was du tust.

Na? Auch als Klugscheißer unterwegs?

Mit 16 hab ich das erste Mal gefastet. Anfang 20 hatte ich alle möglichen Klassiker der Ernährungslehren und -experten durch. Ich hab mich von A nach B durchgelesen und wieder zurück. Alles, was irgendwie stimmig schien erfolgreich ausprobiert.

Dann hab ich naserümpfend meine Liebsten um mich herum unterwiesen.

Meine Eltern, Geschwister, Freunde, Nachbarn und jeder, der mir Toastbrotessend über den Weg stolperte, war dran.

Ich war jedes Mal fassungslos, wenn sie einfach weiter ihr Nutellabrot und Fleisch und verarbeitet Produkte aßen.

Hatte ich ihnen nicht ganz klar aufgezeigt, warum ihnen diese Ernährung, dieser Lebensstil, diese Gewohnheiten- es blieb natürlich nicht nur bei der Ernährung- schadeten und was sie, wie stattdessen tun sollten?!

Es ging ihnen am Allerwertesten vorbei.

"Es schmeckt doch so gut", entgegneten sie entschuldigend oder auch mal ungeduldiger, der Arzt meinte, sie seien gesund.

GESUND!? Ich war außer mir vor so viel offensichtlicher Inkompetenz ihrer Ärzte und anderweitiger Experten. In den Büchern, die ich las, waren die wahren Experten und Wissenschaftler und Eingeweihten, die Mutigen, Grenzüberschreitenden, Erfahrenen.

Und mir ging es so viel besser, so gut!

Jetzt musste es ihnen genauso gut gehen.

Zu meiner Ehrenrettung muss ich hinzufügen, dass das schon lange her ist und ich seit dem Einiges gelernt habe und auch vom Leben ganz schön auf' s Dach bekommen habe- apropos Bescheidenheit und Demut und 'nicht auf Alles eine Antwort haben'.

Meine Absicht war wirklich gut damals. Aber so dumm.

Vielleicht kennst du das ja.

Irgendwann im Laufe deines Lebens bist du auf neue Erkenntnisse und Wissen gestoßen. Du hast vielleicht danach gesucht oder bist über persönliche Krisen vom Leben darauf gestoßen worden.

Du hast ein neues Plateau erklettert und von hier oben sah alles ganz klar aus.

Und davon musst du nun unbedingt andere in Kenntnis setzen. Jeder muss es wissen, was die eine wunderbare Lösung ist.

Und nun schreist du es von den Dächern, um sie alle zu retten und zu überzeugen.

Du weißt jetzt, wie man sich ernähren muss, welcher Gewohnheiten man sich entledigen muss, wie das Leben am Besten funktioniert und Gott und Seele und überhaupt.

Du bist sogar extra hier her gekommen, um genau das zu tun. Direkt aus den höchsten Engelreichen und von anderen Planeten hier her gestolpert.

Botschaften verkünden, heilen, informieren.

But, ach, aber… nobody cares.

Das Problem ist eine kleine paradox anmutende Wahrheit:

Das System funktioniert.

Ihr System. Jedes System.

Es ist Jahre und Jahrzehnte erprobt, auf allen Ebenen.

Das persönliche System weiß es immer am Besten.

Wenn du ein bestimmtes Gewicht hast- zu viel oder zu wenig-, wird dein System dafür sorgen, dass exakt dieser StatusQuo erhalten bleibt.

Du kannst dich durch Diäten quälen so viel du willst, das über Jahre erprobte und etablierte System hält den StatusQuo aufrecht. Nach kurzer Zeit der willentlichen Veränderung, führt er das Gewicht wieder in seinen funktionierenden gewohnheitsmäßigen Status zurück.

Wenn du an irgendeiner Stelle deines Körpers ein Ungleichgewicht hast- Schiefstellung der Wirbelsäule, der Füße, des Kiefers-, wird dein System für einen Ausgleich sorgen, um alles funktionabel am Laufen zu halten. Wenn du an einer einzigen Stelle dieser Ordnung eine Variable veränderst, wird dein System alles drum herum in eine ausgleichende Ausführung zurück retten und eine neue Variante der Schiefstellung hervorbringen, die der künstlichen Verbesserung entgegen wirkt.

