GZ #11 Beieinander bleiben
Gofigramm
Wenn man in diesen Tagen mit Menschen zusammen ist, die die Welt mit ähnlichen Augen betrachten, wie man selbst, spürt man eine gewisse Ungläubigkeit, eine stille, fast schon resignierte Fassungslosigkeit. Der Satz „Wie konnte das passieren?“ hängt unausgesprochen in der Luft. Und wenn man sich fragt, was das DAS sein soll, das passiert ist, ist die Antwort: Irgendwie alles. Nach der US Wahl habe ich zu meinen Söhnen und zu meiner Ex-Frau und besten Freundin gesagt: Es fühlt sich so an, als wäre die ganze Welt verrückt geworden. Sie nickten. Ihnen ging es auch so.
Deshalb ist das Erlebnis vom vergangenen Wochenende schön gewesen. Ich bin in Leipzig gewesen, um mal rauszukommen, Freunde zu treffen und neue Geschichten zu schreiben. (Du wirst sie im GOFIZINE lesen können.) Am Samstagabend haben wir das Konzert von Devin Heat (Opens in a new window) alias David Weingärtner im Fahrradladen Pistrada besucht. Mein langjähriger Freund Martin ist mit ihm als Bassist auf Tour gewesen, hat mich spontan angeschrieben und gefragt, ob ich komme.
Es war wunderschön. Hervorragende Musik und viele nette Leute, die auf mich ähnlich fassungslos wirkten, wie ich mich selbst fühlte. An einer Stelle sagte David: In diesen Tagen ist es wohl einfach wichtig, dass wir immer wieder zusammenkommen und uns gegenseitig sehen. Was Besseres fällt mir grad auch nicht ein.
Ich denke, er hat recht. Der warme Applaus der Besucher*innen zeigte, dass sie es ähnlich sahen.
In dieser Ausgabe des GOFIZINEs zeige ich Dir Kunstwerke, die frisch im WebMag von Cobains Erben erschienen sind. Außerdem sprechen Jay und ich bei Cobains Erben über den hervorragenden und äußerst beunruhigenden Film ‘Civil War’, der kaum besser in diese Zeit passen könnte.
Die Micro Story der Woche ist diesmal ein Gedicht aus meinem aktuellen Gedichtband ‘Den Stier bei den Hörnern packen’.
Ich wünsche Dir eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!
Dein Gofi
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Micro Story
Nachrichten
Während Lula den Außenminister Lawrow hofiert und Wagnersoldaten zugeben, dass sie fünfjährigen Kindern in den Kopf geschossen haben, fliegt eine Ente über die Dächer der Campingmobile und verschwindet in Richtung Strand, an dem rüstige Herrschaften ihre E-Bikes besteigen und Menschen
sich darüber austauschen, welche Hunderasse die pflegeleichteste, aber auch unterhaltsamste sei, doch hat da die Ente ihre Runde schon wieder beendet und kehrt zurück in Begleitung eines Erpels, mit dem sie noch nicht kopuliert hat, denn es kümmert sie überhaupt nicht,
dass Angela Merkel den höchsten Verdienstorden erhalten hat, den die Republik verleihen kann, oder dass in Khartum Menschen in dem Krieg zweier Warlords sterben, die gleichzeitig gewählte Politiker sind und kein Problem damit haben, ihre eigenen Wähler, zu töten, denn
es geht schließlich um etwas anderes, denkt sich die Ente, die jetzt das Dach ihres Lieblingswohnwagens erreicht hat und sich behaglich darauf niederlässt, ungeachtet der Versuche des Besitzers, seine temporäre Wohnstatt von Vogelscheiße freizuhalten, immerhin
könnte er sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen, zum Beispiel damit, dass der Erzbischof von Freiburg Hunderte von Sexualverbrechen an Kindern vertuscht hat, oder damit, dass eine Zwanzigjährige erschossen wurde, weil ihr Freund versehentlich in die falsche Einfahrt fuhr, doch wäre es natürlich ebenso möglich
darüber nachzudenken, dass es schön ist, dass die Sonne scheint und dass du hier bist und dass wir gemeinsam darüber lachen, wie unvorteilhaft Fahrradhelme aussehen und wie grimmig Menschen auf Fahrrädern schauen, obwohl es so vieles gäbe, über das sie sich freuen könnten, und vermutlich tun sie das auch, nur dass Arsch und Beine gerade einfach weh tun, oder
sie haben die Nachrichten gelesen.
