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Benachrichtigungs-Bombardement

Es gibt ja so Menschen, die haben ihren eigenen Audiokommentar. Leute, die ihre Umwelt über jeden noch so selbstverständlichen Handgriff, den sie machen, informieren, weil sie Angst haben, dass ihre Taten sonst im allgemeinen Weltentrubel untergehen und ihnen nicht ausreichend gehuldigt wird. Man erkennt das an Sätzen wie: „Ich bringe dann jetzt mal den Müll runter!“ oder "Ich habe uns übrigens was gekocht!" oder „Ich weiß gar nicht, warum immer alle behaupten, ich wäre ein Autominister, ich habe schließlich das Deutschlandticket eingeführt!“

Manche Mitmenschen geben solche Audiokommentare auch bei Handlungen mit eher geringem Huldigungspotential ab. Im letzten Frankreichurlaub zum Beispiel campte neben uns eine Familie aus Wien und die Mutter war so ein Mensch. Ein normaler Morgen mit ihr klang ungefähr so: „I zieh mir jetzt mal a kurze Hosn an … I geh jetzt mal ins Auto, damit I mir a kurze Hosn anziehen kann … I bin jetzt im Auto … I zieh jetzt die lange Hosn aus und dann zieh I mir a kurze Hosn an … Gell, wenn Ihr mi sucht, I bin im Auto!“

So etwas kann sehr unterhaltsam sein - für ungefähr fünf Minuten. Danach wird’s neuronal herausfordernd. Was man gut an den Gesichtern der armen Geschöpfe ablesen konnte, die mit der Frau zusammenleben mussten: Die siebenjährige Tochter fuhr den ganzen Tag auf ihrem knallbunten Kinderfahrrad ums Zelt herum, mit einem Blick, den man sonst nur von Seeottern in zu engen Zooschwimmbecken kennt. Der zwölfjährige Sohn stand tagaus, tagein reglos mit verschränkten Armen und wehendem Haar neben dem Zelt und schaute wie ein Wanderer in einem Caspar David Friedrich-Gemälde verklärt in die Ferne, als würde er nach einer neuen Familie Ausschau halten. Und der Vater saß im Campingstuhl, starrte auf sein iPad und man wartete eigentlich nur darauf, dass er mit einer dünnen Loriot-Stimme flüsterte: „Ich bringe sie um. Morgen bringe ich sie um!“ Lustig ist halt immer nur, was andere aushalten müssen.

Ich habe mich damals gefragt, was so eine Frau wohl beruflich macht, aber mittlerweile hab ich eine Vermutung: Sie arbeitet im Online-Versand. Ich habe mir nämlich vor einigen Wochen bei einem großen deutschen Musikhaus einen Mikrofon-Adapter bestellt, und was ich damit losgetreten habe, lässt sich wohl am ehesten mit "Benachrichtigungs-Bombardement" umschreiben:

Eine Hand hält ein Smartphone, auf dem eine Onlineshopping-Seite aufgerufen ist.

(Online Shopping. Nur schön, bis man auf "Bestellen" klickt)

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