tag eins: Die Neos und der Bundestrojaner
Hallo!
Heute ist wieder tag eins. Du liest deinen täglichen Nachrichtenüberblick mit Kontext und Einordnung.
Heute haben wir im Angebot: Ein US-Amerikaner wird Papst, Neuigkeiten zum Bundestrojaner und Kritik an Nationalratspräsident Walter Rosenkranz.
Als Benedikt XVI. gewählt wurde, urlaubte ich in Rom – mittendrin im päpstlichen Ausnahmezustand. Ganz Rom strömte zum Vatikan. Ich auch, nur eben clever: statt 1,5 Kilometer zu laufen, nahm ich die U-Bahn. Die Idee hatten allerdings viele. Die Metro blieb stehen – ich mit ihr, eingeklemmt zwischen zwei Stationen, in einem Waggon mit wachsendem Sauerstoffmangel.
Während draußen am Petersplatz der frischgebackene Papst winkte, stand ich schwitzend im Tunnel. Als der Zug endlich weiter rollte, war der Heilige Vater schon wieder weg. Immerhin: Die ersten Souvenirs mit seinem Gesicht gab’s schon zu kaufen.
THEMEN DES TAGES
Neos: Bundestrojaner „schlichtweg nicht möglich“
Am gestrigen Mittwoch wurden im Parlament die Pläne der Regierung zur Überwachung von Messenger-Diensten mit sogenannten Bundestrojanern diskutiert (Opens in a new window). Dabei scherten die Neos aus und verließen die Regierungslinie. Deren Abgeordneter Nikolaus Scherak hält einen verfassungskonformen Einsatz der Spionagesoftware mit dem von ÖVP-Innenminister Gerhard Karner in Begutachtung geschickten Gesetzentwurf „für schlichtweg nicht möglich“.
Immerhin hat der Verfassungsgerichtshof bereits 2019 klargestellt, dass der Einsatz solcher Überwachungssoftware tief in die Privatsphäre eingreift – und nur unter strengsten Bedingungen zulässig ist. Deswegen verlangt der VfGH strengen Rechtsschutz, Kontrolle und klare Regeln, wann die Software eingesetzt wird. Diese Hürden hat der von Karner eingebrachte Gesetzesvorschlag offenbar nicht genügend berücksichtigt. Das sehen auch Datenschutz-Expert*innen so. Grüne und FPÖ sind gegen den Einsatz von Spionagesoftware. (Markus Sulzbacher)
Der Papst kommt aus Nordamerika
Kardinal Robert Francis Prevost wird als Papst Leo XIV das neue Oberhaupt für die rund 1,4 Milliarden katholischen Gläubigen weltweit. Prevost gilt als pragmatischer Reformer und Wahl der Mitte. Im vierten Wahlgang hat er unter den rund 130 abstimmenden Kardinälen eine Zweidrittelmehrheit erreicht, genauere Ergebnisse gibt der Vatikan nicht bekannt. ZDF heute (Opens in a new window) fasst den Tag in Rom zusammen, beim Spiegel (Opens in a new window) gibt es eine Bildergalerie.
Der 69-Jährige wurde in Chicago geboren und ist der erste Nordamerikaner auf dem Papststuhl – er hat aber mehr als zwei Drittel seines Lebens in Europa und Südamerika verbracht. Unter anderem in Peru hat er mit Armen und Entrechteten gearbeitet, in Rom sei er deshalb auch „der Latino-Yankee“ genannt worden, schreibt die Washington Post (Opens in a new window) in ihrem Porträt. Seine Ansichten gelten als moderat bis progressiv, allerdings lehnt er Weiheämter für Frauen ab. Auch seine Aussagen zu LGBTIQ und reproduktiven Rechten lesen sich nicht sonderlich progressiv. Außerdem existieren – bisher nicht bewiesene – Vorwürfe, Fälle von sexualisierter Gewalt vertuscht zu haben, wie auch das Magazin Profil (Opens in a new window)in seinem Porträt anmerkt.
Prevost leitete im Vatikan das „Dikasterium für die Bischöfe“, ein Organ innerhalb der Katholischen Kirche, das für die Ernennung der Bischöfe zuständig ist. Er gilt damit als gut vernetzter, intimer Kenner der Vatikanbürokratie. Der Standard (Opens in a new window) fasst zusammen, was über ihn bekannt ist.
Schnell hat gestern auch der einstige Twitter-nun-X-Account des Kardinals die Runde gemacht, der 2024 keine Tweets veröffentlicht hat und im aktuellen Jahr fünf Kurznachrichten postete. Darunter waren zwei zum Gesundheitszustand von Papst Franziskus und drei, die ausdrücklich Donald Trump und J.D. Vance kritisierten. Diese zeigen auch eher verhaltene Freude. Das RND (Opens in a new window) schreibt in seinem Porträt, Prevost sei „US-Amerikaner, aber kein Trump-Freund“. Auch die Wiener Theologin Regina Polak sieht in der ZIB 2 (Opens in a new window) im neuen Papst ein „friedliches Gegengewicht zu Donald Trump“. (Christian Fahrenbach, adaptiert von Anna Mayrhauser)
Antisemitische Kommentare auf der Facebook-Seite von Walter Rosenkranz
Rund hundert antisemitische Kommentare blieben wochenlang auf der Facebook-Seite des Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz stehen. Darüber berichten der Standard (Opens in a new window) und das Portal Stoppt die Rechten (Opens in a new window). Unter einem am 11. April geposteten Video sammelten sich bis heute zahlreiche Kommentare, die Verschwörungstheorien und Bedrohungen enthielten.
Das Büro von Walter Rosenkranz spricht von einem Versehen, die Postings seien „durchgerutscht“ – obwohl die Seite durchaus moderiert wird und andere Beiträge gelöscht wurden. Der grüne Nationalratsabgeordnete Lukas Hammer brachte deswegen gestern eine parlamentarische Anfrage zu Rosenkranz ein. (Anna Mayrhauser)
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FUNDSTÜCK DES TAGES
„Fuck Elon“-Aufkleber am Tesla
Immer mehr Tesla-Fahrer*innen protestieren gegen Elon Musk – mit Aufklebern wie „Fuck Elon“ oder „Ich kaufte ihn, bevor Elon durchdrehte“. Selten hat ein Firmenchef seine Kundschaft derart auf die Barrikaden getrieben.
Microsoft-Mitgründer Bill Gates geht mit seiner Kritik noch weiter: Musk trage Mitschuld am Tod von Millionen Kindern, sagte er der New York Times (Opens in a new window). Als Berater hat Musk Kürzungen bei der US-Entwicklungshilfe mitzuverantworten. Gates warnt: Ohne Kurswechsel könnten künftig sechs statt fünf Millionen Kinder jährlich in armen Ländern sterben.
Gates kündigte an, in den kommenden 20 Jahren sein gesamtes Vermögen von über 200 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der Armut oder der weltweiten Verbesserung der Gesundheitsversorgung auszugeben. (Markus Sulzbacher)
Ich wünsche ein schönes Wochenende. Mach was Verrücktes!
Markus Sulzbacher
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