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Sanremo 2025: Ein paar Tipps – und ein Interview mit Eric Pfeil

Sanremo 2025 beginnt.

Ab Dienstag, 11. Februar und bis einschließlich Samstag, 15. Februar, wird an fünf Abenden ab 20.30 und bis weit über Mitternacht hinaus voraussichtlich wieder ein großer Teil der Menschen in Italien vor ihren Fernsehern oder sonstigen Videogeräten sitzen.

Es werden wohl wieder fünf Abende, an denen weit über zehn Millionen Menschen um eine Art TV-Lagefeuer Platz nehmen: eine Gemeinschaftserfahrung, die es in den 2020er Jahren so kaum noch gibt auf dieser Welt.

Sanremo ist ein unübersetzbar italienischer Musikwettbewerb.
In wohl keinem anderen Land der Welt hat eine Musikveranstaltung eine solche Strahlkraft und gesellschaftliche Wirkung.

Was Sanremo bedeutet

Warum Sanremo so wichtig ist, wie das Festival so groß geworden ist, wie es im Lauf der Jahrzehnte mehrfach vor dem Ende stand und immer wieder zurückgekommen ist: All das habe ich in Folge 8 von Kurz gesagt: Italien (Opens in a new window) erzählt.

Und ich habe darin erklärt, warum dieses Musikfestival so wichtig ist für dieses Land – und warum die Geschichte hinter Sanremo dabei hilft, Italien besser zu verstehen.

https://kurzgesagt-italien.podigee.io/8-sanremo (Opens in a new window)

Wo man Sanremo anschauen kann

Um Sanremo auch außerhalb Italiens zu verfolgen, reichen eine stabile Internetverbindung und ein internetfähiges Gerät.

Auf der Mediathek-Seite RaiPlay des öffentlich-rechtlichen italienischen Rundfunks Rai ist der Livestream zu Sanremo an den Festivalabenden wie in den Vorjahren gratis und ohne Geoblocking abrufbar (Opens in a new window).

Der Link dazu wird an den Abenden ganz oben in der App und auf der Website von RaiPlay (Opens in a new window) eingeblendet.

Wer einen Apple TV neuerer Generation hat, kann dort die RaiPlay-App herunterladen und den Livestream so bequem auf dem großen TV-Bildschirm aufrufen, gleiches gilt für viele Fernseher mit Smart-TV-Funktionen.

Wie gesagt, es geht an jedem Abend von Dienstag, 11. Februar bis Samstag, 15. Februar, um 20.30 Uhr los – und dauert an manchen Abenden bis tief in die Nacht.

Die Überziehungen bei Sanremo-Übertragungen sind im italienischen Fernsehen fast sprichwörtlich.

https://www.raiplay.it/ (Opens in a new window)

Interview mit Eric Pfeil zu Sanremo

In diesem Jahr, vor Sanremo 2025, habe ich für Kurz gesagt: Italien den vielleicht größten deutschsprachigen Experten für italienische Musik zu einem Gespräch über Sanremo getroffen:

Eric Pfeil. (Opens in a new window)

Eric Pfeil ist Musikjournalist, er ist Autor, er ist Musiker und Songschreiber. 

Eric hat in den vergangenen Jahren die äußerst lesenswerten Bücher Azzurro (Opens in a new window) und Ciao Amore, Ciao (Opens in a new window)geschrieben – in denen er die Geschichten hinter insgesamt 200 italienischen Popsongs erzählt. 

Sanremo erwähnt Eric in seinen Büchern dutzende Male. Das Festival hat ihn so fasziniert, dass er 2024 einen schönen, mit klugen Anspielungen gespickten Song namens Sanremo veröffentlich hat (Opens in a new window).

Im Gespräch mit Kurz gesagt: Italien sagt Eric Pfeil in wenigen Sätzen, warum aus seiner Sicht alle, die sich für Italien interessieren, Sanremo schauen sollten – und er verrät, auf welche Künstlerinnen und Künstler er sich in diesem Jahr besonders freut.

