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I've lost more family members
Not to cancer, but the GOP
(Touché Amoré)

Good evening, Europe!

Nach ABBA, „Wetten, dass..?“, Bubble-Tea-Läden, „TV Total“ und „Geh aufs Ganze“ feiern wir ein Comeback, das wirklich niemand gebraucht hätte und gewollt haben kann: Das ehemals neuartige Corona-Virus ist wieder voll da!

Vor zwei Wochen habe ich in der „taz“ ein Interview (Opens in a new window) mit Tobias Meilicke gelesen, der eine Beratungsstelle für Betroffene von Verschwörungserzählungen in Berlin leitet. Er erklärte, dass die Bereitschaft, an Verschwörungserzählungen („-theorien“ wäre Quatsch, weil es eine Plausibilität suggeriert, die nicht existiert) zu glauben und gegen Impfungen zu sein, oft aus Ängsten resultiere. Diese wissenschaftliche Erklärung eines Fachmanns fand ich schlüssig (und: ja, ich bin mir der Ironie dahinter bewusst!) und für zwei, drei Tage hatte ich Empathie für die, die immer noch ungeimpft waren. Dann explodierten die Fallzahlen wie von allen Fachleuten vorhergesagt, und mein Mitgefühl errodierte.

Jede Generation hat ihre Herausforderungen (wobei die jüngeren Generationen ein paar mehr haben dürften), nur: Wenn Du nach Tschernobyl die Warnungen der Wissenschaft ignoriert hast und trotzdem Pilze suchen warst, war das Dein Ding (solange Du das Pilzragout nicht anderen vorgesetzt hast).

Keine Angst: Ich werde nicht noch mal (Opens in a new window) ausholen. Wer seit Monaten nicht auf Wissenschaftler*innen hört, wird sich von einem Honk, der Witze für Fernsehsendungen schreibt, auch nicht mehr überzeugen lassen. Und ich bin mir auch sicher, dass Ihr alle geimpft seid (dieser Newsletter ist 2G, hier (Opens in a new window) geht’s zur Abmeldung), aber falls Ihr noch mit Euren absichtlich ungeimpften Bekannten sprecht, tragt Ihnen doch bitte folgende Metapher vor, mit vielen Grüßen von dem Typen aus dem Internet: Honey, es ist mir egal, ob Du morgens nach dem Aufstehen an Batterien leckst, ob Du keinen Fahrradhelm trägst oder rauchst. Aber Du rauchst nicht, wenn mein Kind daneben sitzt, oder wenn Du an einer Tankstelle stehst. In einer Benzinlache. Neben dem Hauptbahnhof. Deal?

So. (Wer „So“ sagt, hat noch nicht’s geschafft.) Mir geht’s ansonsten sehr gut, was ich auf zwei wichtige Faktoren zurückführe: Ich hab das Manuskript fürs Buch abgegeben und anderen Kram mit Deadlines erledigt und ich habe endlich Hobbies, die mich sane halten.

Ich war diese Woche drei Mal im Fitnessstudio, was wahnsinnig hilft, ich habe im Frühjahr wieder angefangen, Musik zu machen und Songs zu schreiben (Buch und Album im Neuen Jahr? Warum denn nicht?!), und ich habe ganz frisch mit Linolschnitt (Opens in a new window) angefangen. Das ist kreativ, fordert einen intellektuell (spiegelverkehrt und negativ arbeiten!) und fördert meine Feinmotorik, von der ich bis vor kurzem gar nicht wusste, dass sie existiert.

Kurzum: Es macht alles wahnsinnig Spaß und irgendwann gehe ich auch noch das Problem an, dass ich Dinge nur wahnsinnig schwer dosieren kann (Schlafen?! Ich könnte doch noch einen Song aufnehmen!). Vielleicht habt Ihr ja auch Sachen, die Ihr lange schon nicht mehr gemacht habt oder immer mal ausprobieren wolltet — jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür, denn allzu viel socializing sollten wir ja gerade wieder nicht betreiben. (Wenn Ihr einfach nur auf der Couch sitzen, Teile der Menschheit verfluchen und an der Welt verzweifeln wollte, finde ich das aber natürlich auch sehr verständlich.)

Vergangene Woche habe ich das kostenlose, siebentägige Probeabo (Opens in a new window) für Apple TV+ abgeschlossen (und, das ist die eigentliche Sensation dieses Newsletters: rechtzeitig wieder gekündigt!), um mir endlich „Watch The Sound“ (Opens in a new window) anzusehen.

In dieser sechsteiligen Doku-Reihe beschäftigt sich der (wahnsinnig sympathische und gut aussehende) Produzent und DJ Mark Ronson mit verschiedenen Klangphänomenen, die aus der modernen Musikproduktion nicht mehr wegzudenken sind, z.B. reverb, distortion oder drum machines. Er spricht dafür mit Leuten wie Dave Grohl, Paul McCartney, den verbliebenen Beastie Boys oder Questlove und wie diese namhaften Musikstars gemeinsam rumnerden und sich über bestimmte Sounds oder Beats freuen, ist einfach wahnsinnig ansteckend!

