Die Macht des Trotzes: Nutzt es der AfD, wenn man gegen sie demonstriert?
„Ihr werdet uns nur noch stärker machen!“, triumphiert die AfD angesichts der aktuellen Demonstrationen. Höchste Zeit, diese Argumentation unter die Lupe zu nehmen.
Im Science-Fiction-Film „Das fünfte Element“ von 1997 rast eine riesige Kugel auf die Erde zu. Beschießt man sie mit ein paar Raketen, wächst sie ein wenig. Feuert man viele, wächst sie sogar stark. Gegenwehr macht die Bedrohung, das namenlose Böse bloß noch stärker.
Dieser Tage verhalten sich einige politische Kommentatoren und nicht wenige Mitbürger so, als würde es sich mit der AfD ähnlich verhalten. Jeder Angriff lasse sie wachsen, jede prodemokratische Demo gebe ihr mehr Kraft. „Ihr werdet uns nur noch stärker machen!“, triumphiert AfD-Politikerin Beatrix von Storch auf Twitter. Und Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt höhnt auf seinem Nachrichtenportal „Nius“: „Diese Demos stärken nicht die Demokratie, sondern die AfD“.
Höchste Zeit, diese Argumentation unter die Lupe zu nehmen. Und sie zu entlarven als das, was sie ist: Propaganda. Propaganda und mehr nicht.
Demonstrationswelle ungekannter Ausmaße
Fakt ist: Die AfD erlebt in den letzten Monaten, was ihre Umfragewerte angeht, einen Höhenflug. Umfragewerte sind keineswegs Wählerstimmen, dennoch: Bundesweit steht die rechtsextreme Partei bei etwa 20 Prozent, eine Verdopplung seit der letzten Bundestagswahl. Im Osten könnte sie bei den Landtagswahlen dieses Jahr besonders gut abschneiden.
Mit Betonung auf „könnte“.
(S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Denn gleichzeitig erleben wir die größten Demonstrationen gegen Rechts in der Geschichte der Bundesrepublik (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Mittlerweile hat sich, über Wochen, eine regelrechte Bürgerbewegung etabliert. Es gab hunderte Demos, in Kleinstädten wie in Großstädten, im Osten wie im Westen (und im Norden wie im Süden) – bundesweit eben. Einige Veranstaltungen wurden abgesagt wegen Überfüllung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Und viele weitere stehen an. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Man kann von einer historischen Demonstrationswelle ungekannter Ausmaße sprechen. Gegen rechts, für die Demokratie. „Die Brandmauer sind wir.“ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Was macht diese Demowelle mit der AfD? Das Böse, wächst es wirklich unter Beschuss?
https://www.youtube.com/watch?v=N0BkjvUOtX4 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Geht es nach dem Narrativ der Rechtsextremen und ihrer Wähler, tragen die Demos zur „Herkules-isierung“ ihrer Partei bei. Ganz nach dem Motto: Eure Proteste sind unsere Steroide.
Doch zwischen Wahrheit und gefühlter Wahrheit liegen Welten.
Wer sich aufplustert, fühlt sich in Wahrheit oft klein
Repräsentative Umfragen zeigen es: Bei der AfD sehen wir den größten Einbruch bei den Werten seit zwei Jahren. Mehrere Umfragen sehen die Partei auch bereits unterhalb der Marke von 20 Prozent (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) – nicht zuletzt wegen der Demos. Klar, auch das sind bloß Umfragewerte und sie befinden sich mit wenigen Prozent noch komplett im statistischen Schwankungsbereich – die Kräftigungsthese unterstützen sie allerdings nicht.
Warum sollte auch das allgemeine Renommee einer Partei steigen, die wochenlang gesamtgesellschaftlich kritisiert wird?
(S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Ein beliebtes Mittel der Propaganda: Verschwörungserzählungen.
Wenig souverän wirken die Versuche der AfD-Spitze, die beeindruckende Zahl der Demonstrationsteilnehmer mittels Verschwörungserzählungen kleinzureden. Mickrig die Versuche der Partei, die Proteste für Menschenrechte und Gleichberechtigung kleinzureden als „letztes Aufgebot“. Als stünde eine rechte Machtergreifung unweigerlich im Raum.
Wer sich derart aufplustert, fühlt sich in Wahrheit oft klein. Größenwahn ist die Verteidigung der Mikro-Egos (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Wer nach außen stolziert, läuft zu Hause gebückt.
„Die AfD zeigt sich hoch verunsichert durch diese Demonstrationen.”
- Matthias Quent (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Soziologe
Matthias Quent, Soziologe und Professor am Institut für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal, fasst die Situation für die „Tagesschau“ wie folgt zusammen:
Keine Brandmauer, aber eine Paywall. Wenn du weiterlesen willst, unterstütze mein Schreiben bitte durch ein Abo ⬇️
Zu den Paketen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Déjà membre ? Connexion (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)