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Süße Jungs sind toxisch

Dich erwartet eine neue Ausgabe des GOFIZINES, in der ich Dir zeige, was sich Neues im Cobains Erben WebMag getan hat. In dieser Woche geht es um lauter schöne (und weniger schöne) Texte - zuerst von der Schauspielerin Megan Fox, über die wir in der neuen Podcastfolge gesprochen haben, und dann von Micha Kunze, Konstantin Stawenow und Jasmin Brückner. Außerdem präsentiere ich Dir zur Abwechslung einen Song von mir.

Apropos ‘mir’: Du hast vielleicht gemerkt, dass sich der Schwerpunkt des GOFIZINES ein wenig verschoben hat. Wenn ich Dir in der Vergangenheit immer wieder auch persönliche Eindrücke vermittelt habe, so konzentriere ich mich inzwischen stärker auf das Cobains Erben WebMag und dessen Inhalte.

Ich mache das deshalb so, weil es bereits einen persönlicheren Newsletter von mir gibt: das GOFIGRAMM: Hier schildere ich jeden Montag, worüber ich persönlich nachdenke, was mich bewegt, ärgert und freut. Solltest Du Dich für diese Inhalte stärker interessieren, als für die Beiträge des WebMags, dann empfehle ich Dir, das GOFIGRAMM zu abonnieren (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Süße Jungs sind toxisch - Wir lesen Megan Fox

Wir geben es zu: Wir haben nicht sehr viel erwartet, als wir uns entschieden, über die Gedichte der Schauspielerin Megan Fox zu sprechen. Warum? Weil wir vielleicht misogyne Arschlöcher sind? Ja, vielleicht. Aber auch, weil uns die Filme, in denen sie mitspielt, nicht besonders umgehauen haben oder noch nicht einmal bekannt waren. Und überhaupt, worüber will eine schöne, reiche, Frau denn schreiben?

Und dann? Haben sie uns umgehauen, diese Texte über Frauenhass, Missbrauch und männliches Alpha-Verhalten. Megan Fox nimmt kein Blatt vor den Mund, reibt uns die hässliche Wirklichkeit ins Gesicht. Und wir können gar nicht anders, als als Männer über uns selbst nachzudenken, über das Patriarchat, Schwanzvergleiche und Geschlechterrollenklischees.

Falls Du in der Vergangenheit Missbrauch durch andere erdulden musstest, könnte es besser sein, diese Folge nicht zu hören. Denn die Gedichte sind nichts für Zartbesaitete. Anderseits können sie aber auch befreiend wirken, weil sie das aussprechen, was man sich vielleicht selbst nicht zu sagen traut.

00:00:00.00 Rote-Teppich-Dame?
00:26:23.24 I'm not sure that God agrees & Lilith
00:44:31.05 Fatality
00:58:43.07 I would die for y- oh, j/k lol

Micha Kunze: Irgendwas ist immer

https://www.youtube.com/watch?v=8087v0n4nCU (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Komm, lass noch mal die Dias holen.
Auch wenn‘s die schon nicht mehr gab, als wir noch jung waren.
Wirf den Projektor noch mal an,
und lass die Dinge jetzt verstehen, die wir verkannt haben.
Auch wenn wir die längst verbrannt haben.

Lass mal nicht von heute reden,
wenn’s nichts Richtiges zu reden gibt.
Das wird wie damals, haben sie gesagt,
obwohl’s viel weniger zu leben gibt.
Dann eben nicht.

Da ist ein Schimmer von „lass alles andere Mal draußen“.
Wer hat gesagt: „Es gibt nur uns und das genügt“?
Zwischen Lachen finden Tränen ihren Platz
in einer Zeit, wo’s keine Räume gibt.

Ich sag dir noch mal, dass alles gut wird.
Doch das sag ich vor allem zu mir selbst.
Und das macht’s irgendwie noch schlimmer.
Irgendwas ist immer.

Die Welt hat nicht danach gefragt,
lass uns Gedichte schreiben,
um uns selbst zu verstehen,
doch auf den leeren Seiten
dokumentier’n wir Scheitern.

Was soll man machen.
Komm lass die Glut in der Tonne neu entfachen.
Einfach um zu sehen, was dann passiert.
Kostet nur ein halbes Leben
zu kapieren,
dass dort nur Schnee drin liegt.

Komm lass, auch wenn das alles
keinen Sinn mehr macht
noch ‘n kleines bisschen graben.
Vielleicht kommt nach paar Metern ja etwas,
das noch Bestand hat.
Irgendwie ‘ne Art Erkenntnis,
die ich noch nicht gekannt hab.

Ich sag dir noch mal, dass alles gut wird.
Doch das sag ich vor allem zu mir selbst.
Und das macht’s irgendwie noch schlimmer.
Irgendwas ist immer.

Komm lass die alten Zimmer,
in denen wir groß geworden sind besuchen.
Und verstehen, dass wir heut anders sind.
Und dann vergessen,
dass der Blick ins Gestern
eh nichts bringt.

Ey lass im Keller deiner Eltern
noch mal schlechte Filme schauen.
Bis wir müde werden, auch wenn das heute nur paar Stunden sind.
Auf dem alten Sofa noch ‘ne Runde ziehen,
Eistee im Tetrapack, Tonic und Gin.

Lass kurz erinnern
wie es war,
damit wir seh’n was wir jetzt brauchen.
Unser Tabak ist aus Dynamit.
Wir drehen ihn ein, gehen unsere Pläne rauchen,
bis daraus irgendwann mal Glut wird.

Ich sag dir noch mal, dass alles gut wird.
Doch das sag ich vor allem zu mir selbst.
Und das macht’s irgendwie noch schlimmer.
Irgendwas ist immer.

