Paris, Mailand, Siegen oder "Wie viel passt in vier Wochen?" - Ja.
Der letzte Newsletter ist etwas mehr als vier Wochen her und trotzdem fühlt sich der Mai wie eine Ewigkeit an.
Mein liebster Satz aktuell kommt aus dem "Drinnie"-Podcast (Opens in a new window) von Giulia Becker und Chris Sommer, den ich heute an euch richten möchte, nur in der Ich-Form: "Ich hoffe es geht euch gut und wenn nicht, ist auch ok." Ehrlich zugegeben war der vergangene Monat sehr aufregend und ich konnte viele neue tolle Menschen in Bezug zu Queermed kennen lernen. Jedoch könnte es bei der Menge nun ab und an etwas ruhiger werden. Aber es ist ja auch nur einmal Pride Month im Jahr und hier die tolle Überleitung zum Newsletter:
Manchmal können Termine nicht so weit voneinander geplant werden, vielleicht kennen das einige von euch. Aber was ist denn genau alles passiert?
Zum einen durfte ich für Our* Bodies, einem "feministischen Online-Magazin" aus Österreich einen Artikel über Respekt im Gesundheitswesen (Opens in a new window) schreiben. Das war schon etwas aufregend, denn es ist irgendwie anders, für andere Personen und eine andere Plattform zu schreiben als für sich selbst. Die Anforderungen können anders sein, von der Gegenseite als auch von sich selbst. Gleichzeitig ist maus (anstelle von "man", angelehnt an Hengameh Yaghoobifarah) bei sich selbst nicht immer an Deadlines gebunden, bei der Zusammenarbeit mit anderen wäre das aber schon ideal. Ich bin letzten Endes aber froh, wie der Artikel geworden ist, auch wenn ich ihn jetzt, wenige Wochen später, wieder anders schreiben würde. So ist das mit Eigenkreationen.
Da war doch noch ein wichtiges Datum im Mai...
Darüber hinaus hatte Queermed sein zweijähriges! Woohoo! Am 25.05.2021 ist queermed-deutschland.de (Opens in a new window) das erste Mal live gegangen. Und es sah deutlich simpler aus als vorher. Da waren meine angeblichen Website-Skills noch deutlich rudimentärer, meine Ansprüche deutlich niedriger und auch die Aufmerksamkeit zwar höher als erwartet, nicht aber zu vergleichen mit heutigen Verhältnissen. Queermed erhält bereits viel Aufmerksamkeit und Reichweite in meinen Augen. Das kreiert ein schönes Gefühl, wenn ich bedenke, wie viel Energie, Zeit und Arbeit ich in dieses Projekt bisher gesteckt habe. An anderer Stelle lässt mich die Menge an Verantwortung immer wieder inne halten. Denn mit dieser Form von Macht, die Queermed über Aufmerksamkeit und Reichweiter erhalten hat und weiterhin erhält, kommen bestimmte Privilegien einher, durch die ich stärker bedenke, in welche Richtung es mit Queermed gehen soll.
Klar, viele Organisationen, Vereine usw. erkennen Queermed als Quelle für sensibilisierte Ärzt*innen an, das mag ganz am Anfang noch ganz anders ausgesehen haben.
Privatpersonen auf der Suche nach sensibilisierten Praxen sehen Queermed auch als Quelle an, was den Druck nicht mindert. Es ist ein schönes Gefühl, aber der Druck, dass Menschen tatsächlich im Idealfall nicht die gleichen negativen Erfahrungen machen müssen wie bisher, kann Queermed leider nicht garantieren. Zwar kann Queermed auf Safer Spaces verweisen, aber wir müssen uns alle weiterhin bewusst machen, dass wir keine absolute Sicherheit haben. Weder im Gesundheitswesen, noch woanders. Wir können es uns nur stärker ins Bewusstsein rufen.
Der letzte Punkt: Immer mehr Praxen sehen Queermed als Ort an, worüber sich viele Patient*innen melden können. Und war wird es etwas komplizierter. Am Anfang haben sich sehr viele Praxen per E-Mail oder auf Social Media gemeldet, die von sich aus beteuert haben wie unglaublich queerfreundlich und sensibilisiert sie sind, weswegen sie gerne auch bei Queermed gelistet sein möchten. Das mag in der Eigenwahrnehmung natürlich sein, jedoch hat es lange gedauert, bis solche E-Mails aufgehört haben. Auch die sehr offensichtlichen Eigenempfehlungen, gefolgt von eher unfreundlichen E-Mails, warum die eigene Praxis denn immer noch nicht auf Queermed ist, war lange Zeit eine eher unangenehme Erfahrung.
Ich merke aber, je mehr ich über dieses Thema schreibe, desto eher sehe ich die notwendige Tiefe, um entsprechend einsteigen zu können. Deshalb werde ich das Thema Queermed und Verantwortung auf den nächsten Newsletter verschieben.
So, weiter im Programm.
Queermed Giveaway
Queermeds Geburtstag! Tatsächlich hatte ich für dieses Jahr ein Giveaway geplant.
Für das Giveaway hatte ich mehrere Autor*innen angeschrieben, welche tolle Bücher geschrieben haben und diese auch auf Queermeds Bücherliste (Opens in a new window) gelandet sind. Bei meinen Anfragen hatte ich um Bücherspenden gebeten und alle haben sofort zugesagt.
