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Dreh: Deine Freunde. Ein Diary

Drehwoche. Ich darf Statistin in Alexa Fesers (Opens in a new window) neuem Musikvideo sein und bin ein Wolf. Erscheinungstermin: 6.10.23! Zur Einstimmung auf den 27. September und das Projekt 'Ein Tag im Jahr (Opens in a new window)' von Susanne Hösel und Christina Müller, das die Autorin Christia Wolf - wie passend ist das bitte schön - ehrt, schreibe ich Tagebuch und skizziere auch diese Woche. Zu Ein Tag im Jahr schreibe ich unten noch mehr. A-whoo! Los gehts.

Montag
Wir basteln Masken, sprechen über Kostüme und Planen die kommenden Tage. Es ist halb eins in der Nacht, als mir einfällt, dass ich am nächsten Morgen einen Termin habe, bei dem ich die erste F*ck up Night der Stadt besprechen werde. What the actual Eff. Ich bitte M. um Hilfe, meine Maske zu beenden und fahre nach Hause. Dort so hyped, dass ich erst um kurz nach drei einschlafe.

Heute bin ich 50% Musik, 50% Wolf. Ihr?

Dienstag
Müde, aber in bester Gesellschaft. Mit zwei Kolleginnen spreche ich über die F*ck up Night, bei der ich auch selbst von mir und Scheitern in der Kunst erzählen werde. Dann nach Hause und Street Style-Klamotten für den Dreh anziehen. Weiter. Im Skate Park ist es ruhig. Eine Frau übt Parcours, drei Leute skaten. Ich stelle mich auf Morts Board und werde von ihm über den Platz gezogen. Meine Körpermitte ist vorhanden, meine Knie sind wackelig. Wir setzen unsere Masken auf, drehen Stills, tanzen, gehen, hängen rum. Es macht mir alles schrecklich großen Spaß und ich bin verliebt in uns. Die Parcours-Anlage fasziniert mich. Ich ziehe mich an einer Stange hoch und weiß nicht weiter. Am Nachmittag sind wir fertig. Ich fahre nach Hause und arbeite bis es Abend wird noch für das Kulturzentrum Düne.

Wind weht der Nacht entgegen, Wölfe flüstern. Auftritt: eine müde Frau

Mittwoch
Den Tag über frei, wir warten auf die Dunkelheit. Ich verbringe meine Zeit damit, zu schreiben. Die Gespensterbriefe haben ihr erstes Ziel geknackt. Ich freue mich total. Heute wollen wir eine Partyszene auf dem Dach drehen, wie passend.

Heute Party auf dem Dach, ich tanze mit Tränen in den Augen. (Ultra windig)

Es ist Abend geworden. Wir treffen uns alle in der großen gemütlichen WG. Ich trage ein Kleid von Susie Cave und liebe es. Auf dem Dach ist es zu dunkel, wir verschmelzen mit der Nacht. Egal, welches Licht zum Ausleuchten genutzt wird, meine Maske verschwindet ganz. Wir gehen raus und finden eine perfekte Gasse in der Innenstadt. An ihrem Ende befindet sich ein Antiquariat, was will man mehr. Alexa nennt sie "krasse Gasse", wir drehen 10, 12, 13 Takes und gehen im Licht der Straßenlaternen auf.

Morton und ich in schicken Klamotten vor einem Spiegel.

Donnerstag
Es ist früh, wir fahren durch den klaren warmen Morgen zu einer Flussbar. An einem anderen Ort hieße das Lokal 'Strandbar', aber hier gibt es kein Meer. Die Location wird ausgecheckt und im perfekten Gelb der Stahlträger und dem Gold der Sonne tanzen wir. Enten ziehen vorbei, ein Jogger sieht uns zu. Es ist der schönste Ort bisher, weil die Farben knallen und wir aussehen wie verlorene Kinder aus Nimmerland.

Dachte Drehwoche wäre easy. Morgens ein bisschen tanzen, nicken, aussehen und am Nachmittag Brotjob und abends schreiben. Turns out, ich bin einfach mittags kaputt und kann nur noch Lakritz essen und schlafen gehen.

Freitag
Wir drehen auf dem Gelände meiner Alma Mater. Es freut mich, diesen Ort inzwischen als Kulturschaffende oder Zuschauerin zu besuchen. Es verschafft mir die nötige Distanz, um wieder gerne Fachtexte zu lesen.
Heute haben wir so viel Zeit, dass wir uns sogar eine richtige Pause nehmen, in der wir uns aufwärmen können. Nachdem wir auf dem Uni-Gelände fertig sind, ziehen wir in den Wald und suchen einen dunklen Spot, damit wir wieder und wieder und wieder einen Waldweg entlanggehen können, ohne uns dabei etwas zu brechen. Die Sicht unter den Masken ist echt eingeschränkt. Es klappt!