(zur besseren Lesbarkeit habe ich Textstellen ausgelassen, sie sind mit (…) markiert; zur besser Verständlichkeit habe ich Ergänzungen vorgenommen, sie in eckigen Klammern eingefügt [ ])


Eric, warum sollte man Sanremo schauen?

Ich sage den Leuten immer: Wenn man verstehen will, was gerade im Moment in Italien los ist, dann lohnt es sich sehr oft, dieses Festival zu gucken, in seiner Gesamtheit, wohlgemerkt. Die Musik ist das eine, wie wir alle wissen. Das ist schön und entflammt mich jedes Jahr aufs Neue und ist ganz toll. Aber es passiert ja auch eine Menge drumherum und oft – (…) unter der Ägide von Amadeus* war es ja auch so – dass einfach viel Aktivismus und so weiter auf der Bühne passiert ist. Es ist aber auch oft interessant zu sehen, was nicht passiert.

Das sah man im letzten Jahr, finde ich sehr gut, wo das Thema Politik versucht wurde, draußen zu halten. Sie war aber trotzdem da. Und auch so was ist sehr interessant. Also ich sage immer, dem Land wird da wirklich das Fieber gemessen. Man sieht, was los ist, was die Leute umtreibt. (...) Ich empfinde das wirklich so, dass man Italien, wie es sich im Moment zeigt, da sehr gut erleben kann.

*der in Italien seit Jahrzehnten bekannte Radio- und Fernsehmoderator Amadeus war von 2020 bis 2024 künstlerischer Direktor des Festivals von Sanremo


Gibt es künstlerisch gesehen Auftritte, auf die Du dich bei Sanremo 2025 besonders freust, die Du besonders spannend findest (...)?


Ja, auf jeden Fall. (...) Ich freue mich über jedes Mal, wenn ich Massimo Ranieri (Opens in a new window) irgendwo auf der Bühne in einer Fernsehsendung sehe, (…) das ist wirklich einer der Letzten, der dieses klassische italienische, aus der musica leggera kommende Showgeschäft verkauft hat. Also diese Smoking-Lackschuh-Abteilung. Und [er ist] jemand, der auf der Bühne jede Pirouette drehen kann, wo es bei jedem anderen zerbröseln würde und bei ihm ist das großartig. Also auf den freue ich mich sehr, (...) da bin ich sehr gespannt. 

Dann (...) Brunori Sas (Opens in a new window), natürlich. Also, ein Vertreter dieser dritten cantautori-Generation eigentlich, den ich ganz toll finde, [auf ihn] bin ich sehr (…) gespannt. [Brunori Sas], der auch am Abend der Duette** unter anderem [mit] Di Martino, einer Hälfte von Colapesce Di Martino (Opens in a new window), auftritt. 

Coma_Cose (Opens in a new window) finde ich immer sehr interessant, weil die (...) für diesen Mailänder Hipster-Pop stehen, den sie, finde ich, auf eine sehr schöne Art mit so klassischen italienischen Melodie-Strukturen verbinden. Und ich sehe die einfach sehr gerne, also sie sind ein tolles Paar.
 
Lucio Corsi (Opens in a new window) finde ich unglaublich interessant, also ein junger Cantautore.

Francesco Gabbani (Opens in a new window) ist so jemand, (...) der fast jenseits von Gut und Böse operiert, also so ein Strahlemann. (...) Ich finde den trotzdem nicht uninteressant.

Und dann eben diese ganze Generation Tony Effe (Opens in a new window), Modà (Opens in a new window) und solche Leute. 

Ich finde auch die Mischung eigentlich ganz gut, aber es ist eine Nummer-Sicher-Mischung, wo jetzt noch nicht die neuen Spitzen drin sind. Also da ist keine, weiß nicht, neue Madame (Opens in a new window) dabei oder keine neuen Måneskin (Opens in a new window) dabei, wo man denkt: „Was mag das denn werden?


