Wie aufregend muss ein Leben sein?
Mein Postfach explodierte förmlich, nachdem ich das Buch von Monika Fuchs in der Story gezeigt und ein paar Sätze über ihr aufregendes Leben geschrieben hatte. Das reichte schon, um so viel bei meinen Leserinnen auszulösen. Viele schrieben mir, sie hätten durch diese wenigen Zeilen das Gefühl bekommen, nicht genug aus ihrem Leben gemacht zu haben. Sie hätten Angst, etwas verpasst oder sich selbst im Leben mit Kind(ern) verloren zu haben.
Ich kann das nachfühlen
Foto von NEOM (Opens in a new window) auf Unsplash (Opens in a new window)
Keine Ahnung, ob es richtig ist. Aber im Leben mit Kind musst du ja zwangsläufig jede Menge Kompromisse eingehen. Und viele unserer Träume bleiben auf der Strecke. Manche, weil es einfach schwer bis unmöglich ist, sie umzusetzen. Und andere, weil wir nicht den Mut haben, sie anzugehen. Vor allem aber, weil wir glauben, niemandem aus unseren Familien einen Preis für die Erfüllung unserer Träume zumuten zu können. Denn wir lernen sehr früh, dass wir uns niemandem zumuten dürfen und vor allem dann gute Mütter sind, wenn wir geben - und nicht nehmen.
Viele Jahre klappt das ja auch relativ gut. Ich glaube, je mehr wir im Hamsterrad aus wenig schlafen und viel kümmern stecken, umso weniger Zeit haben wir überhaupt, uns über Fragen wie Lebensentwürfe oder Träume einen Kopf machen zu können. Das sind gewissermaßen Luxusprobleme, während du einfach nur versuchst, möglichst unbehelligt durch den Tag zu kommen und dabei möglichst wenig Fehler zu machen.
Aber irgendwann kommt der Punkt
Irgendwann sind die Kinder größer und weniger betreuungsintensiv. Irgendwann gibt es Zeit und zumindest so viel Ruhe, um sich selbst Fragen stellen zu können. Wobei: ich glaube gar nicht, dass das ein aktiver Prozess ist. Die Fragen kommen zwangsläufig an die Oberfläche. Sie kommen, ob du sie jetzt hören willst oder nicht. Ob du Antworten parat hast oder händeringend nach ihnen suchst.
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir uns irgendwann auf "zweite Lebenshälfte" zubewegen und die Endlichkeit unseres Lebens viel mehr erkennen und auch spüren.
War es das? Was habe ich aus meinem Leben gemacht? Werde ich einmal zurückschauen und verpasste Chancen bereuen? Bin ich einen eigenen Weg gegangen im Leben oder habe ich ausschließlich für andere funktioniert? Bin ich für meine Träume und mein Glück eingestanden?
Das nur einige der Fragen, die früher oder später aufkommen. Vermutlich ist es der falsche Anspruch, dass wir all diese Fragen zufriedenstellend beantworten müssen. Ich glaube kaum, dass es möglich sein kann, ein Leben zu leben, in dem wir zu 100% selbst stattfinden und in dem es keine einzige verpasste Chance gibt. Ich bin davon überzeugt, dass - zumindest dann, wenn wir in Beziehung mit anderen Menschen leben und Verantwortung für Kinder tragen - es immer Kompromisse gibt und geben muss. Häufig eben auch zu unseren Lasten. Ich bin mir sicher, dass es immer Wege gibt, die wir in der Rückschau vielleicht anders gegangen wären. Das ist normal. Das ist das Leben. Das dürfen wir annehmen, weil Leben ja immer irgendwie trial and error bedeutet und weniger das Ziel, sondern mehr der Weg dahin eine Rolle spielt.
Aber was, wenn wir wirklich kaum stattgefunden haben?
Was, wenn wir in unserem eigenen Leben gar keine Hauptrolle spielen, sondern uns mit der Rolle einer Statistin begnügt haben? Was, wenn wir das Drehbuch aus der Hand gegeben und von anderen Menschen haben schreiben lassen? Was, wenn wir eben nicht zufrieden und mit uns im Reinen auf die Höhen, Tiefen, Wege und Irrwege eines erfüllten Lebens zurückschauen können, sondern uns bedauernd fragen: "und wo habe ich da eigentlich eine Rolle gespielt?"
Vielleicht passiert es nie. Vielleicht werden wir nie bedauern. Vermutlich aber liegt der Schlüssel dafür im Heute. Instinktiv spüren wir das, wenn all diese Fragen plötzlich hochkommen. Sie sind unsere Chance auf mehr. Auf Kurskorrekturen und die Möglichkeit, besser für uns einzustehen und mehr bei uns anzukommen. Dafür nämlich ist es nie zu spät!
"Aber was, wenn ich gar kein aufregendes Leben will?"
Wurde ich auf meine Story über Monika Fuchs gleich mehrfach gefragt. "Was, wenn ich zufrieden bin mit dem Einfachen, Gewöhnlichen? Was, wenn ich gar keine Abenteuer erleben, nicht weit reisen oder aufregende Jobs machen will?" Was, wenn ich das aufregende Leben der anderen sehe und nur denke: "hey, macht halt. Aber ich selbst will eigentlich genau da bleiben, wo ich bin?"
Dann sei dankbar
Denn ganz offensichtlich bist du genau da, wo du sein möchtest im Leben. Das ist ein großes Geschenk, ein Schatz, den du hüten und wertschätzen darfst. Und nein, du musst kein fancy Leben führen, nur weil irgendwelche Menschen in Instagramhausen dir das so verkaufen. Du darfst du sein: mit all dem, was dich ausmacht.
Wichtig ist doch nur, dass wir nicht eines Tages zurückschauen und bereuen. Dass wir nicht all den ungelebten Träumen und Ideen nachtrauern. Wichtig ist, dass wir gelebt haben: unser Leben! Und das haben wir hier und heute in der Hand.