Monday Motivation #39
Vom klugen Umgang mit unserer beleidigend kurzen Lebenszeit
Die Evolution hat uns mit der erstaunlichen Fähigkeit zur geistigen Vorwegnahme zukünftiger Zustände, vulgo Planung, ausgestattet. Für die Menschheit ist das ein großer Segen, für den einzelnen Menschen aber bisweilen ein Fluch, weil dadurch stets viel mehr möglich scheint, als wir je in unserer bescheidenen Lebenszeit realisieren können.
Die Klage über die Kürze des Lebens ist daher wohl so alt wie die Menschheit selbst (Seneca schrieb ein Buch nur darüber) und im Laufe der Zeit hat sich diese Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer weiter geöffnet. Dem Menschen der Moderne und Postmoderne stehen schier unendliche Möglichkeiten offen. Demgegenüber klingen die uns dafür zur Verfügung stehenden rund 4.000 Wochen wie ein schlechter Scherz eines grausamen Schöpfers, wie Oliver Burkeman im gleichnamigen Buch zu Beginn treffend feststellt: „Die durchschnittliche menschliche Lebensspanne ist absurd, erschreckend und beleidigend kurz.“
Nun sind diese uns zugestandenen 4.000 Wochen aber auch nicht nichts; sie können klug eingesetzt eine ganze Menge sein. Dazu ist es aber notwendig, sich die eigene Endlichkeit ehrlich einzugestehen: Egal, wie gut wir uns organisieren und wie perfekt unsere Systeme zum Zeitmanagement funktionieren, egal, wie früh wir aufstehen und welche Morgenroutine wir einsetzen, wir werden immer nur einen Bruchteil erledigen können und das weitaus meiste verpassen.
Der Anspruch von Zeitmanagement kann es daher nicht sein, alles erledigen zu wollen. Vielmehr geht es darum, sich klug zu entscheiden. Da uns jede Entscheidung unweigerlich mit den dadurch entgangenen Möglichkeiten und letztlich der eigenen Endlichkeit konfrontiert, vermeiden wir es möglichst lange, uns zu entscheiden. Wir stopfen unsere Tage so lange voll, bis es schmerzt und trauen uns erst in diesem Grenzbereich der Überlast, guten Gewissens Aufgaben abzulehnen und Möglichkeiten auszuschlagen (Newport, 2021).
Vor dem Hintergrund, dass wir ohnehin die weitaus meisten Dinge in unserem Leben nicht erledigen werden, macht diese permanente, gerade noch erträgliche Überlast auf lange Sicht wenig Unterschied. Was einen Unterschied macht, ist die kluge Wahl. Wenn wir aber erst im Grenzbereich dieser gerade ausreichend schmerzhaften Überlastung damit beginnen, ist diese Wahl beliebig, weil wir nicht von Prioritäten geleitet werden, sondern schlicht aufgrund von Überforderung ablehnen.
Unsere optimale Auslastung liegt also nicht bei 120 %, auch wenn sich das so schön »busy« anfühlt, sondern eher bei 80 % oder 85 % (Dueck, 2015, S. 61). Wir müssen nur lernen, rechtzeitig ohne schlechtes Gewissen und dafür wohlüberlegt, weil an langfristigen Zielen orientiert, Nein zu sagen. Leichter gesagt als getan.
Carpe diem! Und: Frohe Ostern. Wir lesen uns in zwei Wochen wieder,
Marcus
Literatur
Burkeman, O. (2021). Four Thousand Weeks: Time and How to Use It. Random House.
Dueck, G. (2015). Schwarmdumm: So blöd sind wir nur gemeinsam. Campus-Verl.
Newport, C. (2021, August 30). Why Do We Work Too Much? The New Yorker. https://www.newyorker.com/culture/office-space/why-do-we-work-too-much (Opens in a new window)
Das Warten hat ein Ende! Ich freue mich sehr, endlich die zwei (Opens in a new window)te und deutlich erweiterte Auflage des »Manifest für menschliche Führung« in Händ (Opens in a new window)en zu halten. Wirf schnell einen Blick ins Buch und lies erste Stimmen dazu u (Opens in a new window).a. von Cawa Younosi und Dr. Peter Kreuz:
Zum Schluss noch eine Bitte: Auch wenn diese zweite Auflage nicht mehr im Selbstverlag erscheint, setze ich auf Deine Hilfe: Bitte schreib in sozialen Medien über das Buch und leite die Seite zum Buch (Opens in a new window) gerne an viele interessierte Menschen weiter. Und sobald Du das Buch gelesen hast, freue ich mich sehr über Deine Rezension bei Amazon (und anderen Plattformen). Vielen Dank.
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