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San Frantschüssko, Digitalisierung

Max Mustermann kommt komplett außer Atem von der Arbeit nach Hause. Seine Frau fragt ihn, warum er so aus der Puste sei.

Er antwortet: „Ich habe den Bus knapp verpasst und bin dann den ganzen Weg nach Hause hinter ihm hergelaufen!“

„Freu dich doch“, antwortet seine Frau, „so hast du immerhin 3,20€ Fahrgeld gespart!“

„Ja, schon, aber wenn ich hinter einem Taxi hergelaufen wäre, hätte ich 15€ gespart!“

Die Bundesregierung verhält sich momentan wie Max Mustermann. Während ihr die Digitalisierung international vor der Nase wegfährt, verkündet die Ampel: Kein Problem, wir müssen eh sparen. Wenig überraschend ging ein Raunen durch die Kommentarspalten der Nation, als die FAZ (Opens in a new window) vor einigen Tagen schrieb: „Drei Millionen Euro statt 377: Die Ampel kürzt nach das Geld für die Zukunftsinvestition radikal.“ Gespart wird vor allem, aber nicht nur, an der Digitalisierung der Verwaltung und Verwaltungsdienstleistungen. Man könnte sagen: Halb so wild. Die Verwaltung der Faxgerätenation Deutschland ist ja bekanntlich schon ausreichend niedrigschwellig, nutzerorientiert und bedienerfreundlich. Im Ernst und ohne Ironie, der Digitalisierung wird der Stecker gezogen. Es stimmt natürlich: Mit drei Millionen statt 377, da hat man zwar 374 Milliönchen mehr im Sparschwein. Ein fiskalischer Erfolg, allerdings nur auf dem Papier. Und an einem wird wirklich nicht gespart –  an Widersprüchen. Die FDP höchstselbst machte vor ein paar Jahren noch Werbung für ihre Digitalkampagne mit dem sprachlichen gewagten Spruch „Digital first (Opens in a new window), Bedenken second“. Ein weiterer Slogan war „Die Digitalisierung ändert alles (Opens in a new window), wann ändert sich die Politik?“. Jetzt, ein paar Jährchen später und selbst in der Regierung, wurde die liberale Digitalisierungseuphorie ähnlich abrupt unterbrochen wie meine Modemverbindung (Opens in a new window) in den 90ern, sobald Papa den Telefonhörer abnahm. Leitung gekappt, Internet futsch.

Futsch ist nicht nur ein Teil des Digitalisierungsetats. Der Rotstift der Regierung macht auch vor diversen Bildungs-, Beratungs- und Radikalisierungspräventionsprogrammen nicht halt. So trifft es unter anderem die Bundeszentrale für politische Bildung (Opens in a new window), die laut Haushaltsentwurf von Innenministerin Faeser nächstes Jahr mit 76 anstatt, wie dieses Jahr, mit 96 Millionen Euro auskommen muss. „Aufgabe der Bundeszentrale ist es, das politische und demokratische Bewusstsein in der Bevölkerung zu fördern und zu festigen“, schreibt Deutschlandfunk so treffend wie lapidar.

Ferner soll die Beratungsstelle HateAid keine Fördermittel vom Justizministerium mehr bekommen. HateAid unterstützt die Opfer digitaler Hassrede, finanziert Opfern Anwälte, bietet bei Bedarf psychosoziale Beratung per Telefon, engagiert sich gleichwohl für Beleidigte und Bedrohte. Wer digitalem Hass ausgesetzt ist und Beistand braucht, ist bei HateAid also an der richtigen Adresse; davon profitiert auch die Gesellschaft insgesamt, immerhin ist das Gemeinwohl auch eine digitale Kategorie.

Last but not least soll das Bundesprogramm „Respekt Coaches (Opens in a new window)“ auslaufen, das laut Webseite des Bundesministeriums (Opens in a new window) für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht weniger leisten soll als das Demokratieverständnis junger Menschen an Schulen zu stärken, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und „junge Menschen vor Extremismus in all seinen Erscheinungsformen, vor Rassismus sowie gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu schützen“.*

Extremismusforscherin Pia Lamberty kommentiert (Opens in a new window) die anstehende Kürzungsoffensive mit Understatement: „An der Demokratie und der politischen Bildung zu sparen, ist gerade jetzt eine wirklich schlechte Nachricht.“

Ich möchte etwas deutlicher werden: Gerade jetzt an demokratischer und politischer Bildung zu sparen, ist eine wirklich beschissene Nachricht. Und ganz offen: Ich nehme das persönlich. Wäre dieser Newsletter ein Actionfilm, dies wäre die Stelle, wo man mich die Faust ballen, die Zähne aufeinanderbeißen sieht. Denn ich halte die oben genannten Programme nicht nur für richtig und wichtig, für sinnvoll und wünschenswert; ich habe auch mit

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