Paket für Dich
Es ist wieder Mittwoch, du liest die Flausenpost (früher Gluecksnotizen) mit liebevollen Botschaften, Märchen und kurzen Geschichten die gut tun.
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Guten Abend
langsam wird es kälter draußen und ich hab heute Morgen zum ersten Mal wieder eine Mütze getragen.
Und passend dazu folgt die Mittwochsgeschichte.
Viel Spaß beim Lesen.
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Ein Brief von der Hutmacherin
Frau Vielzutun sah die Paketbotin stirnrunzelnd an und nahm das große Paket entgegen.
Von der Hutmacherein, stand drauf. Nanu.
Sie erinnerte sich an den Tag vor 2 Wochen, als sie durch die altmodische, verschnörkelte Tür des Hutladens getreten war. Ein Glöckchen hatte leise gebimmelt.
Sie war durch den Raum gegangen, hatte entschuldigend gelächelt und gefragt:
„Können sie den flicken?“, Dann hatte sie der Hutmacherin ihren staubigen, fettigen, angemalten, geflickten und in die Jahre gekommenen Hut auf die Theke gelegt.
Die Hutmacherin hatte bei seinem Anblick säuerlich drein geschaut.
„Was haben sie denn mit dem gemacht?“ hatte sie entgeistert gefragt.
„Es muss einfach alles drunter passen, wissen Sie?“ hatte Frau Vielzutun geantwortet und war ein wenig rot geworden.
Und dann hatte sie alles aufgezählt.
Ihre Arbeit in der Autowerkstatt und Abends noch das Putzen in dem großen Bürohaus.
Ihre Kinder, die sie über alles liebte, die ihr aber manchmal den letzten Nerv raubten.
Auch der struppige Hund, den sie adoptiert hatten durfte nicht zu kurz kommen.
Dann gab es noch den Garten, in dem die Kinder und der Hund spielen konnten. Der wollte gehegt und gepflegt werden.
Sie hatte leise geseufzt.
„Und wenn dann noch Zeit bleibt“, hatte sie hinzugefügt: „Dann spiele ich im Orchester die Trompete“
Die Hutmacherin hatte sie mit großen Augen angesehen, „Da muss er wirklich viel aushalten, ihr Hut“.
„Kriegen sie ihn wieder hin?“
Die Hutmacherin hatte sie lange angesehen und dann gesagt: „Ich schau was sich tun lässt.“
Das war vor zwei Wochen gewesen und jetzt blickte Frau Vielzutun auf das Paket.
Sie öffnete es und schlug sich vor Überraschung die Hand an die Stirn, fast so als wolle sie gleich in Ohnmacht fallen.
In der Kiste lag nicht etwa ihr alter, geflickter Hut, nein. Es lagen sage und schreibe fünf nigelnagelneue Hüte darin.
Der erste war eine praktische Schirmmütze. Die war ja perfekt für die Arbeit, dachte Frau Vielzutun.
Als zweites zog sie ein geblümtes Hütchen heraus. Sehr praktisch, sehr schlicht, mit bunten, fröhlichen Blumen bestickt. Frau Vielzutun sah sich schon damit im Park Verstecken mit den Kindern spielen.
Eine Mütze, die sich in ihren Händen warm und flauschig anfühlte, erinnerte sie an die abendlichen Hundespaziergänge. Oh, damit würden ihre Ohren schön warm bleiben, während Struppi über die Wiesen sprang.
Der nächste Hut, ein Strohhut war wie geschaffen für Gartenarbeiten in praller Sonne,
und dann lag da dieser schicke, schwarze, glänzende Damenzylinder.
Frau Vielzutun strich ehrfürchtig über den Stoff.
Sie wusste genau wann sie den aufsetzen würde...
Sie hob ihn hoch und ein Zettel fiel aus der Schachtel.
Darin stand:
Sehr geehrte Frau Vielzutun,
ich hoffe Sie nehmen mir das nicht krumm, ich konnte es nicht übers Herz bringen, Ihnen ihren alten Hut zurück zu schicken und möchte ihnen stattdessen sagen:
Man muss nicht alles unter einen Hut bekommen.
Stattdessen können Sie wählen, welche Rolle sie spielen und welchen Hut sie wann aufhaben. Und wie bei allen Kopfbedeckungen ist es sehr, sehr wichtig, sich ab und an eine Pause zu gönnen, mal Luft an die Ohren zu lassen und den Hut abzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Die Hutmacherin
Frau Vielzutun wackelte mit einem Ohr. Wie wahr diese Worte doch waren und wie selten sie doch jemand aussprach.
2024, Anna Voge
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Ich schick dir herzliche Grüße, und setz für heute den Hut ab.
Alles Liebe Anna
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https://zughafen.de/event/kreativmarkt-2/ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Ich würde mich sehr freuen :)