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Trübe Aussichten für Hamburg

In Erinnerung bleiben die Rumpelmomente. Ob bei einem Konzert, einer Party oder dem Kioskbier - die Sekunden, wenn eine Bahn über die Sternbrücke fährt und diesen ganz besonderen Platz akustisch komplett einnimmt. Das passiert hunderte Male am Tag, würde an anderen Orten stören, gehört hier jedoch dazu wie der Taubenkot und die vielen Graffitis. Doch bedeutet genau diese romantisch polternde Sternbrücke nun das Aus für die darunter oft seit Jahrzehnten existierenden Clubs.

In diesen Tagen finden bereits die Abschiedspartys statt. Im Waagenbau, im Fundbureau, in der Astra-Stube, in der Beat Boutique und in der Bar 227. Klingende Namen im Nachtleben der Stadt, der Abschied war zwar lange angekündigt, hat sich hinausgezögert, nun das große Finale zu Silvester. Fünf Clubs auf einmal müssen also der neuen “Monsterbrücke (Opens in a new window)“ weichen, ein herber Schlag für die Subkultur. Und das unwiderrufliche Ende eines Ortes, an dem Hamburg am ehesten New York gleicht, wie es in einem schwärmerischen Zeitungsartikel einmal hieß.

Für die betroffenen Musikclubs wurde kürzlich ein neuer Standort präsentiert: die Kasematten an den Deichtorhallen. Wann diese Kellergewölbe jedoch renoviert, vom Geiste Dieter Bohlens befreit und einzugsbereit sind, bleibt abzuwarten. Und auch, ob das alles überhaupt an diesem Ort funktionieren kann. Von “Hamburgs neuer Partymeile” war zu hören, das klingt schon mal nicht gut. Und so verwundert es nicht, dass sich zumindest der Waagenbau und die Astra-Stube mit dieser Lösung nicht abspeisen lassen.

Mitten in diese Trauerphase dann der nächste Schlag. Der wohl beliebteste und bekannteste Club der Stadt, das Molotow, erhielt kurz vor Weihnachten überraschend die Kündigung für die Räumlichkeiten an der Reeperbahn. Nicht zum ersten Mal wird man hier seiner Heimat beraubt. Unvergessen der plötzliche Auszug an den Esso-Häusern, unvergessen auch das Versprechen für einen baldigen Wiedereinzug am gleichen Ort. Doch das ist nun bereits zehn Jahre her.

Der Protest ist riesig. Prominente Bands wie Deichkind, Kettcar und die Beatsteaks, dazu diverse Clubs und auch der FC St. Pauli rufen zur Demo auf. Einen Tag vor Silvester wird es ab dem Nachmittag Live-Musik am Nobistor geben, gefolgt von einem gewiss langen und lauten Demo-Rave durch den Stadtteil. Denn schon Ende Juni soll der 1990 gegründete Club einem weiteren und an diesem Standort leider überflüssigen Hotel weichen. Das nächste Reeperbahnfestival also ohne das Molotow, dessen Backyard von der ansonsten gerne hofierten internationalen Musikszene zum Lieblingspartyort erkoren wurde? Künftig soll dort lieber geschlafen werden, mehr Symbolpolitik für Hamburg geht nicht.

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