Ein kleiner Naturspaziergang

Hallo,
ein kleines Heads-Up: Ich bin gesundheitlich gerade nicht ganz auf dem Damm und werde diese Woche operiert. Dazu kommt, dass mein Großvater schwer krank ist – das alles zusammen macht es mir im Moment schwer, mich zu konzentrieren und den ausführlichen, sorgfältig recherchierten Content zu liefern, den du sonst von mir kennst.
Deshalb machen wir es diesmal ein bisschen kleiner. Statt einer tiefgehenden Kolumne lade ich dich zu einem kleinen Naturspaziergang ein – zum Durchatmen, Beobachten, Staunen.
Vier Elche haben mir auch geschrieben, dass sie das letzte Wallpaper nicht erhalten haben. Ich versuche noch herauszufinden, woran es liegt, werde sie aber dann diese Woche noch mal rum schicken. Muss nur ausbaldowern, wie ich das am besten mache.
Danke schon einmal fürs Verständnis!
Und jetzt schauen wir mal, was draußen so los ist:
Eine Sache fällt direkt auf: Der Löwenzahn blüht. Vielen Leuten gilt er prinzipiell als Unkraut, dabei ist das eine ganz normale Wildblume. Ringelblumen aussäen aber Löwenzahn rausreißen, das soll einer mal verstehen … JEDENFALLS ist der Löwenzahn eine absolute Super-Pflanze! Ernsthaft. Du willst ins Gartencenter und “Bienenpflanzen” kaufen? Spar’s dir, diese Stats findest du nirgends im Baumarkt, auf naturadb kannst du sie dir anschauen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Der Löwenzahn versorgt:
112 Wildbienenarten (ja, krass, oder?!)

16 davon spezialisiert
63 Raupenarten
eine davon spezialisiert
40 Schwebfliegenarten
2 Käfer … aber ich weiß, dass es hier viel, viel, VIEL mehr sind!
und Vögel sagen da auch nicht nein
Die Zahlen sind in echt noch höher, eine Löwenzahnecke ist echt das Beste, das du deinem Garten, deiner Terasse oder deinem Balkon “antun” kannst. Wir können den Löwenzahn übrigens auch essen, entweder die Blätter als Salat oder die Blüten zB als Sirup. Und hübsch sind sie auch.

Wenn du eher früh aufstehst, kannst du dich bei einem Spaziergang richtig schön beschallen lassen. Die Vögeln schmettern, was das Zeug hält, um ihre Reviere abzustecken und Paarungspartnerinnen für sich zu gewinnen. Die Amsel singt ab circa einer dreiviertel Stunde vor Sonnenaufgang von Februar bis Juli.

Auf der NABU-Webseite findest du eine schöne animierte Vogeluhr. Wenn du mit dem Zeiger über einen Vogel fährst, hörst du den Gesang und siehst, wann im Jahr er zu hören ist:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/vogelkunde/voegel-bestimmen/20663.html (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Die Sumpfdotterblume ist eine meiner Frühlingsfavoriten. Sie ist ein bisschen giftig, wurde früher auch gern mal gegessen (ihre Blütenknospen galten eingelegt zB als “deutsche Kapern”) oder als Arznei verwendet, aber aufgrund der Giftigkeit hat man das irgendwann alles gelassen. Wie viele andere Frühjahrsblüher wurde die Pflanze in vielen Kulturen mit besonderen Schutzkräften in Verbindung gebracht.

Vor allem in der Walpurgisnacht sammelte man sie und streute sie vor den Stalleingang, um Hexen fernzuhalten. Auch in Ländern wie Irland, Schweden und Dänemark schrieb man der Pflanze, besonders wenn sie an Walpurgis (Nacht vom 30.4. auf den 1.5.) oder am Georgstag (23.4.) gepflückt wurde, magische Kräfte zu. Außerdem wurde die Dotterblume dem Vieh als Futterzusatz verabreicht, in der Hoffnung, dass die Butter das ganze Jahr über ihre leuchtend gelbe Farbe behält.

