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Gespensterbrief #31 - Ein Tag im Atelier

Screenshot einer Webseite. Derzeit anwesende Stipendiat*innen werden aufgezählt. Darunter steht mein Name. (Opens in a new window)

Mein liebes Gespenst,

es war der letzte Tag meiner Residency in den Künstler*innenhäusern Worpswede (Opens in a new window).

Früh morgens stapfte ich über den vom Maulwurf zerwühlten Rasen, vorbei an der Installation mit den Trash-Planeten und dem Häuschen mit dem Feuerlöscher. Bald stand ich an den Schienen, die das Grundstück vom Moor trennten. Einige Atemzüge blieb ich dort stehen und nahm das Bild in mich auf. Auf dem Vogelbeerbaum lag Frost, kalte Halme wurden vom Wind gescheitelt. Neben mir begann es zu rascheln. Ich hielt inne und lauschte. Es knackte lauter. Ich kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts erkennen. Es musste eine Amsel sein, die ich hier gerade störte. Ich ging weiter, schaute links und rechts und huschte über die Schienen. Das Feld lag im Nebel, der Himmel war hellblau, rosa und unendlich. Ich stand vor einem Trakl-Gedicht und machte Fotos.

Als ich genug hatte, ging ich zurück. Am kleinen Hang rutschte ich aus und landete auf meinem ultradicken Mantel. Neben mir bekam ein ausgewachsener Fuchs den Schreck seines Lebens und ich sah ihm dabei zu, wie er über das Feld preschte. Er war ein Blitz aus Rost und Pumpkin Spice.

Nachdem ich mich aufgerappelt hatte und dabei war, ins Atelier zurückzugehen, ertönte hinter mir Geschrei. Ich schnellte herum und sah eine schwarze Wand. Zehntausend Vögel flogen tosend vor dem Fuchs davon und blockierten die schmale Straße, die aus dem Ort herausführte. Autofahrer stiegen aus ihren Wagen und starrten.

Im Atelier kochte ich mir einen Kaffee. Und weil ich ihn mir hier immer irgendwie zu stark machte, stellte ich die Milchpackung direkt neben meinen Schreibtisch auf den Boden.

Die letzten Tage leistete mein Mann mir Gesellschaft. Er kam gerade aus dem Schlafzimmer und wollte etwas sagen, als eine runde schwarze Katze vorsichtig über die Terrasse ging. Ich kannte sie vom Weg zum Laden, denn dort saß sie öfter auf der Pferdeweide. Ich sagte “Katze!” und mache Anstalten, die Terrassentür zu öffnen, als ich auf die volle Milchpackung trat und sich ihr Inhalt über den glatten Boden ergoss. Wir unterhielten uns ein bisschen mit dem Tier. Dann wischte ich und sagte “Lass uns eine halbe Stunde schreiben und dann rausgehen.”

Seitdem vergingen zwei Stunden. Ich wartete auf die Tauben und dass sich die Mühle bewegte. Der Postbote kam, die Brötchen buken auf. Die Kerze brandte fast komplett runter und die Schuhe im Baum drehten sich. Ich hatte in den zwei Wochen hier nicht so viel geschafft, wie ich dachte, aber ich wusste nun, wie ich zu Hause weitermachen musste.

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