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#65 Wie gestalten sich Mietverhältnisse für Wohnprojekt?

Bei Wohnprojekten auf Mietbasis gibt es zwei Besonderheiten im Vergleich zu einem „normalen Mietverhältnis“.

Typischerweise werden Gemeinschaftsräume für die Gruppennutzung bereitgestellt. Zudem wünschen die Gruppenmitglieder ein Mitspracherecht bei der Erstvermietung und der Nachbelegung 

In der Regel handelt es sich um kommunale Wohnungsgesellschaften, seltener um Privatpersonen als Immobilieneigentümer / Vertragspartner.

Die Mietverträge sind der zentrale Punkt in einem längeren Prozess, der typischerweise durch einen Kooperationsvertrag begleitet wird. Im Hinblick auf die Gestaltung und Ausstattung der Gemeinschaftsräume werden die vertraglichen Bedingungen diskutiert und vereinbart.

drei Varianten

Für die Gestaltung eines Mietverhältnisses für die Gemeinschaftsräume sind drei Varianten denkbar, die unterschiedliche Vor- und Nachteile für den Vermieter, die Gruppe und die einzelnen Mitglieder mit sich bringen.

In der ersten Variante wird die Mitnutzung der Gemeinschaftsräume in den Einzelmietverträgen vereinbart. Dafür zahlt jeder Mieter eine kleine Pauschale über den eigenen Mietzins. Gelegentlich wird ein zusätzlicher (gemeinnütziger) eingetragener Verein gegründet, der das soziale Miteinander fördern und organisieren soll. Denkbar ist auch die Begleitung durch ein Quartiersmanagement. So kann eine nette Nachbarschaft entstehen, jedoch ohne Verbindlichkeiten.

In der zweiten Variante gibt es Einzelmietverträge für die Wohnungen und eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) / ein eingetragener Verein (e.V.) mietet die Gemeinschaftsräume. Die Miete wird durch die Mitglieder der Gesellschaft / des Vereins finanziert, die Einlagen und Beiträge leisten müssen. Zudem können durch öffentliche Aktionen (Veranstaltungen) oder Untervermietung (z.B. einer Gästewohnung) zusätzliche Einnahmen erzielt werden.

In der dritten Variante mietet die GbR ein Haus, eine Etage oder eine Clusterwohnung zur Weitervermietung der Wohnungen / Wohnflächen an die einzelnen Gesellschafter. Die Gesellschaft muss den Mietzins für den Generalmietvertrag "erwirtschaften". Solche Wohnprojekte auf Mietbasis sind den Wohnprojekten mit gemeinschaftlichem Eigentum am ähnlichsten. Schauen wir uns dies im Detail an:

Generalmietvertrag

Durch diese Konstellation hat die Gruppe Einfluss auf die Auswahl der künftigen Endnutzer:innen in den einzelnen Wohnungen und somit auf die Projektentwicklung. Der Vertragszweck des Generalmietvertrages ist die Weitervermietung an Dritte. Bei Abschluss eines Generalmietvertrages verbleibt das Nutzungsrecht der Gemeinschaftsräume beim Rechtsträger, der die Nutzung und den Betrieb selbstbestimmt für alle Bewohner:innen regeln kann und die Kosten auf gesellschaftsrechtlicher Ebene umlegt. Einnahmen über eine Untervermietung (z.B. einer Gästewohnung) und sonstige Aktivitäten (Veranstaltungen) sind ebenfalls möglich. 

In dieser Konstellation gibt es drei Beteiligte

  • Immobilieneigentümer / Hauptvermieter

  • GbR als Zwischenmieter

  • Endnutzer:in

Die GbR hat eine Doppelrolle: Sie agiert sowohl als Mieter gegenüber dem Immobilieneigentümer als auch als Wohnraumgeber gegenüber den Endnutzer:innen.

Im Mietrecht nach BGB wird zwischen Wohnraummietrecht und sonstigen Mietverträgen unterschieden. Ein Wohnraummietvertrag liegt nur vor, wenn der Vertragszweck auf die Nutzung der Räume zum eigenen privaten Aufenthalt gerichtet ist. In Wohnraummietverhältnissen gibt es unabdingbare Mieterschutzrechte, während es im Gewerberaummietvertrag viele Gestaltungsmöglichkeiten und weniger Mieterschutzrechte gibt.

