Wir halten euch im Licht! #mirtutdasherzweh #nein&amen
Adventskalender 2024 - Eins - 1. Dezember
01.12.2024
“Ich bin sehr froh!” habe ich heute zu einer Jungquäkerin namens Lotta gesagt. “An meinem Geburtstag - am 20. Januar 2024 - habe ich einen Blogbeitrag in meinem Blog “Klima-Suffragette” geschrieben, in dem ich mir selbst versprochen und sozusagen vor einer virtuell-digitalen “Öffentlichkeit” über mich selbst offenbart habe, dass ich mich als Quäkerin verorte und in meinem neuen Lebensjahr bzw. im Kalenderjahr 2024 weitere Schritte unternehmen will, um mit dieser “spirituellen Verortung” nicht alleine zu bleiben, sondern mich der “Gemeinschaft der Freunde” bzw. der deutschen Jahresversammlung der Quäker*innen anzuschließen.
Und ich habe das geschafft!
Zunächst war es gar nicht so leicht für mich. Irgendwie klappte es nicht, dass ich zu den Andachten komme. Immer war irgendwas anderes: Mal war ich sonntags krank, mal hatte ich sonntags einen Termin in einer Kirchengemeinde, mal war ich woanders übers Wochenende zu Besuch, mal war ich auf einem Wochenend-Seminar … - mal dies, mal das …
Aber heute habe ich es geschafft! Zu dieser besonderen Andacht mit Lichterteppich zum ersten Advent - am 01. Dezember 2024.
Ich war auch bei der Jahresversammlung in Bonn - vom 01. November bis zum 3. November - auch da bin ich verspätet angekommen. Gerne wäre ich ab dem 31.10. schon abends dabei gewesen. Aber ich hatte noch eine Gerichtsverhandlung am Freitag, dem 01.11., am Landgericht Oldenburg - das ist etwas, was Klima-Suffragetten öfter mal passiert …
Letzten Sonntag war ich zum ersten Mal im Quäkerhaus in Bad Pyrmont bei der Stillen Andacht, weil ich an dem Wochenende auf einem Seminar in Hannover war. Ich stelle fest, dass es mir leichter fällt, einfach mal an einem beliebigen Ort, an dem ich gerade bin, zur nächstnahen Stillen Andacht zu gehen, seit ich bei der Jahresversammlung in Präsenz war und Quäker*innen aus ganz Deutschland kennengelernt hatte …
Einige kannte ich schon länger. Schon seit über zwanzig Jahren verorte ich mich im Quäkertum. Aber passiv. Ohne zur Gemeinschaft zu gehören, ohne an Veranstaltungen teilzunehmen, ohne dass mich viele aus der Gemeinschaft der Freunde kennen.
Ich war immer zu beschäftigt, um in die Stille und aus dem Schweigen heraus ins Lauschen zu kommen. Auch habe ich ja einige Jahre als Kirchenmusikerin in der evangelisch-lutherischen Kirche gearbeitet …
Das Immer-Zu-Beschäftigt-Sein, um zu den Stillen Andachten der “Gemeinschaft der Freunde” zu gehen, zu beenden, habe ich mir im Januar vorgenommen. Und heute bin ich froh darüber, dass mir das im Laufe des Jahres gelungen ist und ich das jetzt, wo das Jahr zu Ende geht, für mich so feststellen darf.
Und ich sage noch zu Lotta: “Wenn ich bei den Quäkern zu Hause bin, dann kann ich überall gut zu Gast sein.”
Ja, so ist das für mich. Das konnte ich während der Rückfahrt von Bonn sehr deutlich spüren. Das “Beben” ist meine geistliche Heimat. Das Lauschen aus der Stille heraus, auf das, was sich dann - bebend - Bahn bricht …
In der Stillen Andacht ziehen viele Gedanken, Erinnerungen, Gefühle, Eindrücke, Erlebnisse wie Wolken an mir vorbei. Aber ich rede nicht. Ich werde auch nicht unterhalten. Auch nicht mit einer Predigt. Ich lausche. Nicht auf meine Gedanken. Die ziehen vorbei. Sondern auf die wortlose Stille. Auf das Schweigen in Gemeinschaft. Auf die Präsenz des Lebens, das da ist. Auf das Sein. Auf das “Ich bin da”.
Und die Gedanken und alles, was nicht mal eben in Worte gefasst werden kann, klären sich, ohne dass ich mich daran beteilige. Ohne, dass ich sie kläre.
