Skip to main content

CP6th Man - das fehlende Teilchen?

Die Saison ist noch keine zwei Wochen alt. Wir haben trotzdem schon Game-Winner gesehen, einen Blockbuster-Trade, Alley-Oop-Pässe aus dem Seitenaus über das gesamte Feld und zwei 0-Punkte-Spiele in fünf Anläufen für Patrick Williams. What a season, huh?, würde Kapitän Haddock vermutlich fragen. Dabei ist heute eigentlich erst Donnerstag.

Diese Zeit hat trotzdem schon gereicht, um zwei meiner Vorhersagen aus dieser Saisonvorschau-Kolumne bei ran.de wahr werden zu lassen. (Opens in a new window) Ich gebe zu, es waren nicht die steilsten Thesen daraus, aber man muss die Feste feiern, wie sie kommen. Mit einer Trefferquote von 20% bin ich jetzt schon nicht mehr weit entfernt von der aktuellen Feldwurfquote von Julius Randle, einem zweimaligen All-NBA-Spieler (27,6%).

Baby Steps!

James Harden spielt von jetzt an für die L.A. Clippers, wie angekündigt. Meine schriftliche Einschätzung dazu findet sich hier. (Opens in a new window) Zudem war Harden natürlich auch eins der Hauptthemen im aktuellen Korbjäger Podcast, siehe:

https://www.youtube.com/watch?v=gZWOcZqQoig (Opens in a new window)

Heute geht’s hier allerdings um die andere Vorhersage, die eingetreten ist. Chris Paul ist Bankspieler geworden, schon im dritten Spiel der Warriors war es so weit. Und die Resultate sind bisher sogar noch vielversprechender, als ich angenommen hatte … im Sinne von: Vielleicht gehört Golden State doch wieder mittenrein in den engsten Kreis der Titelanwärter. Aber wir wollen ja nicht überreagieren.

Paul hat bisher einen seiner 19 Dreier im Warriors-Jersey getroffen. Das ist ausbaufähig, wird so allerdings natürlich auch nicht bleiben (Karriere: knapp 37%). Und ich würde es eher als sehr vielversprechend bezeichnen, dass Paul das Warriors-Spiel trotzdem schon in allen erdenklichen anderen Arten positiv beeinflusst (momentan ist das Net-Rating um schmale 26 Punkte besser, wenn Paul auf dem Court steht).

Paul ist einer der smartesten NBA-Spieler der Geschichte und hat auch in Golden State nicht lange gebraucht, um sich an ein neues Setup zu gewöhnen beziehungsweise dieses auf seine Art zu bereichern. Seine Pick’n’Roll-Frequenz ist deutlich niedriger als vorher, das war bei den Warriors allerdings auch zu erwarten. Er bringt trotzdem eine neue Art von Struktur in die Offense.

Dank seiner Anwesenheit hat Steve Kerr nun immer einen elitären Playmaker auf dem Court, auch wenn Draymond Green sitzt. Was auch bedeutet, dass Klay Thompson und auch Stephen Curry noch mehr abseits des Balles eingesetzt werden können, auch als Screener, was traditionell keine gute Nachricht für gegnerische Defensiven ist. Wenn sich dadurch eine Möglichkeit bietet, findet sie Paul, wie hier für Andrew Wiggins:

Natürlich können auch Klay oder Curry selbst von Paul profitieren. Hier gibt Curry den Ball kurz ab, schubst seinen Verteidiger quasi in den Screen von Kevon Looney und bekommt den Ball von Paul prompt zurück, ein Give&Go für Fortgeschrittene:

Paul weiß sehr genau, dass der bestmögliche Abschluss immer ein Curry-Abschluss ist, wenn dieser auf dem Court steht.

Lineups mit Curry und Paul auf dem Court erzielen bis dato 130,3 Punkte pro 100 Ballbesitzen laut Cleaning the Glass. Das ist absurd. Selbst wenn sie noch einiges austarieren müssen, ist das eine Zahl, die, wenn sie sich ansatzweise bestätigen lässt, der Konkurrenz Angst machen sollte.