Wenn du eine Gewohnheit zu ändern versuchst, wird dein System auf die eine oder andere Weise nach einer Kompensation suchen.

Unser persönliches System ist schlau. Es weiß etwas, das wir bewusst nicht wissen.

Vielleicht gleicht unser Körpergewicht auf einer anderen Ebene etwas aus, ebenso eine vermeintlich schlechte Gewohnheit.

Obwohl wir es wissen, können wir es rational nicht überwältigen.

Wir kennen es alle, dass wir Jahre und Jahrzehnte an schlechten Gewohnheiten festhalten und für vermeintlich schlechte Umstände sorgen und plötzlich ändert sich etwas in uns, eine neue Erkenntnis, ein neuer Bewusstseinsaspekt und das Verlangen nach einem Stoff- Rauchen, Zucker…- oder einer Person oder einer bestimmten Lebensführung, ja sogar unser Gewicht wandelt sich magisch und wie von selbst.

Bis zu diesem Punkt kannst du für jemand anderen kaum etwas tun.

Du kannst Angebote in den Raum stellen oder dir ein Praxisschild an die Tür nageln.

Solange der Mensch nicht für sich selbst gewisse Aspekte der Erfahrung erreicht hat, bleibst du ein klugscheißender Quacksalber für ihr System.

Wenn es so wäre, wie du sagst, hätte ihr Arzt es ihnen längst gesagt und darüber hinaus würde man es in den Schulen lehren oder in den Abendnachrichten bringen.

Ganz sicher. 

Also, who are you?!, zu glauben, du wüsstest es besser.

Die Frage ist natürlich, weißt du es besser?

Und wenn dem so ist, wen und warum willst du so vehement überzeugen?

Jedes errungene Plateau ist nur ein weiteres errungenes Plateau.

Und jedes Mal sieht alles so viel schlauer, klüger und klarer aus als auf dem Plateau darunter… oder daneben.

Mit der Zeit weißt du immer mehr die eine Sache... dass du nichts weißt oder zumindest bei Weitem nicht so viel wie du dachtest.

Wenn du also tatsächlich glaubst, anderen etwas Gutes tun zu müssen, anderen die frohe Botschaft verkünden zu wollen, gilt etwas Einfaches:

Halt die Klappe und mach es vor.

Oder wen oder was willst du überzeugen?

Dich selbst vielleicht am Ende.

Es ist uns unerträglich, auszuhalten… Das Nicht-Wissen auszuhalten.

Und nur weil wir etwas punktuell erfahren haben, haben wir es noch lange nicht wahrhaft in unser eigenes System und Leben integriert.

Und mit Sicherheit weißt du nicht, was sich die Seele eines anderen als Erfahrung für dieses Leben vorgenommen hat.

Neumodern geht es um die vielgepriesene Authentizität.

Etwas tiefer betrachtet um Kongruenz und Einklang unserer Gedanken, Worte und Handlungen.

Mach es vor, leb es vor, fühle es, durchdringe es, erfahre es, etabliere es.

Heißt das, wir sollen anderen nicht helfen, nie den Mund aufmachen?

Es heißt einfach nur, etwas bescheidener zu sein und respektvoll im Umgang mit deiner Wahrheit ebenso wie der der anderen.

"We're all just walking each other home."
Ram Dass

Wir geleiten uns alle nur gegenseitig nach Hause.

Während du glaubst, andere zu belehren, lernst du in Wirklichkeit vielleicht gerade von ihnen.

Glaub nie, dass du alles weißt. Über dich nicht. Über andere nicht. Über das Leben nicht.

Und wäre es nicht schrecklich langweilig, wenn du alles wüsstest?

Das Leben ist Bewegung und Veränderung.

In diesem Sinne…

Die Frage ist nicht, was du weißt.

Die Frage ist, was du tust.

Und das ist auch schon alles. Anderen gefällt es, es spricht sie an oder nicht.

So long… gehabt euch wohl…

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