In der Dreierkonstellation gibt es also zwei unterschiedliche Überlassungs- / Mietverträge

  • den gewerblichen Mietvertrag zur Weitervermietung zwischen Immobilieneigentümer und GbR

  • den Wohnraummietvertrag zwischen GbR und Endnutzer:in

Die zwei unterschiedlichen Mietverträge sind gesetzlich nicht deckungsgleich:

Der gewerbliche Mietvertrag läuft langfristig unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung, während die Wohnungen von beiden Parteien auch ordentlich nach BGB gekündigt werden können. Leerstände sind zu zu berücksichtigen und Rücklagen zu kalkulieren. 

Auch Mietzinserhöhungen aus dem Generalmietvertrag können zu erheblichen Deckungslücken führen, da Mieter von Wohnungen besonders geschützt sind.

Die Lücken müssen auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene gelöst werden. Juristisch und steuerlich korrekt ist, wenn jeder “Untermieter” Mietzins gemäß den gesetzlichen Anforderungen zahlt und monatliche Beiträge als Gesellschafter (für Verwaltung, Rücklagen, Gemeinschaftsleben). Durch die Zweiteilung kann leicht das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht dokumentiert werden.

Ein Problem ergibt sich, wenn der Generalmietvertrag durch Kündigung oder Ablauf der Vertragszeit endet. Grundsätzlich muss die Gruppe als Mieterin das Mietobjekt in seiner Gesamtheit bei Vertragsende geräumt an den Immobilieneigentümer zurückgeben. Die Bewohner:innen haben keine Mieterschutzrechte gegenüber dem Eigentümer und müssen ihre Wohnung verlassen. Gesetzliche Sonderregelungen (wie § 565 Abs. 1, § 578 Abs. 3 BGB) helfen den Endnutzer:innen von nicht privilegierten Zwischenmietern ohne Gewinnerzielungsabsicht (wie der GbR) nicht. 

Clusterwohnen ist wahlweise als Einzelmietvertrag mit einer GbR zur Eigennutzung oder als Generalmietvertrag zur Weitervermietung an Gruppenmitglieder praktikabel. So kann nach Bedarf die Zuordnung zur Alleinnutzung flexibel gestaltet werden.

Wohnungen, die durch eine personenbezogene Förderung (z.B. EOF oder München Modell) mit Belegungsrechten gebunden sind, dürfen nicht an einen Dritten (hier GbR) zur Weitervermietung an Berechtigte vermietet werden. Zwischen Investor / Fördermittelnehmer und wohnberechtigen Bewohner muss ein direkter Einzelmietvertrag abgeschlossen werden.

Insofern ist die Finanzierung das Entscheidungskriterium.

Einzelmietverträge


Bei Einzelmietverträge kann entweder jedem Mieter das vertragliche Mitnutzungsrecht an den Gemeinschaftsräumen zugewiesen werden oder es gibt eine Rechtsform, die nur die Gemeinschaftsräume vom Vermieter anmietet.

In beiden Fällen stehen viele Einzelmietverträge ohne soziales Miteinander lose nebeneinander.

Die Parteien sind an das gesetzliche Mietrecht gebunden. Einem Wohnungsmieter kann nur aus den in den §§ 568 ff BGB genannten Gründen gekündigt werden. Eine Kündigung oder der Ausschluss aus dem Bewohnerverein oder der Gesellschaft haben mietrechtlich keine Bedeutung.

Dies stellt für Wohnprojekte auf Mietbasis ein erhebliches Problem dar, da Interessenten während der Bewerbungsphase oft viel soziales Engagement versprechen. Nach Abschluss des Mietvertrags zeigen sie jedoch häufig wenig Interesse am Gemeinschaftsleben. In der zweiten mietrechtlichen Variante kann die Gesellschaft zumindest verhindern, dass der Gesellschafter sich seiner finanziellen Verpflichtungen entzieht, indem eine ordentliche Kündigung seiner Gesellschafterstellung für die Dauer des Mietvertrags ausgeschlossen wird. Zudem kann für die Unterlassung von „Arbeitspflichten“ (wie Putzdienst, Gartenarbeit etc.) eine finanzielle Ausgleichszahlung für Unwillige vereinbart werden.

