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Über KI und Hoffnung, die nie vergeht

Nach so vielen Feiertagen weiß ich schon gar nicht mehr, welcher Wochentag heute ist: Sonntag oder Montag? Egal. Auf jeden Fall haben wir die Weihnachtstage hinter uns gebracht - und ich habe an Heiligabend zum Schrecken aller tatsächlich ein Weihnachtsgedicht vorgetragen. Ein selbstgedichtetes, ähem, also fast. Schließlich bin ich Enkelin einer ostpreußischen Großmutter, die für ihre Bierzeitungen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und Scharaden berühmt war. Meine Großmutter hatte ein Reimlexikon, ich habe die KI. Die Zutaten lieferte ich, die KI sorgte in zehn Sekunden für den Rest: Gli occhi distratti reimte sich auf i doni più intatti und eine Deutungshypothese (“Pubertiere kriegen von der Welt nicht mehr mit als ihren Bildschirm”) für mein Weihnachtsgedicht zu erstellen, sollte auch angesichts der Strophe Oh giovani amici, alzate lo sguardo, (Oh junge Freunde, blickt auf!) nicht allzu schwer gefallen sein.

Ich bin innerlich vor Lachen fast zusammengebrochen, weil das Gedicht so schwülstig war und kein Klischee ausließ - Le stelle ci chiamano, il Natale ci unisce/ Die Sterne rufen uns, Weihnachten eint uns - was die Jungs (hä?) vollends verwirrte, denn Irony ist ja so was von over, wenn die Hormone … Die Einzige, die etwas mitkriegte, war unsere Enkeltochter, ja, was soll ich sagen, Mädchen sind einfach schneller als Jungs.

Dass KI speziell für uns Autoren allerdings ein Problem ist, war uns spätestens klar, als es um Google Books ging, dessen Ziel nicht war, Menschen, sondern Maschinen schlauer zu machen. In der FAZ habe ich gerade in “In dreißig Tagen zum eigenen Buch” (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gelesen, dass die KI jetzt nicht nur dank Selfpublishing den Buchmarkt überflutet, sondern auch dadurch, dass Tiktok und Microsoft eigene Imprints gegründet haben, also eigene Buchverlage. Autor kann praktisch jeder werden, der KI-gestützte Schreibassistent Sudowrite etwa bietet Hobbyautoren in der Basisversion für 120 US-Dollar im Jahr 30.000 Wörter im Monat, die man wie ein Gesprächsguthaben bei einer Prepaid-Karte verbrauchen kann. Bei der Selfpublishing-Plattform Spines bekommen Autoren ab 1478 US-Dollar ein Rundum-sorglos-Paket inklusive „7-Tage-Geld-zurück-Garantie“: Cover, Formatierung, Kopierschutz-Check sowie zehn Freiexemplare: “Einfach Manuskript hochladen, dann bürstet die KI über den Text und presst ihn zwischen zwei Buchdeckel.” KI wird auch von Buchverlagen dafür eingesetzt, um Buchverkäufe zu prognostizieren und damit zu kalkulieren.

Glücklicherweise sei, wie der Autor der FAZ bemerkt, das Internet für die KIs von Big Tech (noch?) zu klein, auch weil Medienhäuser wie die „New York Times“, CNN oder der „Guardian“ aus urheberrechtlichen Gründen ihre Archive für Webcrawler gesperrt haben, was den Rohstoff weiter verknappe. Die Bilanz des Autors lässt mich (noch) hoffen: “So könnte die Inflationierung der Textproduktion am Ende sogar zu einer Aufwertung geistiger Schöpfungen führen. Der Buchleser jedenfalls dürfte schnell merken, was echte Handarbeit und maschinengefertigte Massenware ist – und auch bereit sein, dafür zu bezahlen.” (Ehrenvenezianer werden jetzt!! (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre))

In Venedig sieht es im Moment sehr schön aus, wenn man nicht gerade auf die verwegene Idee kommt, sich zwischen Rialtobrücke und Markusplatz zu bewegen, denn da drängelt sich bereits das gesamte Veneto, dem in Chirignago, Cornarotta oder San Giorgio delle Pertiche nach den Feiertagen die Decke auf den Kopf gefallen ist und sich jetzt in Venedig die Beine vertritt. (Auch so ein komischer Ausdruck sich die Beine vertreten - tatsächlich aber machen die Tagesbesucher nichts anderes, sie besuchen weder ein Museum noch ein Restaurant, sie kaufen auch nicht ein, sie vertreten sich eben nur die Beine.)

