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„Viele sind doch recht enttäuscht"

Ein Bericht von der psychosozialen Arbeit in der ZUE

Wenn die Psychologin Teresa Hoffmann auf die ersten Monate in ihrem neuen Job zurückblickt fällt ihre Bilanz positiv aus: „Wir haben schon einigen Menschen helfen können, und wenn wir nicht da wären, würde es vielen Menschen noch schlechter gehen". Teresa Hoffmann leistet seit Juli 2021 zusammen mit ihrer Kollegin Lena Ottensmeier (die beiden teilen sich eine Stelle) Pionierarbeit im Auftrag der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA). Seit Januar 2021 bietet die GGUA in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) am Albersloher Weg in der ehemaligen York-Kaserne eine psychosoziale Erstberatung an, als eine von mehreren Anlaufstellen des Landes NRW. Anlass für diese Initiative ist die oft starke psychische Belastung der Bewohner:innen. Diese müssen ihre teils traumatischen Erlebnisse im Herkunftsland oder dass, was ihnen auf der Flucht wiederfahren ist, erstmal verarbeiten. Ihre Probleme, so zumindest die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen, werden durch die Lebensbedingungen in der ZUE noch verstärkt oder entstehen sogar dort erst. Dazu kommt noch eine Unsicherheit. was den weiteren Aufenthalt angeht, die Angst vor Abschiebung, all das muss nicht, kann aber zu akuten Krisen und sogar Suizidgedanken führen.

Bis zu 700 Menschen sind in der nicht besonders einladend wirkenden ZUE untergebracht, unter Corona-Bedingungen etwas weniger. Viele Familien leben dort, sie kommen aus Afghanistan aus Syrien, aber auch aus dem Iran und dem Irak und diversen anderen Staaten. Besonders schutzbedürftige Geflüchtete zu erkennen und erste psychologische und psychosoziale Unterstützung anzubieten, das ist ihr Job. Die Zielgruppe ist groß, da gibt es zum Beispiel Menschen mit Behinderungen oder schweren körperlichen Erkrankungen, Schwangere, ältere Menschen. Die überwiegende Zahl derjenigen, die in die Beratung kommen, kommt allerdings wegen psychischer Probleme, das können Ängste, Schlaflosigkeit und depressive Verstimmungen sein. Viele werden von Alpträumen geplagt. „Die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer ist da eher gegenläufig", so die Einschätzung von Teresa Hoffmann.„Diese Menschen brauchen eigentlich eine besonders ruhige Umgebung. Viele finden selten die Ruhe, die sie bräuchten, um sich von den Strapazen zu erholen". Es ist jedenfalls weiß Gott nicht so, dass die Geflüchteten ins gelobte Land kommen, und sich alle Probleme in Luft auflösen? „Nein, es gibt durchaus Menschen, die froh sind, da zu sein und mit den aktuellen Situation gut zurecht kommen. die die die in unsere Beratung kommen, sind die die stark belastet sind von anstehenden Gegebenheiten. Viele sind doch recht enttäuscht.Vor allem wenn sie erfahren, dass die Unterbringungszeit bis zu zwei Jahre betragen kann, ist das für viele ein Schlag ins Gesicht, damit sind sie überfordert und enttäuscht. Das Leben dass sie sich erhoffen, ihre Träume, die sie haben, wieder erstmal warten müssen".

Mit vielen Leuten auf engem Raum zusammen zu wohnen, wäre für jeden eine Belastung. Es gibt viele Konfliktpunkte. Schlange stehen für die Leistungsausgabe oder für die Mahlzeiten, die Situation auf dem Zimmer. „Das zusammen genommen, führt halt bei vielen, die bei uns in der Beratung sind, zu Krisen. Oft ist das Ende dessen erreicht, was sie aushalten können". Genau das macht die Arbeit der beiden vor Ort in der ZUE so wichtig und notwendig, weil sie oftmals als erste davon erfahren und entsprechend reagieren können. Die Sprachbarriere muss auch noch genommen werden, da werden Sprachmittler eingeladen, was spontane Gespräche schwierig macht. Dass jemand Englisch oder Deutsch spricht, ist eher die Ausnahme. Zwar gibt es ein Deutschkursangebot, was einfache Redewendungen vermittelt, für Beratungen aber nicht ausreicht.

