Monday Motivation #10
Weniger, aber besser
Was passiert in einer Behörde, wenn es eigentlich nichts mehr zu tun gibt? Diese Frage stellte sich Cyril Northcote Parkinson und sein Gegenstand der Untersuchung war das britische Kolonialamt, eine eigenständige Abteilung der britischen Administration, die von 1854 bis 1966 für die Verwaltung der britischen Kolonien zuständig war. Parkinson stellte fest, dass die Anzahl der Beamten dieses Kolonialamt unabhängig von der vorhandenen Arbeit wuchs. Die meisten Beamten hatte dieses Amt, als es 1968 mangels zu verwaltender Kolonien in das Außenministerium integriert wurde. Die Institution war wenig produktiv, aber trotzdem sehr beschäftigt – offenbar vor allem mit sich selbst. Daraus folgerte Parkinson sein Gesetz zum Wachstum der Bürokratie (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre): "Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht."
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann. Dieser von Antoine de Saint-Exupéry formulierte Anspruch scheint in der öffentlichen Verwaltung ebenso wie in großen Konzernen noch nicht ganz erreicht zu sein – vorsichtig formuliert. Woran liegt es aber, dass die Regeln immer mehr und die Prozesse immer komplizierter werden? Vielleicht gibt den Ausschlag ja unsere unbewusste Neigung, bevorzugt Lösungen durch Hinzufügen zu suchen, anstatt das Problem durch Weglassen zu lösen. Das jedenfalls legen die in Nature veröffentlichten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Forschungsergebnisse von (Adams et al., 2021) nahe.
In einem Experiment hatten Teilnehmer die Aufgabe, die Stabilität einer Lego-Struktur (s. Bild) so zu verbessern, dass am Ende das Dach einen Ziegelstein tragen würde. Die Teilnehmer würden bei Erfolg einen Dollar bekommen, aber jeder zusätzlich verwendete Legostein kostete 10 Cent. Da das Dach anfangs auf einem einzelnen kleinen Stein deutlich außerhalb des Schwerpunkts ruhte, fügten die meisten Teilnehmer einfach weitere Steine hinzu, um das Dach zu stabilisieren. Viel einfacher und gewinnbringender wäre es allerdings gewesen, den einzelnen Stein am Rand des Dachs einfach zu entfernen und es dadurch stabil auf dem Rest der Struktur aufliegen zu lassen.
Das Weglassen scheint uns nicht besonders zu liegen. Lieber machen wir mehr desselben und wenn das nicht hilft, dann eben noch mehr. „Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen“, stellte Mark Twain pointiert fest. Diese Neigung kombiniert mit deutscher Gründlichkeit erklärt dann auch die umfangreiche deutsche Steuergesetzgebung und fein ziselierte Reisekostenrichtlinien in DAX-Konzernen.
Weniger, aber besser. Mit diesem Motto von Dieter Rams (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) wünsche ich Dir einen guten Start in eine erfolgreiche Woche!
Kill a stupid rule today!
Marcus
Literatur
Adams, G. S., Converse, B. A., Hales, A. H., & Klotz, L. E. (2021). People systematically overlook subtractive changes. Nature, 592(7853), 258–261. https://doi.org/10.1038/s41586-021-03380-y (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Meyvis, T., & Yoon, H. (2021). Adding is favoured over subtracting in problem solving. Nature, 592(7853), 189 – 190. https://doi.org/10.1038/d41586-021 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) – 00592‑0 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) (PDF (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre))
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