Bei mehr als 50 Mietwohnungen (Massengeschäft) müssen zudem das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) beachtet werden. Mietwohnungen müssen prinzipiell fair und gerecht an Interessierte vergeben werden. Dies gilt sowohl für die Erstvermietung als auch für die Nachbelegung.

Um dennoch an einem Wohnprojekt Interessierten ein Erstzugriffsrecht auf die Wunschwohnung zu gewähren und ein Vorschlagsrecht für die Nachbelegung einzuräumen, bedarf es eines Kooperationsvertrages. In diesem werden die Besonderheiten des Projektes und die objektiven Auswahlkriterien für die Mieter beschrieben. Bei geförderten Wohnungen muss zudem die Abstimmung mit dem Wohnungsamt erfolgen. Im Gegenzug muss die Gruppe das Mietausfallrisiko - zeitlich begrenzt auf maximal xx Monate - übernehmen.

Benennt die Gruppe eine Person als (Nach)mieter:in und findet der Vermieter im Zuge seiner Bonitätsprüfung Faktoren, die gegen eine Vermietung sprechen, so kann und muss das Wohnungsunternehmen - ohne Angabe von Gründen - berechtigt sein den Vorschlag der Gruppe abzulehnen. Dies ergibt sich aus dem Datenschutz. Das Wohnungsunternehmen darf nicht offenbaren, ob z.B. jemand schon mal eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.

Die Parteien können Mietvorauszahlungen oder Mieterdarlehen vereinbaren.
Der Investor gewinnt Sicherheit für eventuelle bauliche Sonderwünsche und der Mieter kann sich über einen längeren Zeitraum einen günstigen Mietzins sichern. Auch dies ist im Kooperationsvertrag grundsätzlich zu regeln. Im Mietvertrag bedarf dies einer anspruchsvollen Formulierung. 

Besondere Wohnformen

Variante 1)
Eine ambulant betreute Wohngemeinschaft / Wohngruppe mit dem gemeinschaftlichen Wohn-Küchen-Bereich und viele Zimmer zur Einzelnutzung kann wahlweise

  • als Hauptmietvertrag mit allen Bewohner:innen (GbR) oder

  • mit einem gemeinnützigen Träger zur Weitervermietung an die Bewohner:innen

gestaltet werden.

Gemeinnützige Träger /Wohlfahrtsverbände haben Interesse an Fördermittel der Aktion Mensch https://www.aktion-mensch.de/foerderung/foerderfinder (Opens in a new window)für Umbau und Ausstattung von Immobilien für ambulant betreute und gemeinschaftliche Wohnformen.

Voraussetzung ist ein mindestens 10-jähriger Generalmietvertrag, der dem Mieter Umbaumaßnahmen und den Einbau bestimmter Ausstattung erlaubt. So sind Investitionen zur Schaffung der Barrierefreiheit, Ausstattung mit Smart Living Systeme, inklusive W-Lan Zugang , digitales Schließsystem, Steuerung von Licht, Temperatur, Sanitäreinrichtungen, Liftsystemen oder Meldesystemen förderfähig.

Variante 2)
Junge Genossenschaften möchten gerne inklusives Einzelwohnen anbieten und mit gemeinnützigen Trägern / Wohlfahrtsverbände kooperieren.

Schließt die Genossenschaft einen Generalmietvertrag mit einem gemeinnützigen Träger zur Weitervermietung an Menschen (mit Behinderung, Senioren ect.), so kann dies bei der Genossenschaft eine steuerschädliche Auswirkung aus § 5 Nr. 10 KStG (Opens in a new window) haben.

Deshalb habe ich eine Variante entwickelt, in der z.B. die Lebenshilfe gegen Zahlung der wohnungsabhängigen Pflichtanteile als Träger ein „Benennungsrecht“ für bestimmte Wohnungen erhält. Der benannte Bewohner wird Genosse und schließt einen eigenen Dauernutzungsvertrag ab. Der Träger übernimmt die Assistenz für alle Vertragsabschlüsse und für das Miteinander in der Hausgemeinschaft. Dies nenne ich „Kooperation zugunsten Dritter“.

Gerne berate ich zu allen juristischen Themen.

https://wonderl.ink/@angelika.maj_rml (Opens in a new window)

 

Topic juristische Fachthemen

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