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“Hilfe, mein Kind unterdrückt seine Tränen!”

Dear Rebels with Kids,

kürzlich hat mich die Nachricht einer Mutter erreicht, die an ihrem kleinen Sohn gerade eine Veränderung bemerkt; Plötzlich unterdrückt er in der Öffentlichkeit immer seine Tränen, wenn er eigentlich weinen möchte - ist das schon ein erstes Zeichen dafür, dass er seine Gefühle abwertet und bald den Zugang zu ihnen verlieren wird? In diesem Newsletter geht’s also um Verletzlichkeit und um ihre Bedeutung für alle Kinder - aber besonders für Jungen, denen immer noch all zu oft gesagt wird, dass sie keine Schwäche zeigen dürfen.

Außerdem erwartet euch ein Interview mit der fabelhaften Bianka Thielcke, Finanzcoachin und allein- bzw- getrennterziehenden Mutter. Ich habe sie gefragt, was sie als Alleinerziehende aufgegeben hat, welche einfachen und doch wirksamen Geld-Tipps sie unbedingt mit uns teilen will und mit welchen Lifehacks sie in ihrem Alltag am meisten Zeit und Kraft spart. Und wie immer erwarten euch ein paar News, persönliche Updates, Termine und Tipps.

Dann mal los

Ich mache ähnliche Erfahrungen wie die Mutter, die mir kürzlich eine Nachricht geschrieben hat; Auch ich beobachte, wie mein Sohn im Grundschulalter seine Tränen plötzlich wegdrückt, weil er sich schämt vor seinen Freunden zu weinen - da scheint es einen gewissen Druck zu geben. Die eigenen Gefühle als Schwäche zu sehen, ist ein typisches Ergebnis der männlichen Sozialisation – Jungen lernen, dass sie stark sein müssen. Aber auch Mädchen unterdrücken ihre Gefühle, vor allem Wut wird bei ihnen weniger geduldet. Denn sie sollen ja das zarte Geschlecht sein.

Im Kontrast dazu konnten wir in diesem Monat miterleben, dass es doch auch anders gehen kann: Guz Walz, der Sohn des Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Walz, brach während einer Rede seines Vaters spontan in Tränen aus (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), stand auf, deutete auf Tim Walz und rief: „Ich liebe dich, Dad! Das ist mein Vater!“. Diese Szene ist nicht nur herzerwärmend, sondern bricht auch mit der männlichen Geschlechterrolle - denn Guz hat der Welt völlig unerschrocken gezeigt, dass es in Ordnung ist, öffentlich zu weinen. Warum ist er so cool? Wurde er so anders erzogen? Vermutlich nicht. Wir müssen uns die verschiedenen Kontexte vor Augen halten.

Manche Tränen sind akzeptierter als andere

Ja, vermutlich wurde Guz Walz progressiv erzogen, denn sein Vater scheint nach allem, was ich über ihn gelesen habe, wirklich feministisch engagiert zu sein - er mag also durchaus ein progressives Vorbild für seinen Sohn sein. Aber: 1. Guz Walz ist 17 Jahre alt und wir erinnern uns aus dem letzten Newsletter, dass kleinere Kinder sich noch viel deutlicher an den vorgegebenen Geschlechterrollen orientieren als ältere, die dann schon langsam wieder ausdifferenzieren. Das heißt, dass mein Kind und das Kind der Mutter, die mir geschrieben hat, aktuell noch stärker unter Druck stehen.

Und 2. weint Guz Walz vor Stolz und Freude - ob er auch öffentlich weinen würde, wenn sein Vater die Wahl verliert? Mag sein, ich kenne ihn ja nicht. Aber es ist weniger wahrscheinlich. Denn wenn wir scheitern und aus Trauer weinen, dann kickt die Scham deutlich stärker als wenn wir feiern. Und kleinere Kinder weinen häufig aus Trauer oder Unbehagen. In diesen Momenten fühlen sie sich oft hilflos - wo soll da die Stärke herkommen, aufzustehen und sich der Welt zu zeigen? Und ja, trotzdem kann es uns Sorgen machen, wenn wir merken, dass sich unsere Kinder emotional verschließen.

