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Dezidiert Dezember

I dream away December
Cause it gets dark around five
And the streets, they never stop talking
Have you heard, supposed to snow tonight
(Japandroids)

148/∞

Good evening, Europe!

Ich hab eine Liste gemacht, ich habe sie zweimal überprüft: Es ist schon wieder Dezember. Wie auch immer die letzten Wochen und Monate privat und global aussahen (und das war bei den meisten Menschen, die ich kenne: beschissen), jetzt ist Waffenstillstand im Kampf gegen die große Welt da draußen. Der Weihnachtsfrieden der Finanzämter gilt nur vom 17. bis zum 31. Dezember, aber gesamtgesellschaftlich folgen wir der Tradition, Ende November eine große, flauschige Decke über dem Land auszubreiten, unter der dann der richtige Stress stattfinden kann: Adventskalender besorgen oder gar befüllen; Weihnachtsfeiern von Kindergarten, Schule, Sportverein und Arbeitsplatz; das bizarre Bedürfnis von Menschen, die man seit einem Jahr nicht gesehen (und auch nicht vermisst) hat, sich vor Weihnachten noch einmal treffen zu wollen — und zwar gerne auf dem Weihnachtsmarkt; Geschenke-Dispositionen, die Großfamilien in eine Art Warenterminbörse verwandeln; Reise- und Essenspläne.

Wie sehr ich meinen Sohn und die anderen Kinder in meiner Familie liebe, merke ich in dieser Zeit immer ganz besonders, denn wenn es nach mir ginge, würde ich den Dezember nahezu vollständig auf der Couch verbringen — die Liste der jährlich zu guckenden Weihnachtsfilme ist eigentlich Verpflichtung genug.

Wie viel Zeit ich sonst im Alltag mit Leerlauf fülle (Neoliberale würden sagen: „ungenutzt verstreichen lasse“, und sich weiter Richtung Burnout pushen), merke ich dann immer daran, dass ich Plätzchen backen und dekorieren, Weihnachtskarten gestalten, schreiben und verschicken und auch mal mehr als einen Film pro Monat gucken kann. Warum man all das tut, wer weiß es? Tradition is peer pressure from dead people.

Aber wahrscheinlich verbringe ich einfach sehr viel weniger Zeit am Handy und dann passt das zeitlich natürlich alles auch wieder. 

Seit ein paar Wochen versuche ich, meinen Social-Media-Konsum immer weiter herunterzufahren — und habe mir deshalb sehr viele Mobile Games installiert, damit ich was zu tun habe, wenn ich mein iPhone in die Hand nehme. (Ja: Der nächste Schritt wäre, das iPhone wegzulegen.) Jetzt werfe ich verschiedene Obstsorten aufeinander, damit sie sich in andere Obstsorten verwandeln; ich sortiere Busse nach Farben und Torten nach Arten und spiele zum ersten Mal seit ca. 20 Jahren wieder „Tetris“.

Die meisten dieser Spiele sind so aufgebaut, dass man die Hälfte bis zwei Drittel der Zeit damit verbringt, dass man sich Werbung für andere Spiele anschauen muss, bis es weitergeht. Oft kann man diese anderen Spiele direkt antesten, aber wenn sie einem gefallen haben und man die Originalversionen herunterlädt, funktionieren die Spiele oft ganz anders und man muss sich die Hälfte bis zwei Drittel der Zeit Werbung für andere Spiele anschauen, was sicher eine sehr gute Metapher für unsere Zeit ist, ich weiß nur noch nicht, warum.

Apropos Weihnachten! Extra zum Fest habe ich mir etwas ganz besonderes ausgedacht: das Geschenk-Abo! Für 12 Euro im Monat oder 120 Euro im Jahr bekommt Ihr den ohnehin kostenlosen Newsletter, exklusive Texte, meinen größten ewigen Dank und könnt Euer Abo mit zwei weiteren Personen teilen (d.h. es kostet eigentlich maximal 4 Euro pro Person und Monat).

Wie es sich für Cyber-Friday-Single-Christmas-Deals gehört, ist das das Angebot zeitlich begrenzt: Ihr könnt es nur bis einschließlich 6. Januar buchen!

Die anderen Abonnements gibt es natürlich weiterhin und ich freue mich sehr über jede Unterstützung!

Und weil die Frage immer wieder aufkam: Wenn Ihr kein Abo abschließen, aber mir vielleicht zum Jahresende einen Kaffee oder einen Ingwer-Shot ausgeben wollt, könnt Ihr das bei PayPal (Opens in a new window) machen. Vielen Dank, ich weiß das sehr zu schätzen!

Für eine der nächsten Ausgaben dieses Newsletters würde ich gerne mal etwas Neues ausprobieren, nämlich ein sogenanntes Q&A.

Falls Ihr also irgendwelche Fragen an mich habt - von „Hast Du einen guten Geschenketipp?“ über „Wer wird Deutscher Meister?“ bis zu „Was isst Du morgens zum Frühstück?“ - könnt Ihr mir die jetzt stellen und ich versuche, darauf zu antworten.

