Historische Abstimmungen, offene Briefe und ein gesunder Gegenpol
Liebe folker-Freundinnen und -Freunde,
am Mittwoch gab es eine in vielen Kommentaren als historisch betrachtete Abstimmung im deutschen Bundestag, in der zum ersten Mal seit Existenz der Bundesrepublik ein Antrag mit Stimmen einer Partei von Rechtsaußen durchgebracht wurde. Die Details dürften bekannt sein, und die Bewertungen fallen sehr unterschiedlich aus, vielerorts ist von „Tabubruch“ die Rede. In der ersten Umfrage danach vom gestrigen Donnerstag scheint sich nun anzudeuten, dass das Vorgehen von Friedrich Merz eher den aktuellen Regierungsparteien geholfen haben könnte als CDU/CSU oder FDP (siehe hier (Opens in a new window)).
Ebenfalls gestern veröffentlichten im Anschluss an die Demonstrationen Zehntausender gegen rechts vom vergangenen Wochenende und die Bundestagsabstimmung die Schauspieler:innen Luisa-Céline Gaffron und Jonathan Berlin einen offenen Brief (Opens in a new window) in der Onlineausgabe des Magazins Vogue aus dem Antrieb heraus, dass „jede:r von uns einen essenziellen Teil beitragen kann, um unsere Demokratie gegen faschistische Kräfte zu verteidigen“. Und fügten hinzu: „Gerade auch wir Künstler:innern müssen uns klarmachen, dass wir eine der ersten Branchen sind, die betroffen sind, wenn die AfD und rechtes Gedankengut an Macht gewinnen.“ Hunderte Kulturschaffende haben unterschrieben, darunter bekannte Namen wie Daniel Brühl, Anna Maria Mühe, Jürgen Vogel oder Katja Riemann, aber auch Musikschaffende aus dem folker-Spektrum wie etwa Sarah Lesch, Ezé Wendtoin oder Stoppok.
In Österreich kennt man Entwicklungen, wie sie sich gerade in der deutschen Politik abzeichnen, schon länger. Bereits zwischen 2000 und 2002 gingen die Menschen gegen die damalige Koalition der konservativen ÖVP und rechten FPÖ zu sogenannten Donnerstagsdemonstrationen auf die Straße. Diese wurden 2018 wieder aufgegriffen, als es eine erneute Zusammenarbeit der beiden Parteien unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache gab. Damals war auch die jüdische Wiener Musikerin und Aktivistin Isabel Frey mit auf der Straße und sang in einer um hochdeutsche Strophen erweiterten Fassung des bundistischen Protestsong-Klassikers „Daloy Politsey“ unter anderem: „Hey, Hey, nieder mit HC / Und nieder mit der neuen ÖVP!“ Und: „Wir wollen keine Grenzen und keinen Sicherheitsapparat / Und schon gar keinen protofaschistischen Ethnonationalstaat!“ Kurz und Strache sind inzwischen beide von der politischen Bildfläche verschwunden, aber der Geist wirkt auch in der Alpenrepublik weiter, weshalb Frey ihre Hymne womöglich textlich anpassen muss …
Für die bevorstehende Märzausgabe des folker widmen sie und die palästinensisch-stämmige Musikerin Nemat Battah sich in jeweiligen Gastbeiträgen jedoch erst einmal der schwierigen „Identitätsfindung in Zeiten des Konflikts“ im Hinblick auf die vergangenen und aktuellen Entwicklungen in und um Israel-Palästina. Und bei so viel „Ungesundem“, das gerade die Debatten beherrscht, ist es vielleicht ein guter Gegenpol, dass wir uns im Schwerpunkt desselben Heftes mit dem Thema „Musik und Gesundheit“ befassen. Dazu haben wir Fachleute befragt wie den Vorsitzenden der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft Lutz Neugebauer und die Generalsekretärin des Deutschen Musikrats Antje Valentin und stellen Musikschaffende vor, in deren Arbeit Gesundheitsförderung eine Rolle spielt, wie den Chor Heaven Can Wait, Sarah Straub oder Doro Heckelsmüller. Und die Musikmanagerin Stefanie Schuhmann schreibt über die Erfahrungen in ihrer täglichen Arbeit mit Musikschaffenden im Hinblick auf den Aspekt „mentale Gesundheit“.
Ihr dürft auf alle Fälle gespannt sein. In der Zwischenzeit viel Spaß mit neuen Beiträgen zum und aus dem Kosmos von Song, Folk & World und bis in zwei Wochen wieder
euer Team vom folker
(Foto: meinbunteswien; Archiv: Andrea Iven)
(Opens in a new window)Neu auf folker.world: zugabe
Song, Folk und World satirisch betrachtet – durch die Brille von Grafiker und Musiker Jürgen B. Wolff.
(Opens in a new window)James Mangold / Like A Complete Unknown
Like A Complete Unknown ist ein unterhaltsamer Film mit toller Musik und glänzenden schauspielerischen Leistungen. Es ist großes Kino, kein Dokumentarfilm. Denn wenn sich die Geschichte grundsätzlich in etwa so abgespielt haben dürfte, ist doch auch einiges verkürzt, zugespitzt oder gar verändert worden, um einen möglichst dichten, stimmigen Erzählfluss zu schaffen und die Kernaussage des Films zu garantieren. Und die lautet: Junger unbekannter Musiker kommt Anfang der Sechziger nach New York und verzückt sowohl die Fans als auch die führenden Köpfe des Folkrevivals.
