Trailer: Was dieser Podcast eigentlich soll – und wer ich bin
Dolce vita, amore, pizza, pasta: Wenn es um Italien geht, haben viele Menschen Klischees im Kopf. Aber die reichen nicht, um das Land zu begreifen.
Mein neuer Podcast Kurz gesagt: Italien hilft dabei, Italien besser zu verstehen.
Ich möchte, dass jeder deutschsprachige Mensch, der sich für Italien interessiert, Spaß an diesem Podcast haben kann – egal, wie viel oder wenig Vorwissen sie oder er hat. Egal, ob sie oder er Italienisch kann.
Die erste Folge Kurz gesagt: Italien erscheint am 1. Juni.
Mein Name ist Sebastian Heinrich, ich bin der Host von Kurz gesagt: Italien. Ich bin politischer Journalist – und mein Leben ist seit über 20 Jahren eng verwoben mit Italien. Was ich damit meine, dazu habe ich weiter unten mehr geschrieben.
Erst möchte ich noch ein paar Worte darüber loswerden, wie dieser Podcast aufgebaut ist.
Wie Kurz gesagt: Italien funktionieren soll
In jeder Episode Kurz gesagt: Italien nehme ich ein unübersetzbares italienisches Wort unter die Lupe. Hinter jedem dieser Wörter steckt eine spannende Geschichte über Italien, dieses wundervolle und komplizierte Land.
Jede Folge Kurz gesagt: Italien besteht aus drei Teilen.
Der erste Teil jeder Folge heißt la parola, zu Deutsch "das Wort". Darin erkläre ich so gut wie möglich, was das unübersetzbare Wort bedeutet. Damit sofort klar ist, worüber wir eigentlich sprechen.
Der zweite, längste Teil jeder Episode heißt la storia dietro la parola, die Geschichte hinter dem Wort. Hinter jedem unübersetzbaren Wort, um das sich dieser Podcast dreht, steckt ein spannendes Stück Italien. Die Geschichte hinter autogrill zum Beispiel handelt davon, wie ausgerechnet Autobahnraststätten zu einem Teil der italienischen Identität geworden sind. Die hinter tangentopoli liefert zumindest einen Teil der Erklärung dafür, warum italienische Politik so rätselhaft ist. Und hinter cinepanettone steckt ein kulturelles Phänomen, das Jahr für Jahr wiederkehrt – und das Italien in Fans und Hasser spaltet.
Die Episoden enden immer mit einem kurzen, dritten Teil. Er heißt passaparola, also Mundpropaganda. Darin gebe ich den Hörerinnen und Hörern noch einen Tipp mit auf den Weg: für einen Artikel, einen Podcast, einen Film, ein Buch, eine Serie, die mit dem unübersetzbaren Wort zu tun haben.
Darüber, was ich mit diesem Podcast vorhabe, spreche ich im Trailer zu Kurz gesagt: Italien, der jetzt online ist:
https://kurzgesagt-italien.podigee.io/t1-neue-episode (Opens in a new window)Wer ich bin: Sebastian Heinrich, Journalist und polenterrone mitteleuropeo
Ich bin politischer Journalist. Seit ich mein Volontariat – meine journalistische Ausbildung – ausgeschlossen habe, arbeite ich in politischen Redaktionen. Ich liebe meinen Beruf, er steht in meiner Profilbeschreibung auf Twitter (Opens in a new window) deshalb auch ganz am Anfang.
Weil ich Journalist bin, stelle ich an mich selbst den Anspruch, dass Kurz gesagt: Italien ein Podcast mit journalistischen Standards ist. In dem also Fakten, die ich nenne, aus seriösen Quellen sauber recherchiert sind – und in dem ich deutlich mache, wenn ich etwas nicht genau weiß, weil die Quellenlage unsicher ist. Ein Podcast, in dem Meinungsäußerungen auf recherchierten Fakten basieren – und Meinungen, Fakten und Einordnungen möglichst gut erkennbar voneinander getrennt ist.
Auf meinem Beruf folgen in meiner Twitter-Kurzbio zwei Wörter, die mein bisheriges Leben umschreiben sollen: polenterrone mitteleuropeo.
Mitteleuropeo, das Wort kennen italienische Schülerinnen und Schüler aus ihren Italienisch- und Geschichtsbüchern. Es ist ein Lehnwort aus dem Deutschen. Mitteleuropeo, das bezeichnet die Kultur Mitteleuropas, vom Rhein bis in die heutige Westukraine, von Goethe bis Elfriede Jelinek, von Václav Havel bis zu den Einstürzenden Neubauten: Sie alle sind mitteleuropei. So wie ich. Ich bin im bayerischen Regensburg geboren, meine Familie kommt (mütterlicherseits wie väterlicherseits) aus einer früher deutschsprachigen Region im heutigen Tschechien.
Polenterrone dagegen ist ein Kunstwort.
Seit ich denken kann, sind wir in jedem Urlaub in Italien gewesen: immer Mittel- oder Süditalien, schließlich vier Jahre in Folge Kampanien, südlich von Neapel. Beim vierten Urlaub dort, es war im August 1999 und ich war 12 Jahre alt, machte sich im Kopf meiner Mutter innerhalb weniger Tage der Gedanke breit, dort hinzuziehen. Das Haus bei Regensburg zu verkaufen und stattdessen eines im Cilento zu kaufen: dieser spektakulären Gegend (Opens in a new window), in der es kilometerlange Sandstrände gibt, Hügel, aus denen Olivenbäume und macchia mediterranea wachsen – und ein paar Kilometer Luftlinie entfernt Berge mit Kastanien- und Nadelbaumwäldern, die fast 2.000 Meter in den Himmel ragen.