Wir küssen den Asphalt und streifen durch den Wald. Wir sind die Tiere, mit denen niemand rechnet.

Samstag
Frei.

Sonntag
Es ist viel zu früh, wir hängen ein bisschen durch. In der Spielothek wurde seit Jahren nicht geraucht, doch das merkt man nicht, denn das Nikotin sitzt noch im zwei Meter dicken Teppich fest und wird bei jedem Schritt freigegeben. Die Hallenaufsicht hat uns für die Dauer des Drehs die Spielautomaten freigeschaltet. Es war verlockend, doch wir blieben professionell und haben jeder nur ein paar mal auf alle Knöpfe eingedrückt wie die Vollmondsüchtigen.

Heute bin ich 1 Wolf in einer Spielhalle, ich ziehe mal bunte Socken an. Wegen der Lichter.

Gruppenfoto vom Dreh. Vier tragen Tiermasken, Alexa nicht. Wir sehen zur Seite.

(Foto: K. Schmidt)
Beachtet bitte auch den tollen pinken Sticker über dem Husky.

It's a wrap!
6.10.!! Deine Freunde

Es ist wieder soweit, der 27. September erinnert an den Tag im Jahr, an dem Schriftstellerin Christa Wolf ihr Leben so genau wie möglich beschrieben hat. Über vier Jahrzehne hat Wolf einen persönlichen Blick auf ihr Leben und das politische Geschehen notiert und damit ein Zeitzeugnis geschaffen. Die Autorinnen Susanne Hösel und Christina Müller veranstalten jährlich das Tagebuchprojekt Ein Tag im Jahr und laden schreibende Menschen ein, ihren Beitrag für das Projekt zu leisten. Auch in diesem Jahr darf ich dabei sein und freue mich außerordentlich.

https://eintagimjahr.wordpress.com/2023/09/29/27-september-2023-von-jess-tartas/ (Opens in a new window)

Was mich in diesem Jahr besonders berührt:
Schon 2022 hielten mir nahestehende Menschen ihren Tag fest und ich war ultrahappy, meinen Text neben ihren zu sehen. Die Texte von Michael Held (Opens in a new window), Sonja Seidl (Opens in a new window) und Morton Tartas (Opens in a new window) (<3) beeinflussen auch mein Schreiben, weil sie Teil meines Lebens sind. 2023 schreiben nun zwei Autor*innen aus dem Lüneburger Wortkollektiv mit. Kathi Schmidt (Opens in a new window) und Lukas Kretschmer (Opens in a new window) sind meine Freunde und unsere Wege kreuzen sich so oft es geht. Nun auch dort.

Im Bus wechsele ich zwischen Pokémon GO (very late to the game) und Blue Sky (seit Anfang an dabei) am Handy, Hill House am Reader hin und her, versuche vor Dienstbeginn so viel Freizeit zu konsumieren wie möglich.
Arbeit – Schweigepflicht. Und das als Philosoph.
- Morton Tartas

Der Tag zerfasert. Küche, Wohnzimmer, Dusche. Ein nichtssagender französischer Film. Als Depardieu auftritt, schalte ich ab.
- Michael Held

Wir manövrieren uns durch das Gekreische, zick zack, zum nächsten Wehr. In der glatten Oberfläche spiegeln sich Fichten und Birken, die sich gen Wasser neigen. Die Boote werden leiser.
- Sonja Seidl

(Beim Lesen Joep Bevings 'Etude' gehört und als sehr passend empfunden.)

Schreiben fühlt sich das erste mal wie Arbeit an.
Damit bin ich glücklich, es ist nicht mehr nur Ausdruck, was mir passiert, was ich mir wünsche, vorstelle, verarbeite, loslasse.
- Lukas Kretschmer

Am liebsten würde ich heute im Schlafanzug bleiben, doch so kann ich nicht arbeiten, also kleide ich mich in Flieder, trage eine Gesichtsmaske auf und fühle mich kurz wie die Frau, die ich gerne sein möchte.
- Kathi Schmidt

Am Ende ist dieser Bief nicht nur Diary, sondern ein Text über Freundschaft geworden. Damit habe ich mich selbst überrascht.
Danke, ciao und bis bald
Eure Jae

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