Es ist jedoch gar nicht die wichtigste Statistik, meiner Ansicht nach. Traditionell sehen solche „Lineups mit …“-Zahlen fast immer sensationell aus, wenn anstatt der drei Punkte „Stephen Curry“ dazugehört. Es ist Stephen Curry! Ein Ökosystem für sich, der Hohepriester der Gravity, einer der besten Offensivspieler der NBA-Geschichte. Dem zum Saisonstart auch noch Flammen aus dem Hintern schießen (31 PPG, 54% FG, 46% 3FG).

Wenn Golden State Probleme hatte, dann, abgesehen von der hohen Turnover-Anfälligkeit, nie konstant mit Curry auf dem Court. Selbst in den Jahren mit Kevin Durant war Curry für das Offensiv-Rating der mit Abstand größte Unterschiedsspieler bei den Warriors, auch in der vergangenen Saison waren sie um volle 7 Punkte besser, wenn er auf dem Court stand. Seit seinem Rookie-Jahr (!) waren es immer mindestens 5 Zähler Unterschied, die Offense war also in jedem Jahr deutlich schlechter, wenn Curry nicht spielte.

Aktuell liegt dieser Wert bei 3,6 Punkten, obwohl Curry wie gesagt sensationell in die Saison gestartet ist.

Lineups mit Paul ohne Curry kommen zurecht, bisher. Die Dubs verlieren nicht sämtliche Struktur, wenn ihr bester Spieler auf der Bank sitzt. CP3 setzt als Quarterback von banklastigen Lineups die jüngeren Athleten des Teams ein, verschafft Jonathan Kuminga oder Gary Payton II Layups und Dario Saric offene Dreier.

Er macht allen um ihn herum das Leben leichter, sucht und findet oft in Warriors-Manier schnelle Abschlüsse, ohne dabei je die Kontrolle zu verlieren. Wenn es nötig ist, drosselt er das Tempo auch mal und sucht methodisch nach dem besten Matchup für sein Team. Paul hat bisher 41 Assists und 6 Ballverluste in dieser Saison verzeichnet. Das ist sehr CP3-, aber überhaupt nicht Warriors-like.

Er ist in einem neuen Team, aber immer noch der Point God, der gleichzeitig spritziger wirkt als im Vorjahr und zumindest aus der Mitteldistanz durchaus auch selbst noch Gefahr ausstrahlt. Wenn er den richtigen Switch bekommt und die primären Scoring-Optionen von draußen zusehen, kann Paul selbst Leute, die 30 Jahre jünger sind als er, immer noch ziemlich alt aussehen lassen:

(Und wie erwähnt, der Dreier ist eigentlich auch besser, als die Quote derzeit aussieht.)

Alles in allem ist das ein Start, wie sich ihn Paul und die Warriors kaum besser hätten ausmalen können. Wir haben es Stand jetzt mit einer winzigen Stichprobe zu tun, es gilt also abzuwarten, aber der wichtigste Schritt – die Akzeptanz einer Bankrolle – ist immerhin schon geschafft und sollte auch nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Wenn Paul es über die Saison schafft, die Warriors in den Minuten ohne Steph nicht absaufen zu lassen, ohne sich darüber zu ärgern, dass er für diese Aufgabe eigentlich überqualifiziert ist … dann wäre eins der besten Teams der NBA auf einmal seine seit Jahren größte Schwäche los.

Hui.

Auf der anderen Seite: So ein Highlight wird Paul wohl über die gesamte Saison nicht produzieren. „Vorteil“ an seinen Vorgänger, Jordan Poole!

https://twitter.com/UsherNBA/status/1719135524001071523 (Opens in a new window)

Wer das auf dem Freiplatz nicht wenigstens einmal probiert hat, der hat nie gelebt. Die Wizards sind ein besonderes Team.

THE PLUG

In meiner ran.de (Opens in a new window)-Kolumne ging es in dieser Woche um Patrick Williams, Tyrese Maxey, Sasha Vezenkov, die gar nicht mal so schlechte Nuggets-Bank und die Rückkehr der Bad Boy Pistons … quasi. Hier zu finden! (Opens in a new window)

SOUNDTRACK

https://www.youtube.com/watch?v=b10JMGQPshg (Opens in a new window)