Gender Cry Gap

Eine Studie (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) von Augenärzt*innen zeigt, dass Frauen bis zu 64-mal im Jahr weinen, Männer höchstens 17-mal. Die Mediziner*innen stellten allerdings fest, dass sich der – ich nenne ihn mal – Gender Cry Gap erst nach der Kindheit herausbildet, denn kleine Jungen weinen noch genauso oft wie Mädchen. Es hat also durchaus auch etwas mit Erziehung zutun.

Was also das Umfeld unserer Kinder verstehen muss: Verletzlichkeit ist menschlich. “Für einige Jungen kann der ständige von den Freunden und der Gesellschaft ausgehende Druck, ihre Traurigkeit, Scham und Frustration zu unterdrücken, zu einer emotionalen Zwangsjacke werden, die ihre geistige Gesundheit und Beziehungsfähigkeit bedroht”, schreibt die US-Neurobiologin Lise Eliot in Wie verschieden sind sie? (2009, S.397). Und: “Diesen kompromisslosen Verhaltenskodex der Gefühlsunterdrückung hat man für viele Verhaltensprobleme von Jungen - unter anderem Gewalttätigkeit, Alkohol- und Drogenmissbrauch - verantwortlich gemacht.”

“Jungen brauchen mehr Freiheit, ihre Gefühle auszudrücken, und ihre emotionale Intelligenz muss von Eltern und Lehrern gefördert werden”.

- Lise Eliot in Wie verschieden sind Sie?

Wenn Kinder in der Lage sind, ihre Gefühle auszudrücken, ermutigen sie auch andere dazu, dasselbe zu tun. Wie gesundheitsfördernd das für alle wäre, zeigt die Resilienzforschung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre); Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem alle Gefühle akzeptiert werden, sind resilienter. Sie entwickeln ein gesünderes emotionales Wohlbefinden, weniger psychische Störungen und sind besser in der Lage, mit Herausforderungen umzugehen. Also: Wie können wir unsere Kinder dazu ermutigen, die eigene Verletzlichkeit anzuerkennen?

  1. Gemeinsam kritisch hinterfragen

Wir können einige Gelegenheiten nutzen, um über das Weinen aufzuklären. Bei einem Schulausflug etwa lief mein Sohn neben zwei Jungen aus seiner Klasse und der eine sagte zum anderen: “Bei deinem Unfall letztens, hast du da eigentlich geweint? Wenn du nicht geweint hast, dann bist du mein Brudi” - “Ich habe nicht geweint”, sagte der andere. Und natürlich musste ich da einhaken, ich sagte: “Aber warum wäre er denn nicht dein Brudi, wenn er geweint hätte?”, und so richtig beantworten konnte er mir die Frage nicht. Am Ende sagte er nur: “Weinen ist halt nicht stark”.

Ich erzählte ihm dann, dass Weinen eine menschliche Superpower ist, denn kein anderes Tier kann durch die Augen Wasser lassen. “Und wisst ihr, wozu wir das tun?” - “Damit wir dann erleichtert sind?”, sagte einer von ihnen. Und der andere: “Weil man dann getröstet wird”. Et voilà, die Kinder kamen auf zwei sehr gute Antworten, die erklärten, wie nützlich Tränen sein können.

  1. Safe Space & Action-Love

Wichtig ist auch, dass wir unsere Kinder nicht noch mehr unter Druck setzen - nach dem Motto: “Jetzt weine doch !!!”. Wenn sie sich in bestimmten Umgebungen nicht sicher fühlen, dann haben sie dafür auch Gründe. Daher: Safe Space schaffen – einen Raum, in dem Kinder fühlen und ausdrücken dürfen, was sie empfinden. Dort können wir aktiv nachfragen: „Wie hast du dich vorhin gefühlt?“ oder „Was ist dir durch den Kopf gegangen?“.

Aber nicht immer klappt ein “Wie war dein Tag” beim Abendessen; “[…] klinische Psychologen empfehlen Action-Love - handlungsorientierte Beziehungen - als das geeignetste Mittel, um Bindung zu Jungen herzustellen”, schreibt Lise Eliot in Wie verschieden sind sie?. Action-Love bedeutet, dass man “gemeinsame, vorzugsweise bewegungsintensive Aktivitäten” nutzen könne, etwa ein Fangenspiel, eine Autofahrt, einen Spaziergang zum Supermarkt - das könne Jungen besser helfen, sich zu öffnen.