Das Buschwindröschen ist eine der ersten Pflanzen, die im Frühjahr den Boden unter Bäumen und anderen Gehölzen bedecken. Es nutzt die kurze Zeit, in der noch ausreichend Licht durch das kahle Blätterdach der Bäume fällt. In dichten Beständen bildet es oft große, helle Flächen und ist damit ein typischer Anblick in Laub- und Mischwäldern im April.

Mittlerweile blühen auch meine Heidelbeeren. Hummeln übernehmen dabei den wichtigsten Teil der Bestäubung: Und zwar per Vibrationsbestäubung: Dabei setzen sie ihre Flugmuskeln in Schwingung, ohne dabei die Flügel zu bewegen. Diese Vibrationen lösen den Pollen aus den Blüten, der sonst nur schwer zugänglich ist. Viele andere Insekten können diese Technik nicht anwenden, deshalb ist die Rolle der Hummeln für meine Heidelbeerernte entscheidend – und ich bin sehr froh, dass sie meinen Dachgarten jedes Jahr so gewissenhaft besuchen!

Traubenhyazinthen gehören zu den ersten Pflanzen, die im Jahr blühen: Da geht es oft schon im März los! Genau zu dieser Zeit erwachen viele Wildbienen aus der Winterruhe und sind auf energiereiche Nahrung angewiesen – gut, dass es da diese blauen und lilafarbenen Tankstellen gibt!
Ein weiterer Vorteil dieser Blumen ist ihre Blütenfarbe. Während Blau- und Violetttöne für uns einfach nur schön aussehen, sind sie für Bienen besonders gut sichtbar. Bienen sehen im ultravioletten Bereich, können also beispielsweise Rot nicht wahrnehmen. Viele blaue Blüten reflektieren spezielle UV-Muster, die für uns nicht sichtbar sind, die den Insekten aber als eine Art „Landehilfe“ den Weg zum Nektar weisen.

Ich sag immer: Die Chancen, von einem Rotkehlchen auf die Schnauze zu bekommen, sind gering – doch sie sind niemals null.

Auf meinem Dachgarten habe ich Mauerbienennisthilfen, und mittlerweile sind die alle geschlüpft. Und wie du sehen kannst, wird direkt, äh, der Liebe in einer massiven Gruppenorgie gefröhnt. Es ist echt so, dass die Weibchen keine 2 Minuten aus dem Nest sind, schon haben sie ein Männchen hinten drauf. Ganz ehrlich: Wär mir zu stressig. Ich brauch meinen Freiraum.

Spannend: beim Säubern der Nisthilfen habe ich einen übrig gebliebenen Kokon geöffnet, der so ein bisschen komisch aussah. Drin habe ich die Larven von einer parasitischen Fliege ODER von einer parasitischen Wespe gefunden (da gibt es unterschiedliche Parasitoide, die sich auf Mauerbienenkokons spezialisiert haben). Die ernähren sich von der Mauerbienenlarve, verpuppen sich dann und schlüpfen dann selber. Danach wird sich gepaart und man kommt zur Nisthilfe zurück, um selber ebenfalls eine Familie zu gründen.

In meinem Olivenkraut verheddert sich eine Wespe. Als Kind hatte ich super viel Angst vor denen, weil viele Leute in meinem Umfeld extreme Angst vor Wespen hatten. Mein Opa ist beispielsweise schwer allergisch gegen Wespenstiche, deshalb waren die immer was, das zu fürchten war. Da ich aber nicht allergisch bin und ich die echt schön und spannend finde, hatte ich meine Angst irgendwann abgelegt. Jetzt pflanze ich selber Sachen, die Wespen richtig lieben. Mein Tipp: Die Blüten der Wilden Möhre, des Kümmels, des Fenchels und des Dills. Da gehen die gestreiften Kollegen komplett drauf ab.