(Süditalien: Blick vom Ort Castellabate aus nach Norden)
Mama hat die Idee durchgeboxt, binnen weniger Wochen. Im Januar 2000 stand ich zum ersten Mal in einem kleinen Klassenzimmer einer süditalienischen scuola media und musste diktierte italienische Sätze auf die schwarze Schultafel schreiben – und die Kreide dann mit dem cassino wegwischen, einer staubtrockenen Spirale aus Stoffresten (Opens in a new window).
In den Jahren danach schloss ich die scuola media ab, wechselte aufs liceo classico, das humanistische Gymnasium. In den fünf Jahren classico war ich ein Jahr lang rappresentante di classe, Klassensprecher. Wir fuhren auf unvergessliche gite scolastiche. Auf der Klassenfahrt nach Wien musste ich in einer Tour dolmetschen: an der Hotelrezeption, im Wirtshaus, im Souvenirladen.
Ich habe als Teenager in Süditalien gelebt. Ich habe mit meinen Freunden zu Mai dire Gol und zu den Filmen von Carlo Verdone gelacht und kenne ganze Simpsons-Staffeln nur auf Italienisch. Ich habe mit Klassenkameraden stundenlange Diskussionen geführt über die Regierungspolitik von Silvio Berlusconi, die Bildungsreformen seiner Ministerin Letizia Moratti. Ich bin beim fantacalcio abgeschmiert und habe trotzdem am Montag in Richtung der juventini zwei Bänke weiter gefeixt, wenn sich Juventus in der Serie A am Sonntag blamiert und die Roma einen guten Tag gehabt hatte. Ich weiß, wie sich drei Monate Sommerferien anfühlen, einerseits mit dem Meer 20 Minuten Motorrollerfahrt entfernt, andererseits mit einer ellenlangen Liste an Buchbesprechungen, Matheaufgaben, Griechischübersetzungen auf dem Schreibtisch, die bis Mitte September erledigt sein müssen. Ich bin inmitten verschwitzter Jugendlicher im überfüllten Interregionale-Zug auf das concertone (mein Artikel darüber aus dem Jahr 2010 ist in dem verlinkten PDF-Magazin auf Seite 38) (Opens in a new window) gefahren, das große Maikonzert in Rom, mit seinen Stars der alternativen Szene und den dicken Marihuana-Schwaden über der Piazza San Giovanni. Ich bekomme bis heute schweißnasse Hände beim Gedanken an die Abiturprüfung, die wir bei weit über 30 Grad im Schatten schrieben, mit laufenden Ventilatoren im Flur unserer Schule und diesen verdammten Zikaden, die ich durch die offenen Schulfenster nie so laut zirpen gehört habe wie an diesem Junivormittag, als ich an der Matheaufgabe scheiterte.
Kurzum: Ein Teil von mir ist zum terrone geworden. Terrone, Erdfresser, so schimpfen manche Nord- und Mittelitaliener jemanden aus dem heißeren, ärmeren und angeblich unterentwickelten Süden. Terroni, so nennen sich viele im Süden heute selbst, mit trotzigem Stolz.
Ja, und polentone, das ist der Schmähname, den sie wiederum im Süden denen im Norden an den Kopf werfen, diesen angeblich hochnäsigen, dauergestressten Besserwissern aus Mailand, Turin oder Triest. Nachdem ich nach dem Abitur zum Studium zurückgekehrt war nach Deutschland, lernte ich dort eine wundervolle Frau kennen, gebürtige Norditalienerin. Sie ist heute meine Ehefrau – und ich habe das große Glück, Teil ihrer Familie geworden zu sein. Ich habe an ihrer Seite Padua und Venedig, Treviso und Montagnana lieben gelernt, ich schmelze jetzt nicht mehr nur vor einem sauté di cozze oder einem Teller salsiccia e friarielli hin, sondern auch vor bigoli al ragù d'anatra und risotto al radicchio di Treviso.
(Norditalien: Die Piazza della Signoria in Padua)
Mein bisheriges Leben hat aus mir also einen polenterrone mitteleuropeo gemacht.
Polenterrone mitteleuropeo zu sein hilft dabei, einen guten Podcast über Italien zu machen. Aber es reicht natürlich nicht.
Ich halte mich täglich auf dem Laufenden darüber, was in Italien passiert. Ich halte Kontakt zu meiner zweiten Heimat, ich versuche, so gut wie möglich zu verstehen, in welche Richtung sich Italien entwickelt. Ich arbeite mich ab an Klischees, die zu oft in deutschsprachigen Medien verbreitet werden, wenn es um Italien geht – und ich freue mich über die gute Arbeit derjenigen Kolleginnen und Kollegen, die Empathie und tieferes Verständnis entwickelt haben für dieses wundervolle und komplizierte Land.
Mit Kurz gesagt: Italien möchte ich selbst einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen aus dem deutschsprachigen Raum dieses Land besser kennenlernen.
Ob ich das hinbekomme, das werden Sie, das werdet ihr entscheiden.
A presto! :)