(Opens in a new window)folker präsentiert: Rudolstadt-Festival 2025 nimmt Formen an / Ticketverkauf startet am 1. Februar
Vom 3. bis 6. Juli 2025 wird „Schillers heimlich Geliebte“, das thüringische Rudolstadt, knapp vierzig Kilometer südlich der Goethestadt Weimar wieder zum Zentrum von Roots, Folk und Weltmusik. Das Rudolstadt-Festival, Deutschlands größtes Event seiner Art, öffnet seine Tore für die 33. Auflage – der Ticketverkauf dafür beginnt am 1. Februar 2025 über den bewährten Partner der letzten Jahre www.tixforgigs.com (Opens in a new window) sowie vor Ort in den Touristinfos von Rudolstadt, Saalfeld und Bad Blankenburg sowie in den KomBus-Servicecentern.
(Opens in a new window)Gedruckt. Musikalisch. Journalistisch.📕🎶✍️
Seit mehr als 25 Jahren ist der folker Deutschlands größte Zeitschrift für Folk, Song und alles, was mit globaler Musik zu tun hat.
(Opens in a new window)folker präsentiert: Mundart – Das Liedermacherfestival 2025 / Saarbrücken als Bühne der Dialektkultur
Wer sagt, dass Dialektmusik auf dem absteigenden Ast ist? Die Verantwortlichen hinter dem brandneuen Festival Mundart – Das Liedermacherfestival wollen das Gegenteil beweisen und die Vielfalt der Dialekte mit einem abwechslungsreichen Programm feiern. Vom 7. bis 9. März 2025 erzählen auf der Bühne des Saarbrücker Theaters im Viertel etablierte und aufstrebende Liedermachende Geschichten in ihren Dialekten, stiften mit Musik und Sprache Identität und erweisen sich als lebendiger Teil des kulturellen Erbes.
(Opens in a new window)Oriane Lacaille / Kreolisch wie ein Bonbon
Die Musikerin, Sängerin, Autorin und Komponistin Oriane Lacaille beendet Konzerte in einer Art Trance, dank der Percussioninstrumente und des Gesangs des Trios. Es folgen ein Solo der Schlagzeugerin und eine Jazzimprovisation, bevor die Trompete die Melodie wieder aufnimmt: Diese Musik lebt. IViV ist der Titel ihres ersten Albums, übersetzt „Das lebt“. Lacaille präsentierte es im Juni 2024 auf dem Festival Musiques Métisses im westfranzösischen Angoulême und dann auf einer Herbsttournee in ganz Frankreich. Sie ist die Tochter René Lacailles, einer musikalischen Legende von der französischen Überseeinsel La Réunion. In Angoulême hatte Oriane Lacaille auch Zeit für ein Gespräch. (Foto: Cahuate Milk)
(Opens in a new window)Aus für Liederbestenliste? / Wertungen seit Januar eingestellt
Was ist denn da los? Eine der renommiertesten Institutionen für deutschsprachige Liedermacher und -macherinnen steht offenbar vor dem Aus. Auf der Startseite des Webauftritts der Liederbestenliste finden sich nach wie vor die Top 20 aus dem Dezember, wo sonst mit dem Monatswechsel immer bereits die aktuelle Wertung zu sehen war.
(Opens in a new window)Literarisch bedeutender Liedermacher / Deutsche Literaturarchiv übernimmt Vorlass von Hans-Eckardt Wenzel
Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach übernimmt den Vorlass von Hans-Eckardt Wenzel als Stiftung. Der 1955 geborene Liedermacher und Sänger ist zugleich Autor von Gedichten, Dramen, Essays und Erzählwerken. Schon während des Studiums an der Berliner Humboldt-Universität, unter anderem bei Wolfgang Heise, gründete Wenzel zusammen mit Steffen Mensching die Liedertheatergruppe Karls Enkel. (Foto: Michael Pohl)
(Opens in a new window)Vom Schulprojekt zur erfolgreichen Band / Ticket to Happiness
Auch ein Musiklehrer kann mehr, als Musikgeschichte zu vermitteln oder musizierende Schülerinnen und Schüler fit für den Schulball zu machen. Patrick Helle aus Siegen ist so einer, der in einer Musik-AG das besondere gesangliche Talent seines Schülers Jan Philipp Bäumer entdeckte, und zwar – sehr zur Freude der Klientel des folker – für Folkmusik. Aus dieser Entdeckung entwickelte sich die Band Ticket to Happiness. Wie viele deutsche Folkies begeisterten sie sich sehr für die irisch-keltische Musik, vor allem für Folkrock, wobei sie aber nicht stehen blieben. (Foto: David Hahne)
(Opens in a new window)„Am Danewerk“ / Lied für Dänen und Deutsche
Zwischen dem 5. und 6. Februar 1864 räumten die Dänen im seit 1861 geführten Deutsch-Dänischen Krieg gegen Preußen und Österreich die sogenannte Danewerk-Stellung. Diese bestand aus 27 Schanzen zur Verteidigung gegen eine Invasion aus südlicher Richtung, doch die dänischen Truppen konnten der Übermacht nicht standhalten und verloren später den Krieg. Die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg wurden schließlich an die Siegermächte übertragen. (Foto: Dietmar von Seht)