Monday Motivation #27
Die Kunst der konstruktiven Irritation
Für Winston Churchill war klar: »Ohne Mut verlieren alle Tugenden ihren Sinn.« Nicht nur gesellschaftlich und politisch brauchen wir Mut so dringend wie schon lange nicht mehr, auch unseren Unternehmen und den dort beschäftigten Menschen täte eine Extraportion Mut gut. Wir brauchen einen »Mutanfall« auf allen Ebenen, um traditionelle Organisationen zukunftsfähig zu gestalten.
Es braucht Mut, nicht mehr wie ein Schachmeister, sondern mehr wie ein Gärtner zu führen. Der gefühlte Kontrollverlust führt uns aus unserer Komfortzone – und so soll es sein, wie es Lazslo Bock treffend zusammenfasst: »Gib den Menschen etwas mehr Vertrauen, Freiheit und Autorität, als es sich gut anfühlt. Wenn du nicht nervös wirst, war es nicht genug.«
Und umgekehrt braucht es Mut, den neuen Freiraum zu nutzen: Selbst entscheiden bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen. Das kann in einer Kultur der psychologischen Sicherheit ungeahntes Potenzial freisetzen. Diese neue Freiheit ist sehr motivierend, aber bequemer und risikoärmer war und ist es, die Verantwortung auf den »doofen Chef« abzuwälzen.
Wenig verwunderlich ist es deshalb, dass Mut nicht nur einer von neun Werten im Netflix Culture Statement (Opens in a new window) ist, sondern dort eine ganz besondere Stellung als Korrektiv einnimmt. Explizit eingefordert wird nämlich der Mut, Inkonsistenzen zwischen postulierten und gelebten Werten offen anzusprechen: »Du stellst Handlungen von Kollegen infrage, die mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar sind.«
Auch ohne diese explizite Aufforderung darf man sich, ganz im Sinne des Leitspruchs von Immanuel Kant, seines Verstandes bedienen. Aristoteles meinte einst: »Ein guter Mensch ist nicht immer ein guter Bürger.« Entsprechend gilt heute: Ein guter Mitarbeiter ist nicht immer ein braver Angestellter. Veränderung braucht Störung durch Menschen, die den Status quo kritisch und konstruktiv hinterfragen.
Das hält lebendig und verhindert Selbstgefälligkeit. Schon an den Königshöfen des Mittelalters gab es deshalb Hofnarren. Durch ihre Position außerhalb der sehr strengen höfischen Hierarchie genossen sie die sprichwörtlich gewordene Narrenfreiheit. Dadurch war es ihnen erlaubt, verkappte und belustigend dargebotene Kritik an den Machthabern zu üben. In Unternehmen übernehmen heute diese Funktion Organisationsrebellen oder Agile Coaches und Scrum Master.
Egal in welcher Rolle, Kritik zu üben und den Status quo herauszufordern ist eine Kunst. Entscheidend dabei ist die Haltung. Weder bei Hofe noch in den heutigen Konzernen gelingt das ohne diplomatisches Geschick. Kritik muss anschlussfähig sein, ansonsten wird der Kritiker schnell abgeschossen. Die Irritation muss zu konstruktivem Nachdenken anregen. Defätistisches Genörgel oder eitle Besserwisserei bewirken das Gegenteil.
Mit dieser Ausgabe verabschiede ich mich in die Weihnachtspause und wünsche Dir eine erholsame Zeit.
Marcus
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