** Wie schon in den vergangenen Sanremo-Ausgaben findet auch diesmal ein sogenannter Cover- oder Duett-Abend statt: Am Freitag, 14. Februar, singen alle teilnehmenden Musiker nicht den neuen Song, mit dem sie im Wettbewerb antreten – sondern den Song eines anderen Künstlers, einer Künstlerin oder einer Band aus früheren Zeiten. Die Liste mit den Duett-Auftritten hat Moderator Carlo Conti Ende Januar bekanntgegeben.  (Opens in a new window)



Ich finde extrem faszinierend, wie es den Machern von Sanremo gelungen ist, Sanremo zu einem medialen Lagerfeuer für ganz Italien zu machen. Es ist wieder zu etwas wahnsinnig Großem geworden, auf das sich der 16-Jährige, der beim Anschauen seinen TikTok-Feed durchscrollt einigen kann mit der 80-jährigen Oma, die die Helden ihrer Jugend noch mal auf der Bühne sieht. Alle (…) schauen das an und regen sich auf und streiten darüber, aber alle interessiert das irgendwie. 


Ja, dass es diese Renaissance gab, (...) das ist natürlich wirklich das Verdienst von Amadeus. (...) Ich glaube [aber auch] schlicht, dass es dann doch diesem großen Erbe der [italienischen] Musik zuzuschreiben ist. Dass sie (...) diese Fähigkeit zur nationalen Umarmung hat, anders als [in Deutschland].

Das es aber immer (...) auch einer guten Kuratierung bedarf und dass das immer wieder neu erzählt werden muss. Und das ist in den letzten Jahren gelungen. 

Das ganze, über eine Stunde lange, Gespräch mit Eric Pfeil habe ich als Bonus-Episode veröffentlicht.

Wer eine Primo- oder Secondo-Mitgliedschaft abschließt, kann die Podcast-Bonusepisode mit dem ganzen Gespräch mit Eric Pfeil über den Bonus-Podcastfeed anhören.

Sie ist außerdem – wie alle anderen Bonusepisoden – hier verfügbar. (Opens in a new window)

Eric und ich sprechen im Verlauf des Gesprächs über den jungen Ur-Neapolitaner Géolier – und darüber, warum ihn die einen lieben und die anderen unmöglich finden.

Wir reden über die Zweifel um den neuen Chef von Sanremo, Carlo Conti, geredet – und über die Frage, was sich der Musikbetrieb in deutschsprachigen Ländern abschauen könnte von Sanremo.

Es geht um den unübersetzbar italienischen Umgang mit political correctness, der bei Sanremo immer wieder sichtbar wird – und die allgemeine Frage, wie politisch dieses mittlerweile dritte Sanremo-Festival unter der Regierung Giorgia Melonis sein wird.

Wir reden über mögliche Favoriten für Sanremo 2025 – und darüber, warum bayerische und österreichische Pop-Musik dem Geist von Sanremo vielleicht ein bisschen näher kommen als die Musik aus nördlicheren Regionen.

Eine Liste für die Festivalabende

Hier zur Übersicht eine Liste aller Teilnehmenden von Sanremo 2025, jeweils mit dem Song, mit dem sie auftreten:

Achille Lauro – Incoscienti Giovani

Gaia – Chiamo io chiami tu

Coma_Cose – Cuoricini

Francesco Gabbani – Viva la vita

Willie Peyote – Grazie ma no grazie

Noemi – Se ti innamori muori

Rkomi – Il ritmo delle cose

Modà – Non ti dimentico

Rose Villain – Fuorilegge

Brunori SAS – L'albero delle noci

Irama – Lentamente

Clara – Febbre

Massimo Ranieri – Tra le mani un cuore

Sarah Toscano – Amarcord

Fedez – Battito

Simone Cristicchi – Quando sarai piccola

Joan Thiele – Eco

The Kolors – Tu con chi fai l'amore?

Bresh – La tana del granchio

Marcella Bella – Pelle diamante

Tony Effe – Damme ‘na mano

Elodie – Dimenticarsi alle 7

Olly – Balorda nostalgia

Francesca Michielin – Fango in paradiso

Lucio Corsi –  Volevo essere un duro

Shablo ft. Guè, Joshua e Tormento – La mia parola

Serena Brancale – Anima e core

Rocco Hunt – Mille vot' ancora

Giorgia – La cura per me

A presto


Sebastian

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