Drei Bücher, ein Thema: Comics für Kinder

"Er/Sie liest ja NUR Comics": Was für ein öder Vorwurf von jenen Schiefgewickelten, die denken, Bücher mit wenig Text und vielen Bildern seien etwas für Faule oder Doofe oder doofe Faule. Das war schon zu Zeiten der (guten) Asterix-Comics falsch und ist heute noch viel falscher, denn seit einigen Jahren sind Comics wieder voll im Trend - für Ältere (die Graphic Novels), aber vor allem für Kinder. Und warum? Weil man mit wenig Text und vielen Bildern genauso wunderbare Geschichten erzählen kann wie mit viel Text und wenigen Bildern - nur mit dem Vorteil, dass auch die Kinder sie genießen können, die sich mit dem Lesen (oder der Motivation dazu) schwertun. Ich stelle euch drei Comics vor, aber die Auswahl ist mir so schwer gefallen, dass Kindercomics Teil 2 schon in Arbeit ist! Bis dahin vertreibt euch und den Kindern die Zeit doch mit Kiste, Zack oder Nika, Lotte und Mangold.

Patrick Wirbeleit, Uwe Heidschötter: Kiste

Kein Text über Kindercomics ohne ein Buch aus dem Reprodukt Verlag! Seit mehr als 30 Jahren veröffentlicht der kleine Verlag ausschließlich Comics für alle Altersstufen. Einer seiner Klassiker ist die Comic-Reihe "Kiste". Fünf Bände sind seit 2014 erschienen, dieses hier ist der erste. Er beginnt ganz harmlos mit einer Pappkiste, die Mattis vor dem Haus findet und mitnimmt, um damit seine Raumstation weiterzubauen. Womit Mattis nicht gerechnet hat: Die Kiste wird lebendig, ist begeistert von Mattis` Bastelidee, kramt Werkzeug aus ihrem Inneren und will mithelfen. Nun besitzt Mattis also eine Kiste, die für ihr Leben gern bastelt, allerdings zwei linke Hände hat. Er kommt mit dieser Erkenntnis einigermaßen klar - nicht jedoch seine Eltern: Sie erstarren bei Kistes Anblick und wachen nicht wieder auf. Nun muss Mattis zu Kistes altem Besitzer, dem Zauberer Tamäus Bartelstrunk, und ihn um Hilfe bitten...

Bei "Kiste" passt einfach so vieles: eine ausgefallene Idee, viel Witz und auch Spannung, nicht zu viel und nicht zu wenig Text und natürlich die charakteristischen Zeichnungen in bunten, aber gedeckten Farben. Manchmal sind nur zwei auf einer Seite, manchmal acht, das gibt eine schöne Abwechslung - und wie sich Kiste im Tesafilm verheddert oder der Zauberer sich von einer Schlange zum Mensch verwandelt: Das ist einfach richtig, richtig gute Comic-Kunst.

Reprodukt Verlag, ab 6 Jahren (zum Selbstlesen empfehle ich es eher ab 7 Jahren), 14 Euro.

Volker Schmitt, Màriam Ben-Arab: Zack!

Auch der noch recht junge Kibitz Verlag ist auf Kindercomics spezialisiert (und veröffentlicht im Juni einen "Kiste"-Kinderroman!). Bonny zieht mit ihren Eltern und ihrem Babybruder Max in ein altes Haus am Meer. In ihrer ersten Nacht im neuen, noch leeren Zuhause wird sie von einer Katze an den Strand gelockt. Dort findet sie einen rothaarigen Mann mit nur einem Bein, der sich an nichts erinnern kann. Ganz klar: Das muss ein Pirat sein! Allerdings ein ziemlich bedröppelter. Bonny übernimmt das Kommando, schnitzt ihm ein neues Holzbein, zimmert ein Floß und sticht dann mit Zack, wie sie ihn tauft, in See, um seine Mannschaft wiederzufinden. Es stellt sich heraus, dass Zack Opfer einer Meuterei geworden ist. Doch zum Glück hat er Bonny und die Katze, die ihm helfen, sein Schiff wiederzubekommen.

Dieses Buch ist nicht nur eine große Freude für Comic-Fans, sondern auch für alle, die Kinder gern vor dem einen oder anderen Klischee bewahren. Die kleine Bonny steckt nicht nur den matschigen Zack, sondern auch alle anderen Piraten in die Tasche. Sie hat außerdem einen hellhäutigen Papa und eine Schwarze Mama, die im Übrigen das Familienauto fährt, während der Papa das Baby füttert. In der Kinderbuchwelt sind solche Details leider immer noch viel zu selten.

Kibitz Verlag, ab 6 Jahren, 15 Euro.

Nika, Lotte, Mangold!

Auch der Rotopol Verlag legt bei seinen Büchern einen Schwerpunkt auf die grafische Umsetzung - ihr seht schon,es gibt inzwischen einige Comicspezialisten unter den Verlagen! Auch dieser Comic ist wie "Kiste" der erste Band einer Reihe; der dritte Band erscheint im Mai. Nika, Lotte und Mangold sind drei ganz unterschiedliche Freundinnen. In jeweils nur wenige Seiten kurzen Episoden erleben sie Abenteuer des Alltags: Sie springen (nicht) vom Fünfmeterbrett, entdecken beim Tennisballgolf einen Fahrradfriedhof im Wald, gewinnen (fast) beim Seifenkistenrennen und schlagen sich mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern herum. Die Bilder sind es, die dabei die Handlung vorantreiben; die vielen kurzen Satzfetzen begleiten die Szenen wie im echten Leben eben auch. Das Ergebnis ist so herrlich komisch, dass man das Buch zwar schon mit 7 Jahren lesen kann, aber auf gar keinen Fall damit aufhören sollte, wenn man älter wird.

Rotopol Verlag, ab 7 Jahren, 15 Euro.