Ähnliche Baustelle, gestern Abend erst angefangen: Disney+ hat eine Doku-Reihe mit Paul McCartney und Rick Rubin sehr gut versteckt (Opens in a new window). In „McCartney 3, 2, 1“ hören sich der Ex-Beatle und der Musikproduzent alte Bänder von Beatles-, Wings- und Solosongs an und McCartney erzählt, wie die Songs entstanden sind. Das ist maximal unspektakulär umgesetzt (die konsequente Schwarz-Weiß-Ästhetik ist mir manchmal zu betont reduziert) — und natürlich maximal spektakulär. Rick Rubin agiert als unser aller Platzhalter, wenn er sich mit großen Augen und breitem Grinsen aufs Klavier lehnt und kaum begreifen kann, dass da gerade einer der unbestreitbar größten Musiker der Menschheitsgeschichte exklusiv für ihn singt und spielt. Es ist einfach ganz und gar zauberhaft!

Und dann gucke ich solche Reihen und denke, was für ein ungeheures Geschenk es ist, heute zu leben, wo man sich bei solchen Genies praktisch abgucken kann, wie sie arbeiten oder Inspiration finden (gilt natürlich auch für ganz viele Podcasts, TED-Talks, Blog-Artikel und und und)!

Vor 20 Jahren hatten wir zwar schon Computer, mit denen wir im Mehrspurverfahren Songs aufnehmen konnten, aber es klang total Grütze, weil wir natürlich keinen Plan hatten, was wir da machen. (Ja: Mindestens ein Musikgenre basiert auf diesem Grundprinzip und natürlich kann es auch sehr wertvoll sein, sich Dinge selbst zu erarbeiten oder Technik ganz anders zu nutzen, als sie gedacht war, aber ich find’s einfach geil, wenn ich heute vor einem Problem stehe, sofort nachgucken zu können, wie man es lösen kann.)

Wie großartig es einfach ist, so schnell und preisgünstig Zugriff auf so viel Wissen zu haben! (Oh, jetzt hab ich aus Versehen den Bogen zum Anfang geschlagen!)

Was hast Du gehört? Taylor Swift ist ja im Moment dabei, ihre ersten Alben noch einmal neu aufzunehmen, damit die Investoren, die ihre Rechte und Masterbänder gekauft haben, nicht mehr an ihrer Musik verdienen. Vergangene Woche erschien also „Red (Taylor’s Version)“ (Spotify (Opens in a new window), Apple Music (Opens in a new window)), die weitgehend originalgetreue Neueinspielung ihres Erfolgsalbums „Red“ nebst etlicher Bonus-Tracks. Ich war erst zu „1989“ auf ihrer Party aufgetaucht und kannte von „Red“ nur die Singles. 30 Songs und 2:10 Stunden Laufdauer sind nicht unbedingt meine favorisierte Portionsgröße für Musik, aber es ist schon ein wahnsinnig gutes Album!

Außerdem hatte ich auf Instagram um Musiktipps gebeten, weil es ja so langsam auf die Jahreszielgerade geht und ich mir sicher bin, jede Menge großartige Songs verpasst zu haben. Aus den Empfehlungen habe ich eine kleine Spotify-Playlist gebastelt (Opens in a new window). Wenn Ihr noch weitere Vorschläge habt: Immer her damit!

Was hast Du gesehen? Die Neuauflage von „TV Total“. Off-Sprecher und Vorspann sind noch die alten, das Studio überraschenderweise nicht mehr und statt Stefan Raab sitzt da jetzt Sebastian Puffpaff. Der hatte bei der Premiere merklich mehr Spaß an seiner Arbeit als Raab in seinen letzten zehn Jahren und macht das auch nicht schlecht. Wenn er jetzt noch die Vorräte halbgarer Gags, die seit Jahrzehnten in den Redaktionsräumen in Köln-Mülheim rumliegen, aufbraucht, könnte das eine durchaus charmante Fernsehsendung werden.

Was hast Du gelernt? In Wanne-Eickel gab es 1912 die erste shopping mall des Ruhrgebiets, die Kaiser-Passage (Opens in a new window). Weil Zechenruß und Taubenkot (also: die Kombination des Ruhrgebietischsten, was man sich überhaupt vorstellen kann) das Glasdach verunreinigten und die darunter befindliche Einkaufsstraße verdunkelten, wurde der ganze Bums Ende der 1920er Jahre wieder abgerissen.

https://www.youtube.com/watch?v=ciqUEV9F0OY (Opens in a new window)

Deutlich erfreulicheres Comeback als das von Covid-19: Avril Lavigne ist wieder da!

Holt Euch Eure Booster-Impfungen ab, lasst Euch regelmäßig testen und habt trotz allem ein schönes Wochenende!

Herzliche Grüße, Euer Lukas

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