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Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Mäuse,

gestern vor 40 Jahren, am 23. September 1983, wurde die Deutsche Aidshilfe gegründet. Zwei Jahre nachdem die ersten Meldungen aus den USA über eine völlig neue und noch unbekannte Krankheit Aufmerksamkeit erregten. Rainer Schilling, einer der Gründer der Deutschen Aidshilfe (DAH), ist heute 80 Jahre alt. Dem Tagesspiegel erzählte er (Opens in a new window): „Die Angst war groß“ unter schwulen Männern und die Panikmache und Stigmatisierung der Medien tat ihren Teil dazu. Die DAH wollte sachliche Informationen zur Verfügung stellen, aber auch Erkrankte unterstützen, ihre und die Trauer der Community begleiten, und safer sex vermitteln, um die schwule Sexualität zu erhalten. Rainer Schilling sagt: „Wir wussten zunächst nicht, wie man sich vor der Krankheit schützen kann, wie lange die Infizierten noch zu leben haben.“ Es habe viele Anfragen gegeben, aber kaum Antworten. Doch die DAH professionalisierte sich schnell, ab 1985 wurde sie auch von der Bundesregierung finanziell unterstützt. Im gleichen Jahr kamen erste HIV-Tests auf den Markt und 1996 erste Kombipräparate zur medikamentösen Behandlung. Seit 2016 gibt es endlich PrEP (Präexpositionsprophylaxe), eine Pille, die wirksam vor der Infektion schützen kann. Im Jahr 2021 gab es in Deutschland 1.800 Neuinfektionen. Seit Entdeckung der Krankheit starben in Deutschland 32.000 Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion. Im internationalen Vergleich kam Deutschland damit noch „gut“ weg. In den USA starben bis Ende des Jahres 2000 448.060 Menschen an AIDS (Opens in a new window). Es ist nicht in Zahlen zu fassen, wie viel Leid dieses Virus und die jahrelange Weigerung, den Infizierten und den Risikogruppen zu helfen, gebracht haben. Die queere Community verlor einen großen Teil einer ganzen Generation. Die Welt wäre heute vielleicht eine andere, hätten diese Menschen überlebt.

Auch heute noch, trotz PrEP und mehr Aufklärung, leben laut Schätzungen der UN (Opens in a new window) weltweit 39 Millionen Menschen mit HIV. Rund 630.000 Menschen starben 2022 im Zusammenhang mit einer Infektion. Seit Beginn der HIV-Pandemie sind etwa 40,4 Millionen Menschen daran verstorben. Das ist auch eine Folge von Kolonialismus, White Supremacy und Kapitalismus. Denn heute müsste niemand mehr an der Krankheit sterben. Unter Therapie ist HIV nicht übertragbar. In Deutschland kämpft die Deutsche Aidshilfe gegen das Stigma und die Diskriminierung HIV-positiver Menschen. Doch die wichtige Arbeit ist nicht dauerhaft abgesichert. Kürzungen der Mittel drohen und im aktuellen politischen Klima steht der Einsatz für queere Menschen, Sexarbeiter*innen und Drogenabhängige nicht gerade hoch im Kurs. Für die Arbeit der Deutschen Aidshilfe könnt ihr hier spenden. (Opens in a new window)

Im Wochenrückblick geht es heute um genau dieses politische Klima, um die Ergebnisse der neuesten „Mitte-Studie“, nach der jede 12. Person in Deutschland ein rechtsextremes Weltbild teilt. Außerdem geht es um den von Christian Lindner geforderten „Asylkompromiss“, rassistische und antisemitische Vorfälle.

Zum Abschluss, und passend zum Thema dieses Newsletters, habe ich noch einen Literaturtipp für euch. Lion Christs Roman „Sauhund“ ist gerade bei Hanser erschienen (Opens in a new window) und erzählt die Geschichte von Flori, der 1983 aus der Provinz nach München kommt, in die schwule Szene eintaucht und sich durchs Leben treiben lässt, immer auf der Suche nach Liebe und Glamour. Es ist ein Roman über eine Zeit, in der Sex zwischen Männern verboten und Aids noch eine diffuse, aber dennoch präsente Bedrohung war. Ich habe mitgelitten mit dem Flori, manchmal gelacht, manchmal geweint und mich Hals über Kopf auf diesen Roman eingelassen, der mit einem Gitte-Hænning-Zitat beginnt und den bayrischen Dialogen einen ganz besonderen Sound erzeugt.

Das war’s für heute, Danke euch, wie immer fürs Lesen, habt es gut und passt auf euch und einander auf,

Hasengrüße!

Ulla

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