Podcast
Cobains Erben: Civil War - Welche Hoffnung uns noch bleibt
Die Wahl in den Vereinigten Staaten liegt hinter uns, Schock und Unverständnis hängen uns noch in den Klamotten. Da ist es eine passende Gelegenheit, über einen Film zu sprechen, der Anfang des Jahres bereits erschienen ist: Civil War von Alex Garland. Es ist ein Filmstoff, der sich aufgedrängt hat, denn der US-Wahlkampf war aufgeladen mit brutaler Sprache und der Androhung von Gewalt. Wie könnte das aussehen, wenn erneut ein Bürgerkrieg in Amerika ausbrechen würde? Der Film geht dieser Frage nach und schickt vier Kriegsreporter auf einen Roadtrip quer durch die Staaten, die zerrüttet sind durch Tod und Grausamkeit. Es ist eine Geschichte über Mut und Waghalsigkeit, über die Notwendigkeit, zu beobachten, was passiert, und die Frage, ob und wem das eigentlich etwas bringt. Ein großartiger und bedrückender Film. Ja, wir werden spoilern. Aber das macht nichts. Civil War wird mit jedem Anschauen immer nur noch besser.
https://youtu.be/AKhnba6A0EI (Opens in a new window)Lyrik
Lilli Gebhard: Worte
worte
aufgeschlagen wie ein ei
ein rohes
oder gekochtes
um die ohren hauen
wie ein tuch
beim abtrocknen
einhüllen wie ein
baby zum schutz
vor der kalten nacht
austreten wie eine zigarette
am wegesrand
oder sie
ins trockene feld werfen
komm
wir werden morgen
die welt retten
Lilli Gebhard ist Lyrikerin, Literaturwissenschaftlerin und Lehrerin. Sie interessiert sich für Macht und Machtmissbrauch.
Malerei
Magdalena Poslawski: Back & Forth
Magdalena Julia Poslawski ist eine Künstlerin aus München. In ihrem Atelier im Atelierpark Bahnwärter Thiel arbeitet sie an Kollagen, Gemälden, Mixed Media, bildhauerischen Werken und mit Keramik. Seit 2015 organisiert sie Einzel- und Gruppenausstellungen in München und führt sie durch.
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Fotografie
Harald Bender: Seaboard
Harald Bender ist ein Fotograf aus Gießen. Das Besondere im Alltäglichen zu sehen, ist für ihn Ansporn und Herausforderung. Begonnen haben seine fotografischen Arbeiten mit der Faszination für die Schwarz-Weiß-Photographie. Das Motiv auf das Wesentliche reduzieren, die Umsetzung in Graustufen sowie die Interpretation des Bildes in der Ausarbeitung, machen für ihn den besonderen Reiz aus. In jüngster Zeit widmet er sich verstärkt der Farbphotographie, wobei die abstrakte und graphische Ausarbeitung seiner Themen im Vordergrund steht. Es geht ihm nicht darum, die Wirklichkeit abzubilden, sondern sie zu interpretieren.
News
FARBKLANG – künstlerische Arbeiten von Magdalena Julia Poslawski
Im Diba Café/Bar, Lindwurmstr 159, 80337 München
Vernissage Samstag, 30. November 24, 18-22 Uhr.
mit Freundeskreis und musikalischer Begleitung
Ausstellung: Montag, 2. Dezember bis Freitag, 20. Dezember (siehe Öffnungszeiten Cafe Diba).
9. Januar bis 11. Februar `25: nach Absprache unter majupo7.9@gmail.com (Opens in a new window)
Finissage: Mittwoch, 12. Februar 25, 18-20 Uhr
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