Regenwürmer sind absolute Stars. Während sie sich durch die Erde graben, hinterlassen sie ein fein strukturiertes Netz aus Tunneln, das Wasser speichert, den Boden durchlüftet und Pflanzenwurzeln das Wachstum erleichtert. Ihr Kot enthält eine Fülle von Mikroorganismen und auch Nährstoffen, die Pflanzen direkt aufnehmen können. Ich schreibe mehr über sie in einem Buch, das diesen Sommer rauskommen wird. Ich habe es noch nicht angekündigt, es ist das erste Buch mit Fotos von mir – aber ich verrate es hier, reingequetscht zwischen die Zeilen. Es kann schon vorbestellt werden, was echt hilft wegen Bestsellerliste, dies das, und über Autorenwelt kriege ich mehr vom Kuchen, was natürlich noch besser ist. Aber muss auch nicht. Ich werd jetzt nicht mehr drüber sagen, hier kannst du ja mal gucken» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), bin noch etwas schüchtern, das offiziell anzukündigen … ist halt mal was ganz Neues und ich bin nervös. Aber kommt bestimmt noch. Hüstel. Egal. Zurück zum Thema:

Hundertfüßer (Chilopoda) und Tausendfüßer (Diplopoda) werden oft verwechselt – dabei sind sie nicht dasselbe. Eine sichere Unterscheidung: Hundertfüßer haben ein Beinpaar pro Körpersegment, Tausendfüßer zwei, sie sind also Doppelfüßer (deshalb: Diplo-poda). Trotz der Namen hat keine Art genau 100 oder 1.000 Beine. Hundertfüßer können das rein anatomisch auch gar nicht, denn sie haben immer (!) eine ungerade Zahl an Beinpaaren am Start.
Hundertfüßer sind schnelle Jäger und Fleischfresser, und mit ihren Kieferklauen injizieren sie Gift in ihre Beute. In Deutschland sind sie komplett ungefährlich für uns, können uns auch nicht beißen, aber für kleine Bodenlebewesen sind das quasi Löwen oder Tiger.

Was ich im Frühjahr immer besonders schön finde: blühende Bäume. Ich kann dir echt nur empfehlen, so viele Obstbäume wie möglich in deinen Garten zu stopfen, die Blüten sind so toll für Bestäuber, und die Früchte sind für Mensch und Tier natürlich richtig geil.

Der Lerchensporn ist vermutlich meine liebste Frühlingspflanze, deshalb gibt es davon gleich zwei Fotos. Ich warte immer total ungeduldig darauf, dass es mit dieser Blume endlich losgeht.

Lerchensporne nutzen eine spezielle Form der Samenverbreitung, bei der Ameisen eine zentrale Rolle spielen – die sogenannte Myrmekochorie. Die Samen der Pflanze besitzen ein nährstoffreiches Anhängsel, das sogenannte Elaiosom, das für Ameisen besonders lecker ist. Sie tragen die Samen in ihren Bau, fressen dort das Elaiosom und lassen den eigentlichen Samen unversehrt zurück oder werfen ihn “auf den Müll”. Auf diese Weise wird der Samen nicht nur verbreitet, sondern landet auch an einem geschützten, nährstoffreichen Ort – super Bedingungen für die Keimung.

Jetzt ist auch die Zeit, in der die Honigbienen fliegen. Wusstest du, dass die Honigbienen gar nicht bedroht sind? Darüber habe ich hier schon einmal geschrieben:
https://steadyhq.com/de/jasminschreiber/posts/90fa3c6e-2235-4994-98bf-ea0d7b28e352 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Und auch auf Instagram hatte ich es letztens in meinem Gartenaccount thematisiert: Hier angucken» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Forsythien gehören zu den beliebtesten Gartensträuchern im Frühling: sie blühen früh und knallig gelb, was nach ner schönen Winterdepression echt erleichternd sein kann. Ökologisch bringen sie allerdings wenig: Die meisten Sorten sind steril, bieten weder Nektar noch Pollen und sind für Insekten wertlos.
Trotzdem finde ich, dass man nicht jedes Exemplar verteufeln muss. Meine Güte, ich rege mich auch nicht über nen Sonnenschirm auf, der ist auch wertlos für Tiere und steht halt auch im Garten rum. Wenn rundherum heimische Sträucher wachsen, die Vögeln und Bestäubern etwas bieten, ist eine Forsythie im Garten kein Drama. Manche brauchen das für die Psyche, ist dann halt so. Da sie nicht sonderlich invasiv ist, behalte deine Pflanze mit meinem Segen, Hauptsache, sie bleibt nicht das Einzige, was da blüht.
Wenn du aber eine tolle Alternative für eine bestehende Forsythie suchst ODER was neu anpflanzen willst: Pflanz dir eine Kornelkirsche. Die Blüten sind ähnlich gelb, und am Ende gibt es auch noch Früchte. Übertrumpft jede Forsythie um den Faktor eine Millionen und sieht in meinen Augen auch viel besser aus.