Ich muss dann nicht in eine Diskussion darüber treten, ob ich mich der Formulierung eines anderen Menschen über das Leben und die Urkraft allen Lebens anschließen kann oder nicht. Ich bin einfach in Resonanz mit etwas, was sich nicht in Worte fassen lässt. Menschliches Vokabular ist zu klein dafür.
Und von dieser Basis aus kann ich überall gut zu Gast sein und die Vielfalt menschlicher Zeugnisse wahrnehmen, ohne dass sie mein Erleben in Frage stellen oder ich mit meiner Schilderung ihr Erleben in Frage stelle.
In der Stillen Andacht darf es Äußerungen geben. Wenn das Beben so stark ist, dass etwas aus dem Schweigen heraus mit den anderen Schweigenden geteilt werden muss. Dann bleibt es stehen und es entsteht kein Gespräch. Aber das muss nicht passieren. Es gibt Andachten, in denen etwa eine Stunde lang gemeinsam geschwiegen wird, ohne dass noch etwas anderes - zum Beispiel eine bestimmte Körperhaltung praktiziert werden muss. Auch nach der Stillen Andacht, die mit einem Hände-Reichen im Kreis endet, gibt es diese Möglichkeit, etwas zu teilen, was geteilt werden möchte, ohne dass dadurch ein Gespräch entsteht.
Beim Lichterteppich - am ersten Advent - gibt es eine Besonderheit: Es werden Fürbitten gesprochen und Kerzen angezündet.
In der Mitte liegt Tannengrün. Dazwischen stehen Kerzen. Eine Kerze brennt. An dieser können die anderen angezündet und mit einer Fürbitte verbunden werden.
“Wir halten euch im Licht!” sagen Quäker*innen manchmal zum Abschied oder wenn es darum geht, dass Menschen eine Herausforderung zu bestehen haben, wofür sie Unterstützung gebrauchen können.
Nach der Stillen Andacht mit Lichterteppich - in der also doch mehr geredet wird als sonst - gibt es ein gemeinsames Essen, zu dem alle, denen es möglich war, etwas beisteuern. Und dabei gibt es auch Gespräche und Unterhaltungen …
Zum Abschluss noch einmal ein Kreis, der schweigend begonnen wird und schweigend beendet wird - dazwischen wird nach einem Konsens im Bezug auf ein Thema gesucht. Nach einem Konsens, den alle soweit mittragen können, dass der gemeinsame Standpunkt mehr oder weniger weit von dem eigenen Standpunkt zum Thema entfernt ist, den mensch schon mitgebracht hat und eventuell noch immer weitestgehend als eigenen Standpunkt vertreten würde; dass dieser gemeinsame Standpunkt sich aber so gestaltet, dass es bei keinem Mitglied der Gemeinschaft so starke Widerstände gibt, dass es gar nicht geht. Und wäre das so, dann wäre dieser Zwischenstand noch nicht das gemeinsame Ergebnis, sondern dann müsste noch einmal ins Schweigen gegangen werden. Und vielleicht auch nochmal zurück ins Alltagsleben - ohne Konsens zum besprochenen Thema - ein To-Agree-To-Disagree dann.
Aber heute hatten wir am Ende einen gemeinsamen Standpunkt mit dem alle ohne starke Widerstände mitkonnten. Ich habe mich zweimal zu Wort gemeldet. Im Gespräch nach dem gemeinsamen Essen, das in den Nachmittag hineinragte. Beim Lichterteppich auch einmal.
Was ich da gesagt habe, ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Einige Türchen meines Adventskalenders werden sich damit füllen lassen.
Vom Lichterteppich hab ich einige Fotos gemacht. Für diesen Blogbeitrag. Aber dann ging mein Handy kaputt und schloss die Fotos ein. Wie ein Lichterteppich am 1. Advent bei einer Stillen Andacht der “Gemeinschaft der Freunde” aussieht, bleibt also deiner Fantasie überlassen. Und wer weiß: Vielleicht kommst du nächstes Jahr mit?
Ich fühle mich nach diesem Tag endlich im Stande, mich zu bestimmten Themen zu positionieren, zu denen ich bisher geschwiegen habe, weil ich es schwierig fand, eine Position in Worte zu fassen unter all den Positionen und ihren zum Teil vehementen Gegenpositionen und verbalen Triggerpunkten. …
Mehr dazu in den folgenden Tagen …
Auch, was es mit #mirtutdasherzweh am 1. & 2. Kalendertag jedes Monats auf sich hat, klärt sich morgen …
Was es mit #nein&amen auf sich hat, klärt sich den ganzen Monat …