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Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Mäuse,

es ist Sonntag, Zeit für eine neue Folge von „Wie umgehen mit Rechtspopulismus“. Heute soll es um eine rechte Diskussionsstrategie gehen, die den liebsten Namen hat, aber wirklich abgrundtief nervig ist: Sealioning.

Benannt nach dem englischen Wort für Seelöwen, beschreibt „Sealioning“ die manipulative Strategie, bei der jemand vorgibt, höflich und sachlich zu sein, in Wahrheit aber versucht, den Gesprächsverlauf zu stören oder die Diskussion ins Leere laufen zu lassen. Der Begriff stammt aus einem Comic (Opens in a new window) und beschreibt eine Person, die scheinbar endlose, übermäßig höfliche Fragen stellt, um ihr Gegenüber zu ermüden oder zu frustrieren. Im besagten Comic ist ein Seelöwe zu sehen, der sich in ein Gespräch zweier Leute einmischt. Die eine Person hatte gerade gesagt, dass sie Seelöwen nicht besonders mag. Der Seelöwe lässt sich nicht abwimmeln, sagt sowas wie „Ich möchte eine sachliche Diskussion über deine Aussage führen“ und „Würdest du so nett sein und mir Beweise vorlegen für alles Schlechte was jemals ein Seelöwe getan hat?“, er verfolgt die Person bis nach Hause, bleibt immer vermeintlich höflich, nervt aber nur rum. Ein Beispiel für Sealioning in der Praxis wäre zum Beispiel das folgende:

Person A postet auf Social Media: "Wir müssen endlich was gegen den Klimawandel tun. Es gibt genug wissenschaftliche Beweise dafür!"

Ein Sealion kommentiert: "Können Sie mir eine Studie zeigen, die das beweist? Ich finde nichts dazu."

Person A antwortet mit einem Link zu einer Klimastudie.

Der Sealion: "Diese Studie scheint nicht neutral zu sein. Haben Sie noch andere Quellen?"

Person A nennt weitere Studien.

Der Sealion: "Aber warum sagen einige Wissenschaftler das Gegenteil? Können Sie sicherstellen, dass Ihre Quellen nicht voreingenommen sind?"

Die Fragen hören nicht auf, und der Sealion ignoriert jede Antwort oder verschiebt die Diskussion, bis Person A frustriert aufgibt oder emotional reagiert. Daraufhin wähnt sich der Sealion als Sieger: "Wusste ich‘s doch" oder "Kein Grund unsachlich zu werden"…

Zur Taktik gehören:

  • Scheinbar neutrale Fragen: Die Person stellt immer wieder höfliche Fragen, die oft redundant oder absichtlich missverständlich sind. ("Kannst du das genauer erklären?" oder "Kannst du mir einen Beweis dafür zeigen?")

  • Unendliche Diskussion: Die Fragen hören nicht auf, selbst wenn sie bereits beantwortet wurden. Es wirkt, als würde die Person nie zufrieden sein.

  • Frustration provozieren: Ziel ist es oft, die andere Person aus der Fassung zu bringen, sodass sie emotional reagiert. Das wird dann als "Beweis" dafür genutzt, dass die andere Seite irrational ist.

  • Ablenken und Zeit stehlen: Statt konstruktiv zur Diskussion beizutragen, lenken Sealions ab, indem sie triviale Details hinterfragen oder sich auf Nebenschauplätze konzentrieren.

Wie können wir damit umgehen?

  • Einmal klar antworten und ggf. auf Quellen verweisen.

  • Grenzen setzen: Wenn klar ist, dass die Diskussion ins Leere führt, höflich, aber bestimmt abbrechen. Beispiel: "Ich habe deine Frage bereits beantwortet. Wenn du weitere Informationen brauchst, kannst du das selbst recherchieren."

  • Nicht provozieren lassen: Ziel ist es, dich aus der Reserve zu locken. Bleib ruhig und lass dich nicht ärgern.

Ich hoffe, das hilft euch ein bisschen weiter. Und bitte betrachtet Seelöwen jetzt nicht mit anderen Augen. Dieser Comic hat ihnen wirklich unrecht getan.

Wenn ihr Lust auf mehr davon habt: ich hoste am Montag, 16.12. von 17-20 Uhr einen Online-Workshop zum Thema “n Weihnachten und jeden Tag - Rechtspopulismus entgegentreten”. Ich will darin einen Space schaffen, in dem Menschen sich gegenseitig dabei unterstützen, rechtspopulistischen und antifeministischen Aussagen entgegenzutreten.

Ich weiß, dass insbesondere die anstehenden Feiertage vielen von euch Sorgen bereiten:

- Wie reagiere ich auf die rassistischen Sprüchen über Geflüchtete von meinen Großeltern?

- Was sage ich, wenn mein Vater wieder über den "Genderwahn" wettert?

- Was entgegne ich Tante Gabis transfeindlich Tiraden?

- Wie gehe ich damit um, wenn Onkel Heinz gegen Klimaaktivist*innen hetzt?

- Und wie schaffe ich es, entspannt und sachlich zu bleiben, sodass die Familienfeier nicht völlig eskaliert?

Natürlich soll es nicht nur um Situationen im Familienkreis gehen. Sich gegen rechte Aussagen zu positionieren, Narrative zu erkennen und zu durchschauen, Argumente einzuüben und Gegenstrategien zu erlernen ist generell eine gute Idee und stärkt die eigene Haltung.

Wenn ihr mitmachen wollt, schreibt mir eine E-Mail an hallo@ullascharfenberg.de (Opens in a new window). (Der Workshop findet in deutscher Lautsprache statt. Ihr braucht keine Vorkenntnisse, jedoch die technischen Voraussetzungen, um an einem Onlineworkshop mit Bild und Ton teilzunehmen.)

Ich biete den Workshop kostenlos an, würde mich aber freuen, wenn die Teilnehmenden einen Betrag in eigenem Ermessen an Ärzte ohne Grenzen (Opens in a new window) spenden.

Im Wochenrückblick geht es u.a. um die transfeindliche Agenda der spanischen Regierung, den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, einen rassistischen Gewalttäter, der trotz Verurteilung weiter als Polizist in Berlin arbeitet und mehrere Feminizide.

Kommt gut in die neue Woche, passt auf euch und aufeinander auf

Ulla

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