In diesen Tagen sorgen sich in Venedig die Betreiber von Airbnb-Wohnungen darum, dass sie jetzt eine Registriernummer für ihre Ferienwohnung an der Haustür gut sichtbar anbringen müssen. In Mestre (Mestre!) waren Ende letzten Jahres gerade mal 28 Wohnungen als Ferienwohnungen eingetragen - während die Online-Portale mehr als tausend Ferienwohnungen anbieten. “Boom für Vermietungen - Bedenken wegen Steuerhinterziehung” titelte der Gazzettino todesmutig. Bedenken! Ja, wahrscheinlich haben es die tausend Airbnb-Betreiber irgendwie einfach nur verschwitzt, kann passieren!

Dazu auch eine schöne Guerilla-Aktion, der Aufkleber “Rent to Residents” (Vermietet an Bewohner!) auf der Registriernummer.

In Italien sorgt man sich derzeit um das Schicksal der jungen italienischen Journalistin Cecilia Sala.

https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2024/12/iran-italienische-journalistin-in-guter-verfassung-fae0d6f6-d081-4cea-ad6f-835bba541397.html (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Sie wurde am 19. Dezember in Teheran festgenommen und ins Gefängnis gebracht. Die 29jährige Journalistin war mit einem ordnungsgemäß ausgestellten Journalistenvisum im Land - und wurde vermutlich als Geisel genommen: Ein Zusammenhang zwischen der Verhaftung von Cecilia Sala und der Festnahme eines iranischen Staatsbürgers auf dem Mailänder Flughafen Malpensa werde nicht ausgeschlossen, wurde von offiziellen Stellen geraunt. Dem Iraner wird vorgeworfen, Teheran Software für Dronen geliefert zu haben, mit denen amerikanische Soldaten in Jordanien getötet wurden. Das Problem ist, dass sich die italienische Diplomatie jetzt zwischen “zwei Feuern” befindet, wie es so schön heißt: Die Amerikaner bestehen auf der Auslieferung des Iraners, der in der Schweiz lebte und auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt - und dem in Amerika lebenslängliche Haft droht. Und die Iraner haben die italienische Journalistin in der Hand, gegen die noch gar keine Anklage vorliegt.

Pikant ist, dass die über die Welt der Geheimdienste sehr gut informierte Webseite formiche.net (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) bereits kurz nach der Verhaftung des Iraners in Mailand schrieb: “Es wird befürchtet, dass Teheran sie (italienische Staatsbürger) als Geiseln nimmt, um Druck auf Italien auszuüben.” Zwei Tage später wurde die junge und in Italien sehr populäre Journalistin verhaftet - die natürlich in den Augen der Mullahs eine bessere Geisel darstellt als irgendein italienischer Handelsvertreter, den niemand kennt.

Wir können nur hoffen, dass Cecilia Sala bald frei kommt - wie auch alle anderen politischen Häftlinge des iranischen Regimes, darunter die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Ich habe es ja nicht so mit der Jahresrückblicken, aber die Highlights des Jahres 2024 habe ich natürlich den Lesern von “All’italiana!” zu verdanken, den Besuchern meiner Lesungen, allen, die sich nicht von der Deutschen Bahn oder sonstigen Widrigkeiten abhalten ließen, also deshalb noch mal grazie mille allen Erfurtern, Kamenern, Münchnern, Rheinbachern, Dortmundern, Frankfurtern, Friedbergern, Wetzlarern, Blaubeurern, Freisingern, Zofingern und Brixenern! Im neuen Jahr geht es am 6. Februar in Pullach und am 8. Februar in Bremen weiter!

Mein Buch "All'italiana!" auf Lesereise und in der Hand von Lesern.

Ja, schwerer Anfall von Jahresendmilde. Sie müssen sich aber keine Sorgen um mich machen. Ist bald wieder vorbei. Bleiben Sie mir und Reskis Republik auch im neuen Jahr gewogen!

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