Die Bücherauswahl kam bei allen Teilnehmenden auch sehr gut an, deshalb nenne ich alle Autor*innen und ihre entsprechenden Titel hier:
Mohamed Amjahid: Der Weiße Fleck. Eine Anleitung zum antirassistischen Denken
Judith, Coffey; Vivien, Laumann: Gojnormativität: Warum wir anders über Antisemitismus sprechen müssen
Max Czollek: Versöhnungstheater
Gianni Jovanovic ; Oyindamola, Alashe: Ich, ein Kind der kleinen Mehrheit
Mareice Kaiser: Wie viel. Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht
Raul, Krauthausen; Benjamin, Schwarz: Wie kann ich was bewegen. Die Kraft des konstruktiven Aktivismus
Luisa L'Audace: Behindert und Stolz.
Lydia Meyer: Die Zukunft ist nichtbinär.
Martina, Rink; Simon, Usifo(Hg.): People of Deutschland
Emilia Roig: Why we matter. Das Ende der Unterdrückung.
Alisa Tretau (Hg.): Nicht nur Mütter waren schwanger Unerhörte Perspektiven auf die vermeintlich natürlichste Sache der Welt
Hengameh Yaghoobifarah: Habibitus.
12 Bücher sind eine Menge. Aber wenn wir uns mit unserer Gesellschaft befassen möchten, dann müssen wir auch unterschiedliche Aspekte verstehen und sehen. Und vor allem müssen wir es von den Leuten hören, die es persönlich betrifft. Damit möchte ich nicht sagen, dass wir alle Menschen mit Diskriminierungserfahrungen proaktiv zu ihrer politischen Haltung und Erfahrungen ausfragen sollen. Aber wenn wir schon Bücher, Texte und die politische Arbeit von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen teilweise nur einen Mausklick von uns entfernt haben, dann sollten wir ihnen auch unsere Aufmerksamkeit geben und sie, vor allem als privilegierte Menschen, unterstützen. Denn Solidarität kann nur dann anfangen, wenn wir Privilegien abgeben und gleichzeitig gleiche Rechte für andere Einfordern. Und wir keinen direkten Benefit davon haben.
Lampenfieber hoch 3
Im Mai hatte ich auch wieder ein paar Vortragseinladungen.
Anfang des Monats dürfte ich beim Britney X Festival vom Schauspiel Köln über das Thema Respekt im Umgang mit Patient*innen sprechen. Nach dem Vortrag gab es ein Gespräch mit Zain Salam Assaad vom Missy Magazin. Es war ein aufregender Moment, den eigenen Namen auf einem riesigen Banner zu sehen als Teil eines ganzen Festivals.
Bildquelle: Fadi Elias (Opens in a new window) | In-Haus e.V. (Opens in a new window)
Ich denke ich brauche weiterhin etwas Gewöhnung vor Menschen zu sprechen. Eigentlich bin ich sehr froh darüber, dass ich die meiste Arbeit von Queermed alleine von zuhause aus machen kann und ich gelegentlich Nachrichten schriftlich beantworten muss. Aber ich verstehe, dass Queermed auch ein Gesicht braucht und diese Sichtbarkeit dem Projekt und dem Ziel dahinter hilft. Auch das Feedback und die Fragen, die sich oft nur in solchen Veranstaltungen ergeben, empfinde ich als sehr wertvoll.
Deshalb habe ich eine Woche später den nächsten Vortrag gehalten. Dieses Mal an der Universität Siegen. Diese Rahmenbedingungen waren dort noch einmal anders, weil ich anders als in meiner Studienzeit nun die Person bin, die am Pult steht und Vorträge hält. Aber Siegen hat eine echt moderne Uni, zumindest das Gebäude, in dem ich drin war. Könnte ich noch einmal studieren, hätte ich wahrscheinlich Siegen statt Köln gewählt.
Kooperationen und sollte es sowas geben?
Tatsächlich hat sich mir diese Frage bereits Anfang Mai gestellt, als ich die erste Kooperationsanfrage erhalten hatte. Jedoch muss ich ehrlich zugeben, dass ich von Anfang an ein ungutes Gefühl im Magen hatte, schon beim Lesen der E-Mail. Und je mehr Informationen ich erhalten hatte, desto eher hat sich das Gefühl für mich bestätigt.
Ich möchte nicht, dass Queermed ein Aushängeschild für Firmen wird. Firmen sollen Queermed nicht als Trophäe irgendwo auf ihren Social Media Kanälen zeigen und erzählen, was für tolle Allies sie wären.
Nach der ersten schlechten Erfahrung kam tatsächlich eine Anfrage, die mich gefreut hatte. Mit Giovanna Kaffee und der Kooperation erhält Queermed innerhalb des nächsten halben Jahres 1 € pro verkauftes Kaffeepaket. Mehr Informationen hierzu findet ihr hier auf der neuen Kooperationsseite (Opens in a new window).
Ich bin froh, wenn sich solche Kooperationen mit Menschen ergeben, die sich tatsächlich für Queermed interessieren und aktiv unterstützen möchten, dass solche Projekte langfristig funktionieren. Und eben auch von ihrer Seite aus Macht und Reichweite abgeben möchten, ohne das es proaktiv eingefordert werden muss. Deshalb möchte ich genau hinschauen, welche Firmen kooperieren möchten und wie es langfristig aussehen soll.
Bis hierhin sollte der Lesestoff genügen. Vielen Dank, wenn ihr bis hierhin gelesen habt und auf bald!