146 Euro bekommen die Bewohner im Monat ausbezahlt. Essen und die Miete sind bezahlt. „Das ist sehr wenig," findet Hoffmann „und das ist auch immer wieder Thema".

Als Teil ihres Jobs sehen sie es an, Aktivitäten aufzubauen, um der Monotonie des Alltags zu entkommen, Sport treiben, irgendwo hinfahren. „Da muss man schon gucken, was gerade möglich für die Personen. Verwandtschaft in Düsseldorf besuchen, kann da schon schwierig werden". Auch das gemeinsame Zubereiten von Essen, was vielen ein Bedürfnis ist, ist derzeit nicht möglich. Ablenkende Alltagstätigkeiten gibt es kaum. Immer ein Thema ist das Asylverfahren selbst, das viele Ängste auslöst, insbesondere wenn Ablehnungsbescheide kommen und die Abschiebung ansteht. Die Entscheidungsgründe bleiben oft unerfindlich und wenig nachvollziehbar. Auch den anstehenden Umzug aus der ZUE in eine Kommune wird in der Regel sehr kurzzeitig mitgeteilt, manchmal erst zwei Tage vorher. Den Ort in den sie zugewiesen werden, erfahren die Bewohner:innen erst am Tag des Umzugs. „Das gibt den Menschen das Gefühl, es wird über sie entschieden und sie wissen gar nicht wohin es geht," erzählt Teresa Hoffmann.

Zu den Erfolgserlebnissen bei der Arbeit gehört es da schon, wenn eine Verlegung vom Mehrbettzimmer in ein Einzelzimmer gelingt. Auch diese Erfolge sind hart erarbeitet, Berichte müssen verfasst werden, in denen dargelegt wird, dass ein Termin bei einem Psychiater nötig ist, wenn der dann schreibt, dass der Klient ein Einzelzimmer braucht, dann hat dessen Wort Gewicht. Eng und gut arbeiten die beiden GGUA-Mitarbeiterinnen mit der Ärztin der Einrichtung zusammen.

Natürlich entstehen auch Freundschaften „im Lager", es wird auch Fußball gespielt, einigen gelingt es Kontakte in die Stadt Münster hinein zu knüpfen. „Aber viele bleiben doch für sich".

Integration durch Arbeit kann zumindest in den ersten neun Monaten des Aufenthalts nicht stattfinden, da gilt ein Beschäftigungsverbot. So bleiben viele zur Tatenlosigkeit verdammt, selbst wenn sie eine Ausbildung als Schreiner haben.

Da die Stelle noch neu ist, geht es immer noch darum die Stelle weiter zu entwickeln zu etablieren. zu klären, was zu den Aufgaben der beiden engagierten Mitarbeiterinnen dazugehört, vieles ist noch neu, muss sich erst noch finden. Es gilt erst noch einen festen Platz im „System ZUE" zu finden. Betrieben wird die Einrichtung vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). „Die Erwartungen und das was wir tun, gehen manchmal etwas auseinander", so der Eindruck von Teresa Hoffmann. „Vieles hat sich im Laufe des ersten Jahres geklärt, einiges gibt es noch zu klären".

Bild: Mit Handzetteln informiert Teresa Hoffmann Bewohner der ZUE über das Beratungsangebot. Die beiden jungen Männer kommen aus Mazedonien und aus Algerien. Foto: Frank Biermann

Hier eine unserer vorangegangenen Berichterstattungen über die ZUE mit Links zu weiteren Berichten von uns

https://mvz-online.chayns.net/ticker?M=116718187 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

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