An einem Nachmittag, als ich meinen Sohn aus dem Hort abholen wollte, da sah ich die Tränen schon beim Ankommen in seinen Augen und sagte nur: “Ich will dir da drüben kurz etwas zeigen, magst du mal mitkommen?”, und als wir weit genug von seinen Freunden weg waren, brach es aus ihm heraus. Er sagte, dass er nicht wisse, warum er jetzt weinen muss und dass er das doch gar nicht wolle. “Ich verstehe, dass es dir gerade unangenehm ist, vor deinen Freunden zu weinen, gerade, weil du selbst nicht weißt, was eigentlich los ist. Aber irgendetwas scheint sich ja gelöst zu haben. Was es genau ist, können wir gerne später herausfinden”.

Er wischte sich die Tränen weg, atmete tief durch und dann verabschiedeten wir uns ganz normal von seinen Freunden. Später, auf dem Nachhauseweg, sprachen wir dann über seinen Tag und fanden heraus, dass er sich in einer Sache, die seine Freundesdynamik betrifft, einfach hilflos fühlte und das kam hoch, als er mich wiedersah - weil ich sein Safe Space bin und das ist doch ein Kompliment. So haben wir also einfach später Klarheit über seine Gefühle geschaffen und machten uns daran, seine Situation zu verbessern.

Weitere schnelle Tipps:

  • Offene Kommunikation: Ermutigen, über Gefühle zu sprechen.

  • Vorbilder: Zeigen, wie Verletzlichkeit in eurem Leben Stärke ist.

  • Emotionale Intelligenz: Lehren, Emotionen zu erkennen und zu akzeptieren.

  • Empathie fördern: Anderen bei ihren Gefühlen helfen, um eigene Verletzlichkeit zu verstehen.

  • Alltagsgespräche: Beim Abendessen oder im Auto über Gefühle sprechen.

  • Bücher lesen: Geschichten lesen, die Verletzlichkeit adressieren.

  • Familienrituale: Regelmäßige Check-ins über Gefühle und Erlebnisse.

  • Geduld haben: Verständnis zeigen und Druck vermeiden.

  • Alternative Ansätze: Indirekte Gespräche über Emotionen in lockerer Form führen.

  • Interessen nutzen: Verbindung durch Hobbys oder Sport suchen.

  • Vorbild sein: Eigene Verletzlichkeit im Alltag zeigen.

  • Offen bleiben: Gelegenheiten schaffen, ohne Zwang.

  • Freundeskreis einbeziehen: Gespräche mit Freunden oder Vertrauten unterstützen.

  • Professionelle Hilfe: Bei anhaltender Ablehnung professionelle Beratung in Erwägung ziehen.

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Kommen wir zu den News!

Schön ist, dass der Bund trotz knappem Haushalt wieder in die Kita-Qualität investiert (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), aber über 400.000 Kita-Plätze fehlen trotzdem noch - also hier zählt durchaus auch die Quantität:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/bundeskabinett-beschliesst-entwurf-fuer-weiterentwickeltes-kita-qualitaetsgesetz--243248 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Das find ich auch wichtig: Der Jahresbericht von Jungendschutz.net (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) ist da und zeigt, dass die Gefahren für Kinder im Netz zunehmen; Es geht um Hass, Hetze, Desinformation und vermehrt gesundheitsgefährdende Inhalte. In Zukunft könnte der Jugendschutz für entsprechende Inhalte greifen, indem eine Gesichtserkennung das Alter unserer Kinder schätzt.

Inspiration im Juli mit: Bianka Thielcke (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Ich stelle drei Fragen, Allein- bzw. Getrennterziehende geben inspirierende, ermutigende Antworten.

Ich bin seit 2020 in verschiedenen Ausprägungen getrennt-/ alleinerziehend. Seitdem habe ich viele Ansprüche anderer an mich, aber auch viele eigene Ansprüche gehen lassen.

Ein Satz, den ich vor ein paar Wochen auf der Mutter-Kind-Kur gehört habe: Sie müssen hier nicht von jedem Menschen gemocht werden. Das hat mich enorm befreit, denn auch ich bin manchmal noch zu viel People Pleaserin und versuche, bei Anderen für gute Stimmung zu sorgen - dabei ist das gar nicht meine Aufgabe. 

