GZ #33 Alles immer gleichzeitig
Gofigramm

Kann das eigentlich sein, dass viele von uns erschöpfter sind als, sagen wir mal, noch vor fünf Jahren? Das habe ich mich neulich gefragt, als ich mit einer Freundin darüber gesprochen habe, dass wir oft merkwürdig müde sind. Und dass viele, die wir kennen, ebenfalls häufig merkwürdig müde sind. Vielleicht, habe ich überlegt, passiert einfach zu vieles gleichzeitig, das einem Sorge bereitet, das einen entsetzt, konsterniert, aufregt. Das ist anstrengend.
Vor etwa fünf Jahren begann die weltweite Pandemie, aus der längst nicht alle von uns unbeschadet wieder herausgekommen sind. Aber auch mit deren Ende ist das Gefühl, sich in einem Ausnahmezustand zu befinden, nicht weg. Eher macht es den Anschein, als würden wir von einer Katastrophe in die nächste stolpern.
Vielleicht empfindest Du das gar nicht so. Und vielleicht liegt das daran, dass Du die sozialen Medien meidest und Nachrichten nur in gesunden Dosen zu Dir nimmst. Und falls das so ist, zeigt das glaube ich, dass Du ein weiser Mensch bist. Wir sollten es Dir nachmachen. Wir sollten, so wie Du, viel in der Natur sein, lieber Bücher statt Zeitungsartikel lesen und über die Dummheit anderer Menschen lachen, anstatt uns über sie aufzuregen.
Einigen wird das sicher helfen. Andere von uns haben allerdings die berechtigte Sorge, dass sie ihre Heimat verlieren, offenem Hass begegnen, ihrer Bürgerrechte beraubt werden, von Polizisten in Zivil verhaftet und in unmarkierten Fahrzeugen verschleppt werden. Es passiert bereits in den USA. Wir müssen verhindern, dass es auch bei uns passiert.
Ein schneller Lösungsvorschlag zu Beginn der Woche? Lass uns gut auf uns und aufeinander aufpassen. Lass uns nach Dingen suchen, die der Seele guttun. Und lass uns Gemeinschaften bilden, die sich kennen und sich im Blick behalten, damit wir einander helfen können, wenn es nötig ist.
Ich wünsche Dir eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!
Dein Gofi
Danke für Dein Interesse! Ich bin Gofi, Künstler, lebe in Marburg und engagiere mich für den Erhalt von Kunst, Kreativität, Gemeinschaft und einer menschenfreundlichen Spiritualität. Das GOFIZINE veröffentliche ich bewusst kostenlos für alle, weil ich möchte, dass jede/r Zugang zu guten Inhalten hat, unabhängig von Einkommen und finanziellen Möglichkeiten. Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, bin ich Dir sehr dankbar.
Art2Go
Samuel Reinig: Ohne Titel

Samuel Reinig kommt gebürtig aus dem Erzgebirge und lebt jetzt mit seiner Familie in Chemnitz. Er malt, arbeitet als Galerist und leitet die Kunstausstellung Artland auf dem Freakstock.
https://instagram.com/le.umas.777/ (Opens in a new window)
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Podcast
Plötzlich Galerist: Wie es sich anfühlt, mit sauteuren Kunstwerken zu arbeiten (m. Samuel Reinig)

