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Was bleibt?

Merkel und Macron/ Modiano oder Zémmour?/Neues von Ludovico Einaudi

Am Donnerstag der vergangenen Woche standen Emmanuel Macron und Angela Merkel vor dem Flügelaltar im Hospiz von Beaune (Opens in a new window)– ein Werk, dass man nie wieder vergisst. In gnadenloser Präzision malt Rogier van der Weyden seine Vision vom jüngsten Gericht als Stunde des Abwägens und man würde gerne wissen, mit welchen Gedanken die beiden es betrachtet haben. Es lässt niemanden unbewegt. Später jedenfalls kam es zu einer bemerkenswerten Szene: Die Kanzlerin und der Präsident standen nebeneinander, als sie mit dem höchsten französischen Orden geehrt wurde. Und dann, beim Foto, berührten sie sich und wieder und wieder bis sie sich umarmten. 

(Foto:Bundesregierung/Kugler) besonders faszinierend aber ist das Video der Szene: 

https://twitter.com/EmmanuelMacron/status/1456041945143382017?s=20 (Opens in a new window)

Wenn man es  genau betrachtet, ist die Bundekanzlerin zu Beginn irritiert, weil Macron ihren Rücken berührt. Fast genervt als er das zum zweiten Mal macht - da nickt sie energisch, als würde sie sagen wollen: Stopp, ist gut jetzt. Und legt ihm dann den Arm auf die Schulter, woraufhin Macron sie umarmt. Das ganze Gefuchtel wirkt dann aber doch rührend und symbolisiert ganz gut die Beziehung der beiden: Das Problem, zu einem gemeinsamen Timing zu finden, wechselseitige Irritationen, aber finalement ist dann doch alles schöner geworden, als erwartet. 

Niemand wird noch über den deutschen Bundestagswahlkampf klagen wollen, wenn man den französischen Präsidentschaftswahlkampf verfolgt. Aber die Zeiten enttäuschender Politik sind auch große Zeiten der Literatur. Neben all den vielen guten jüngeren AutorInnen ist auch Patrick Modiano mit einem neuen Roman in den Buchländen – kein Mensch weiß mehr, sein wievielter das nun ist. 

In "Chevreuse" variiert er Motive, die auch schon vorige Romane durchzogen: Geheimnisvolle Adressen, seltsame Gestalten mit einem komplizierten Lebenslauf, fragmentierte Kindheitserinnerungen – im Großraum Paris Mitte der 1960er Jahre. Man findet darin das Echo jener Jahre, in denen Geheimdienste und Mafia gemeinsam gegen vermeintlich kommunistische Umtriebe, etwa unter Ausländern und Studenten, vorgingen. Der Nobelpreisträger des Jahres 2014 pflegt das, was man früher ein Alterswerk genannt hätte. Virtuos und einnehmend. Wenn man durch ist, kann gleich wieder damit anfangen. Wie tönte der unausstehliche Éric Zémmour: In Frankreich darf es keine zwei Zivilisationen geben. Ich würde jene von Patrick Modiano wählen. 

Als ich im vergangenen Jahr knapp vor Corona nach Mailand reiste, um Ludovico Einaudi zu interviewen (Opens in a new window), empfing er mich in seiner Altbauwohnung. Während der Fotoaufnahmen nahm er am Klavier in seinem Arbeitszimmer Platz und begann bald, sich zu langweilen. Dann spielte er los. Die Fenster standen offen. Es war, als würde seine gemütliche Mailänder Nachbarschaft abheben. Einaudi hat recht spät in seiner Karriere etwas Neues begonnen, die Welt der neuen Musik verlassen und versucht, mit seinen eigenen Kompositionen, mit Filmmusik und Konzerten zu überzeugen. 

Danach stand ich aufgewühlt in einem Café und überlegte, was das für mich heißen könnte: Unter anderem, den Spiegel zu verlassen und diesen Newsletter zu schreiben. 

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Im Januar kommt ein neues Album des Maestros, hier schon mal ein Auszug:

https://youtu.be/MgS-Lq_pUGk (Opens in a new window)

Kopf hoch, 

ihr

Nils Minkmar

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