Ich liebe es, digital unterwegs zu sein und zahle hier in Berlin auch fast alles mit Karte. Wenn jemand jedoch auf jeden Euro angewiesen ist, würde ich immer auf Bargeld umsteigen und zumindest die Haushaltskosten (Supermarkt, Drogerie, Essen bestellen) bar bezahlen. Hierfür würde ich mir ein Wochenbudget abheben und mich auch wirklich daran halten. Ein ziemlicher Gamechanger fürs Konsumverhalten - und für deinen Kontostand, denn so siehst du viel besser, wie viel Geld du wirklich ausgibst.

Für Kinderkosten hat sich bei uns ein Kinderkonto als super praktisch erwiesen: Ans Einkommen angepasste Beträge von beiden Eltern sowie das Kindergeld fließen hierauf. Beide Eltern haben mittels Girokarte, aber auch Paypal-Verknüpfung Zugriff darauf. So können Ausgaben ohne Rechtfertigung nachvollzogen werden und auch z.B. Dinge online bestellt werden, ohne dass im Nachhinein aufwändig verrechnet und Geld hin und her geschoben werden muss.

Ich bin ein kleiner Nerd und liebe Technik, die mein Leben erleichtert. Deshalb setze ich auf wirklich gute, funktionierende Haushaltsgeräte.

Vor ein paar Tagen habe ich eine zweifache Mutter in Trennung kennengelernt, die gerade eine Wohnung einrichtet und eine Küche plant. Sie meinte, sie brauche keinen Geschirrspüler. Ich habe sie gefragt, wer momentan bei ihnen abwäscht. Antwort: Ihr (Noch)-Mann. Das hat sie nun doch ins Grübeln gebracht.

Ich finde es super wertvoll sich bewusst zu machen, welche Aufgaben man wirklich übernehmen muss, womit man es sich vielleicht unnötig schwer macht und wo man sich entsprechend Unterstützung holen darf. Ich liebe meinen extra leisen Geschirrspüler, meine 8kg Waschmaschine und aufgrund unserer kleinen Wohnung auch meinen Wäschetrockner. Und in meinem Kühlschrank mit großem Gefrierfach befinden sich immer Gute-Laune-Eis und Notfall-TK-Laugenstangen zum Aufbacken.

Danke, Bianka!

Bianka Thielcke ist Finanzmentorin für Frauen. Ihre Website findet ihr hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) - und übrigens hat auch sie einen Newsletter, schaut da mal vorbei!

Zack, zack! Ab zu den Quick-Tipps!

Der Zuckersüßverlag hat - passend zum Thema dieses Newsletters - kürzlich ein neues Kinderbuch herausgebracht, in dem es darum geht, dass auch Jungen selbstfürsorglich sein dürfen.

Und da samstags bei uns oft Bib-Tag ist (wir gehen in die Bibliothek unseres Bezirks), habe ich mir wieder ein paar Bücher ausgeliehen. Dieses hier verschlinge ich seitdem: Mein fremdes Kind - Wie wir die Computerspielsucht unseres Sohnes überwanden. Die Autorin Ulrike Wolpers ist Wissenschaftsjournalistin und ausgebildete Meeresbiologin. Ihr Sohn war 10 Jahre alt als er süchtig wurde - angefangen hatte alles mit Brawl Stars. Und da mein Sohn diese App seit Sommer auch auf dem Handy hat, war ich sofort gefesselt. Ich bin jetzt etwa bei der Hälfte und mein Sohn fragt mich immer wieder, wie es mit dem Jungen weiterging - wir tauschen uns also viel zum Thema aus. Er will Brawl Stars erstmal nicht mehr spielen, seitdem er weiß, wie das Game entwickelt wurde und welche Punkte es beim Menschen drückt. Aber es geht in dem Buch nicht darum, bestimmte Spiele zu tabuisieren, sondern darum, ein Gefühl für Gefahren und einen gesunde Umgang zu entwickeln - durch “kompetentes Zocken”. Wahnsinnig spannend geschrieben!

Das war’s schon wieder von meiner Seite. Wenn dir der Newsletter gefällt, dann sag’s gerne weiter! Und schreib mir bei Anmerkungen/Tipps/Terminen/Fragen gerne eine Mail assistenz@annedittmann.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder auf Insta.

Ich würde mich außerdem freuen, wenn du den Newsletter über Steady unterstützt. Schon der kleinste Betrag hilft mir, dieses Projekt weiter auszubauen.

Wir lesen uns Ende September wieder!

Deine Anne

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