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Neckisch virtuos: Hiromi

Eine Menge spieltechnischer Raffinesse, virtuose Jazzfusion und künstlerisches Augenzwinkern brachte Hiromi mit ihrer Band Sonicwonder am 23. Mai in die Münchner Isarphilharmonie.

Text: Christina M. Bauer, Fotos: Stefan Hämmerle

Innerhalb weniger Takte sind auf allen Klaviaturen die ersten Harmonien und Melodielinien gespielt. Konzertflügel, E-Klavier und Synthesizer spielt Hiromi gern abwechselnd in schneller Abfolge, oft auch zwei davon gleichzeitig verteilt auf die linke und rechte Hand. Die japanische Künstlerin hat ihre Jazzfusionband am 23. Mai in die nahezu ausverkaufte Münchner Isarphilharmonie gebracht. So konzertieren in einem raren Gig eine Jazzmusikerin und drei Jazzmusiker für fast 1900 Menschen an einem Ort, der meist Symphonieorchestern vorbehalten bleibt. Sonicwonder, neben Hiromi sind das Trompeter Adam O'Farril, E-Bassist Hadrien Feraud und Schlagzeuger Gene Coye. Die vier verstehen sich darauf, mit Einfallsreichtum und Energie die Möglichkeiten moderner Jazzfusion zu zelebrieren. Ob die Komposition "Sonicwonderland", die vierteilige Suite "Out There" von der soeben erst erschienenen gleichnamigen Einspielung oder "Yes, Ramen!", die Musik wechselt elegant zwischen popmusikalischer Eingängigkeit und improvisierten Passagen, groovendem Ensemblespiel und virtuosen solistischen Highlights.

Mit viel spieltechnischer Raffinesse und Tempo entlockt Hiromi der gesamten Klaviatur des Konzertflügels originelle Harmonien und flirrende Linien, dräuende Ostinati und unerwartete Akzente. Gern verweilt sie dabei etwas mehr in den höheren Oktaven, wo sie kristallklare Melodien und unzählige kleine Verzierungen formt. Anderswo  fächert sie weite, harmonische Räume auf, in denen O'Farrill an der Trompete melodieführende Passagen und virtuose improvisierte Soli gestaltet. Coye und Feraud steuern ein groovendes Rhythmusgeflecht und einfallsreiche Soloparts bei. Das präzise aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der Band bleibt meist im Up-Tempo-Bereich, findet aber immer wieder auch ins Atmosphärische und Klangmalerische. So bespielt das Ensemble ein breites Spektrum dynamischer Abstufungen genauso wie variierende Tempi einschließlich vertrackter Abfolgen abrupt gesetzter Stops und Einsätze. Durch wechselnde Effekte und Soundveränderungen erweitern die Musiker die Palette an Klangfarben.

Als spannend erweisen sich die unzähligen dialogischen Wechselspiele, in denen sich meist Hiromi mit einem der Musiker improvisierte Ideen zuspielt. Mehr als sonst an diesem Abend kommt dabei das Neckische, künstlerisch Augenzwinkernde der Musik zur Geltung. Nach einem fast zweistündigen Konzert: Standing Ovations und ein begeistertes Publikum. Als erste Zugabe präsentiert die Künstlerin das einzige Soloklavierstück des Abends, das balladeske Titelthema ihrer Musik für den japanischen Animefilm "Blue Giant", bevor das Konzert mit der eingängigen Komposition "Balloon Pop" endet. In den vergangenen Jahren hat sich die quirlige Japanerin mit zahlreichen internationalen Tourneen und teils sehr unterschiedlichen Originalrepertoires eine hohe Bekanntheit erspielt. Ihre derzeitige Tour führte sie bisher von Istanbul aus über das Festival Women in Jazz in Halle durch mehrere deutsche Städte bis in die Isarphilharmonie nach München. Am heutigen Samstag findet in Bonn beim dortigen Jazzfest das vorerst letzte Konzert in Deutschland statt (als Doppelkonzert mit dem Sarah Chaksad Large Ensemble), bevor es für die Band in den nächsten Tagen weitergeht nach Schweden und Frankreich.

Foto 1: Hiromi beim Konzert in der Isarphilharmonie am 23. Mai 2025

Foto 2: Trompeter Adam O'Farrill

Foto 3: Bassis Hadrien Feraud

Foto 4: Schlagzeuger Gene Coye

Fotos 5 bis 7: Klaviaturen wechseln und kombinieren gehört in dieser Combo dazu

Topic Kurzkritik

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