Monday Motivation #9
Führung beginnt mit Selbstsorge
Wir alle kennen einen solchen – meistens männlichen – Kollegen oder Chef: Er kommt immer als Erster und geht als Letzter. Müdigkeit kennt er nicht und Krankheit ignoriert er. Vier Stunden Schlaf müssen reichen. »Geld schläft nicht!«, hat er als Lebensmotto von Gordon Gekko aus dem Film »Wall Street« übernommen. Es gibt so viel zu tun und er wird bei allem gebraucht. Gerne würde er auch mal Urlaub machen, aber ohne ihn läuft es einfach nicht. Darum ist er immer erreichbar und verfügbar. Sein Einsatz für die Firma kennt keine Grenzen und sein Fleiß ist die Triebfeder seines raschen Aufstiegs.
Im Notfall ist dieser heldenhafte Einsatz sicherlich eine Tugend, wird aber zum Problem, wenn die Aufopferung zum Normalzustand und wesentlicher Daseinsinhalt wird. Einerseits ist dieser Raubbau an den eigenen Kräften auf Dauer nicht besonders gesund, aber erwachsene Menschen dürfen natürlich frei entscheiden, was sie sich zumuten und welche Lebensrisiken sie eingehen. Andererseits zahlt sich der Einsatz unseres »Helden« auch für die Organisation nur kurzfristig aus. Das Verhalten des Chefs prägt immer die Kultur und führt in diesem Fall langfristig zu einer ungesunden Präsenz- und Leistungskultur, wo Beschäftigtsein zum Statussymbol und Selbstzweck wird. Ambitionierte Mitarbeiter werden es ihm gleichtun und versuchen, ihn zu übertrumpfen, denn offenbar sind bedingungsloser Einsatz rund um dir Uhr die wesentlichen Kriterien für Anerkennung und Aufstieg.
Niemand wird in einer solchen übersteigerten Leistungskultur auf lange Sicht zufrieden und erfolgreich sein, auch unser Held nicht. Vielmehr wird die Stimmung geprägt sein von Druck, Angst, Schuld und Bitterkeit, wie Pater Anselm Grün sehr treffend ausführt (Grün, 2007, S. 107):
Wer Verantwortung für andere übernimmt, muss auch verantwortlich mit den eigenen Kräften umgehen. Wenn er sich ständig überfordert, wird er auch der Gemeinschaft nicht wirklich helfen. Denn er wird dann von der Gemeinschaft mehr verlangen, als sie zu leisten imstande ist. Wenn ich mich für die anderen verausgabe, werde ich unbewusst auch Ansprüche daran knüpfen, etwa den Anspruch, dass die anderen mir das danken oder sich genauso engagieren müssten. Wenn die Gemeinschaft diese Erwartungen nicht erfüllt, werde ich bitter. Ich werde dann mit meiner Arbeit ein dauernder Vorwurf für die Gemeinschaft und in den Mitarbeitern Schuldgefühle hervorrufen.
In diesem Sinne wünsche ich dir einen achtsamen Start in die Woche mit einem Rat von Anselm Grün, den schon Bodo Janssen in seinem Buch »Die stille Revolution« als ihn nachhaltig prägend beschreibt (Janssen, 2016, S. 48):
Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen.
Viele Grüße
Marcus
Literatur
Grün, A. (2007). Menschen führen – Leben wecken: Anregungen aus der Regel Benedikts von Nursia (4. Aufl.). Deutscher Taschenbuch-Verl.
Janssen, B. (2016). Die stille Revolution: Führen mit Sinn und Menschlichkeit (7. Auflage). Ariston.
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