Hier sitzt das Weibchen einer Gehörnten Mauerbiene auf meiner Hand. Wusstest du, dass Insekten wechselwarm sind und ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren können? Ihre Aktivität hängt direkt von der Umgebungstemperatur ab. Deshalb sieht man Bienen oder Hummeln manchmal scheinbar „hilflos“ am Boden krabbeln, oft früh morgens, spät abends oder wenn sie länger im Schatten sitzen. In solchen Momenten sind sie nicht verletzt oder krank, sondern schlicht zu kalt, um fliegen zu können. Zuckerwasser ist da meistens nicht nötig – sie müssen sich einfach nur aufwärmen und auf Betriebstemperatur kommen.
Wenn eine Hummel oder Biene an einer ungünstigen Stelle sitzt, zum Beispiel auf einem Weg oder mitten im Garten, kannst du sie vorsichtig umsetzen. Am besten nimmst du dafür ein Blatt, ein Stück Pappe oder etwas Ähnliches, durch das sie dich nicht versehentlich stechen kann. Trag sie an einen sonnigen, windgeschützten Platz. Nach ein paar Minuten beginnt sie hochzufahren: Sie „pumpt“, das heißt, ihre Atemmuskulatur bewegt den Hinterleib rhythmisch, um Sauerstoff durch das Tracheensystem im Körper zu transportieren. Gleichzeitig steigt durch die Sonne und die Muskelbewegung ihre Körpertemperatur. Und irgendwann hebt der kleine Racker einfach ab.

Asseln gehören zu meinen absoluten Lieblingstieren. Wusstest du, dass das keine Insekten, sondern Krebstiere sind? Sie atmen Luft, haben aber noch Kiemen an den Beinen, die auch immer leicht feucht gehalten werden müssen, damit es ihnen langfristig gut geht.

Wenn ich draußen spazierengehe und aufmerksam in die Bäume schaue, finde ich vor allem bei heißen Mittagstemperaturen sehr viele Tauben, die ein Mittagsschläfchen machen.

Heute Nacht hat es geregnet – der erste richtige Regen seit Ende Januar bei uns. Zwischendrin hatte es 2 Mal “geregnet”, was jeweils immer nur ein paar Minuten waren. Der Frühling ist viel, viel zu trocken, und das macht mir Sorgen. Letztes Jahr habe ich meinen Waldgarten und Dänegart komplett mit Regentonnen bewässert, dieses Jahr ist das nicht drin, die sind jetzt schon leer.

Wenn du Gemüse anbaust: Hast du mal ein paar Kohlpflanzen “geopfert”, also nicht geerntet, sondern stehenlassen? Kohle sind zweijährige Pflanzen, was bedeutet, dass sie erst im zweiten Jahr blühen und Samen bilden. Ich lasse immer ein paar für den Kohlweißling stehen, aber auch für mich für Saatgut im nächsten Jahr, UND die Bestäuber gehen halt wirklich komplett auf die Blüten ab. Kann dir das echt sehr empfehlen! Hier sieht du eine Blütendolde meines Palmkohls. Der öffnet jetzt langsam die Knospen, und in ein paar Tagen wird er echt abgefahren aussehen.
So, das war es für dieses Mal. Ich freue mich, dass der Frühling jetzt langsam richtig durchstartet.
Wir lesen uns vermutlich erst nächste Woche wieder, weil naja, Operation und so … da muss ich mich dann erstmal wieder berappeln. Und das mit den Wallpapern baldower ich wie gesagt aus.
Bis dann!
Jasmin
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