Kunstgalerien gehören zu den Orten, die nur wenige von uns aufsuchen. Manchmal sehen wir beim Vorbeigehen Werke, die uns vielleicht gefallen, aber die wir uns ohnehin nicht leisten können. Deshalb gehen wir weiter und haben sie schon bald wieder vergessen. Unser Gast Samuel Reinig ist Maler, leitet die Kunstausstellung Artland auf dem Freakstock und arbeitet in einer Galerie in Chemnitz. Und bei der scheint vieles ein wenig anders zu laufen. Jedenfalls berichtet er uns in diesem Gespräch von ganz unterschiedlichen Menschen, die die Galerieräume betreten und sich auf die Suche machen nach Dingen, die sie schön finden. In der Galerie Schmidt-Rottluff gibt es Werke für fast jeden Geschmack und Geldbeutel. Samuel erzählt uns, wie er zu seinem Job gekommen ist, ein sauteures und riesiges Porträt von Marilyn Monroe aufgehängt hat, wertvolle Werke in einem VW-Bus transportiert hat, aber auch, was für ihn ein gutes Bild ausmacht und wie er Menschen, die in die Galerie kommen, ermutigt, ihrem Geschmack zu vertrauen. Dieses Gespräch schenkt Dir Einblicke in eine Welt, zu der die meisten von uns keinen Zutritt haben. Viel Spaß!
Hier geht es zur Folge auf cobainserben.de (Opens in a new window)
https://youtu.be/TOR_ZXxHIxA (Opens in a new window)00:00:00 Tolles und noch Besseres - alles für Euch
00:29:07.11 Vom christlichen Verlag in die Galerie
00:51:10.04 Wie Künstler*innen und Galerie zusammenarbeiten
01:03:21.15 Der mystische Aspekt von Galerien
01:15:23.13 Was macht ein gutes Bild aus?
Geschichte der Woche
Unerwünschter Besuch
Der Mann hat geschrieben. Immer und immer wieder hat er sich hingesetzt und Worte geschrieben, während die Welt um ihn herum weitergegangen ist. Während geliebte Menschen gegangen und dann wiedergekehrt sind. Während vergangene Sicherheiten und Überzeugungen plötzlich nicht mehr sicher waren. Während die einen gestorben und die anderen geboren worden sind.
Wenn er die Nachrichten liest, scheint es, als sei die ganze Welt verrückt geworden. Doch draußen vor seinem Fenster geht sie ganz normal weiter. Die Vögel, die den Winter überlebt haben, zwitschern. Entkräftete Eichhörnchen suchen nach Nahrung. Eine fremde Katze streicht durchs Beet. Der Mann tritt vor die Tür und erklärt ihr freundlich, aber ernst, dass sie sich ein anderes Klo suchen muss. Sie flieht. Ein zweiter Mann erscheint. Die Katze gehört ihm. Er lacht verlegen und beteuert, dass sie nicht vorgehabt hat, ins Beet zu scheißen. Der Mann, der schreibt, glaubt ihm nicht, bleibt aber freundlich. Er verabschiedet sich und geht zurück ins Haus, obwohl er den Eindruck hat, dass der Besitzer der Katze sich mit ihm unterhalten möchte.
Der Mann liest, was er geschrieben hat. Die Spülmaschine gurgelt und plätschert in einem durchgehenden, wiederkehrenden Rhythmus. Das Smartphone auf dem Tisch summt. Jemand hat eine Nachricht geschrieben. Der Mann schaut nicht nach. Er spürt seinen Geschichten nach. Er spürt dem Leben in dieser Welt nach. Dem Wahnsinn, dem Schmerz, dem Hunger, der Hoffnung, der Freude über Dinge, die von Neuem beginnen, während andere unweigerlich enden.
Es ist alles immer gleichzeitig, denkt er. Es ist die Gleichzeitigkeit. Es ist die Spannung in dieser Gleichzeitigkeit, die wir auflösen wollen. Aber das wird uns nie gelingen. Zum Glück.
Der Mann klappt sein Notebook zu und geht die Vögel füttern.
News
Meine letzte Tourwoche vor dem Sommer kommt näher. Ich bin noch einmal mit dem lyrischen Programm Poetry Talk unterwegs. Hier kannst Du mich treffen, wenn Du magst:
20. Mai – Heidelberg (licht. – Community & Café)
21. Mai – Stuttgart Martinskirche (Café)
22. Mai – Wintersulgen (Heiligenberg) (Das Landei)
23. Mai – Arbon (Kantine)
24. Mai – München (Sprachschule Edeltraud)
25. Mai – Konstanz (St. Johann)
Detaillierte Informationen findest Du hier: https://poetry-talk.de/tour/ (Opens in a new window)
Danke, dass Du diesen Newsletter liest. Derzeit unterstützen etwa siebzig Menschen die Teile meiner Arbeit, die ich kostenlos allen zur Verfügung stelle. Wenn auch Du Dich dazu entschließen könntest, wäre ich Dir dankbar. Hier erfährst Du, wie das geht. (Opens in a new window)Und wenn Du das bereits machst, danke ich Dir sehr herzlich!