Bitte gib mir noch einen Moment,
ich komm‘ gerade nicht mehr mit.
Das tut mir leid.
Wollte immer über Dingen stehen,
aber ich bin nicht soweit.
Aber es wär an der Zeit.

Lass mich n‘ kleinen Augenblick
noch ein bisschen kämpfen,
das wird mir alles grad zu viel.
Halt meinen Kopf an.
Mein Fühlen kommt nicht hinterher.
Jemand sagt, dass das schon wieder wird,
aber das stimmt nicht mehr.

Tausend Mal drüber gesprochen
aber Veränderung ist Teer.
Wie lang ist’s her,
als mal nichts war?
Steh mit Granitfüßen da
und schau von unten auf das Meer.

Ich sag dir noch mal, dass alles gut wird.
Doch das sag ich vor allem zu mir selbst.
Und das macht’s irgendwie noch schlimmer.
Irgendwas ist immer.

Fühlt sich an wie der letzte Akt.
Noch mal Luft holen,
dann geht’s hinab.
Zwischen erinnern was ich eigentlich hab
und was ich eigentlich brauch.
Komm zum Luftholen rauf,
aber das Wasser brennt.
Fühlt sich alles so falsch an,
wenn man zu viel fühlt
im falschen Moment.

Die Schwerkraft irgendwie doppelt so stark.
Meine Schreie prallen an meinen Mund.
Und alles ist plötzlich so schwer,
atme Wasser wie Luft,
und steh auf dem Grund.

Manche schlucken bittere Pillen,
morgens rot und abends blau.
Hab die Farben verwechselt,
meine Gedanken bleiben grau.
Meine Gedanken bleiben schwarz,
manchmal bleiben sie auch aus.
Hier unten ist es still und kalt.
Hier unten bin ich zu Zuhaus‘.

Paar Sachen werden gut
Ein paar werden nur schlimmer
Dreh die Schallplatte um
Irgendwas ist immer.

Dreh die Schallplatte um
Irgendwas ist immer.

Bald wieder besser, nicht schlimmer.
Irgendwas ist immer.

Konstantin Stawenow: Streuobstwiesenpassion

1
im Winter mit den Äpfeln sprechen
denen die noch stehen
über die rote Haut fahren
ihnen Wärme schenken
ihren kleinen Riffeln nachgehen
den Unberührten und Gefallenen
die Jahresringe hinabsteigen
zwischen all dem Schnee
erfrorenen Gräsern und Aufgefressenem
sich die Füße küssen lassen
um dann wieder über den Zaun zu steigen
die Streuobstwiese zu verlassen
nur die weiße Amsel bleibt zurück
und baut dem Apfelbaum ein Nest
legt fünf Eier hinein
die Pächter vom Gärtner zu unterscheiden
ihn zu erkennen an der Zeit sie an der Eile
ihn an der Leiter sie an der Säge
ihn an den Händen sie an den Nägeln

2
was bleibt uns außer der Acht
was bleibt uns beim Wachen
beim Wachsen beim Loben beim Knien
vor der o! so heiligen Apfelpresse
beim Preisgeben beim Aufgeben unserer Kerngehäuse
beim Verhängen unserer schrumpelnden Schalen
beim Schauen auf Äste an denen man wächst
beim Übermalen gelber und grüner Flecken
bei der Suche nach Halt den es am Boden nicht geben soll
was bleibt uns außer den Fragen nach den Schlupflöchern
in Händen und Füßen was mit den Würmern ist ob der Gärtner
wirklich aussortiert und ob der alte Zaun noch steht

3
frage danach ob Sprache sprich Farbe sprich Form
sprich Herkunft ein Hindernis ist ob Sprenkel notwendig sind
oder ob auch andere Muster verlangt werden könnten
ob das Etikett beim Waschen den Kleber flieht
und ob Zweige und Gabelungen von Bedeutung sein werden
und frage danach ob sich Veredelungen
als Vorteil oder als Nachteil erweisen werden
ob das Verstehen der Vorgaben Pflicht oder freiwillig ist
und ob Klarheit als Merkmal abgelegt werden darf
und Trübe nicht immer fehl am Platz
und ob schweigendes Auslassen verboten
auch wenn die Ernte kurz bevorsteht
denn sind angesichts des Wetters Stiefel
nicht weit eher angebracht und Handschuhe ganz praktisch
aber ignorieren wir hier nicht die Wege
die durch den Garten führen sich nicht nur am Zaun halten
dabei machen sie doch letztendlich eine Streuobstwiese aus

4
diese Trampelpfade auf die wir fallen dank schwacher Punkte
und starker Winde und dem das wir Zeit nennen
liegen sie nicht da wo niemand geht außer denen
die unsere besonderen Orte kennen und wer kennt die schon
und weiß wo man warten muss

(Zuerst erschienen in: Nagelprobe 40, Allitera Verlag)

Jasmin Brückner: Feigen

Eine Realität wird zur Geschichte,
wenn nacherzählt.
Eine Geschichte wird dann real,
wenn ausgesprochen.

Ich schweige.

Ich erzähle.

Ich spreche aus.

Schweige.

Lass eine Pause.

Spreche weiter.

Und vom Balkon aus

betrachte ich die Feigenblätter

jetzt nur noch aus der Entfernung.

Ich erzähle mir meine Geschichte.

Ich schneide mich nicht mehr an ihren Scherben.

Alles wird gut gewesen sein.

Gofi Müller: Irgendwas ist immer

https://soundcloud.com/gofi-m-ller/04-irgendwas-ist-immer?utm_source=clipboard&utm_medium=text&utm_campaign=social_sharing (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

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