Was hast Du veröffentlicht?

Im Blog habe ich mein Mixtape 11/24 (Opens in a new window) gedroppt: 22 Songs, die mir in den letzten Wochen gut gefallen haben. Es gibt neue Songs von Laura Marling, Vanessa Peters und Shitney Beers, Al Green covert R.E.M. und Blossoms Whitney Houston.

Was hast Du gehört?

Vor sieben Jahren bin ich Samstagsabends beim Autofahren auf WDR 5 zufällig in ein Hörbuch geraten, das mich sofort in seinen Bann gezogen hat: „Das Buch vom Meer“ des Norwegers Morten A. Strøksnes. Der Untertitel „Wie zwei Freunde im Schlauchboot ausziehen, um im Nordmeer einen Eishai zu fangen, und dafür ein ganzes Jahr brauchen“ ist ein bisschen maniriert, fasst die Handlung des Buchs aber gut zusammen. Der Topos ist also ein bisschen an Melville und Hemingway geschult, es ist aber eigentlich ein wunderbar mäanderndes Buch über die Geschichte Skandinaviens und der Seefahrt, über Geologie und Meeresbiologie, Traditionen, Sagengestalten, kulinarische Spezialitäten und im Prinzip über alles, was so mit dem Meer zu tun hat. Ich liebe das Meer und ich liebe solche Texte — und weil in meinem Fernsehvertrag bei der Telekom auch ein RTL+-Abo enthalten ist und man dort auch (deutschsprachige) Hörbücher hören kann, habe ich nach sieben Jahren endlich mal das ganze „Buch vom Meer“ gehört, gelesen von Shenja Lacher und Stefan Wilkening. Es war phantastisch!

Ben Folds hat sein erstes Weihnachtsalbum veröffentlicht: Es trägt den sensationellen Titel „Sleigher“ (New West Records; Apple Music (Opens in a new window), Spotify (Opens in a new window), Amazon Music (Opens in a new window), Tidal (Opens in a new window), YouTube Music (Opens in a new window), Bandcamp (Opens in a new window)) und es ist so melancholisch, filigran und herzerwärmend, dass es den Vergleichen mit „A Charlie Brown Christmas“ vom Vince Guaraldi Trio durchaus gewachsen ist.

Der großartige Craig Finn von The Hold Steady hatte in seinem Podcast „That’s How I Remember It“, in dem er sich mit anderen Musiker*innen und Kreativen unterhält, zwei Acts zu Gast, deren Musik ich seit Jahrzehnten (Oh Gott, wie das immer klingt!) liebe, die ich aber noch nie im Interview gehört hatte: Kathleen Edwards (Opens in a new window) und Pete Yorn (Opens in a new window). Und in meinem Lieblingspodcast „Song Exploder“ ging es zuletzt um „Our House“ (Opens in a new window) von Crosby, Stills, Nash & Young.

Was hast Du gesehen?

Es ist wieder „Ninja Warrior Germany“-Saison. Das macht mehr Freude als Fußball.

Was hast Du gelesen?

Wenn Popkultur, Nerdtum und umständliche Recherchen zusammenkommen, bin ich dabei: Der „geheimnisvollste Song im Internet“ ist nach 17 Jahren endlich identifiziert worden (Opens in a new window) und Tony Hawk hat via Social Media nach einem mysteriösen Mädchen auf einem Skateboard aus den 1970er Jahren gefahndet — und ein Journalist hat sie gefunden (Opens in a new window).

Was hast Du zum ersten Mal gemacht?

Bei der EasyPark-App, mit der man auch auf kostenpflichtigen Parkplätzen in der Innenstadt parken kann, ohne so einen blöden Parkschein zu ziehen (womöglich noch mit Bargeld, was man ja eh nie hat), kann man sein Nummernschild auch für kameragestützte Parkhäuser freigeben. Das heißt, man muss nicht mehr die Scheibe runterkurbeln und auf so einen blöden Knopf drücken, um einen verdammten Schein zu ziehen, den man nicht verlieren darf und hinterher an einem räudigen Automaten bezahlen muss (womöglich noch mit Bargeld, was man ja eh nie hat!), sondern die Schranke öffnet sich beim Rein- und Rausfahren automatisch und die App regelt die Bezahlung. Ja: Es ist scheiße, dass da schon wieder ein Privatunternehmen hoheitliche Aufgaben abwickelt, aber es ist auch ganz wunderbar einfach und der Beweis, das Digitalisierung sogar in Deutschland möglich ist.

Was hast Du gelernt?

Menschen können Petrichor (also den Geruch von Regen auf trockener Erde) in noch niedrigerer Konzentration wahrnehmen als Haie Blut in Wasser. (Smithsonian Magazine (Opens in a new window))

Was hat Dir Freude bereitet?

Noch besser als Songs, die man mag, anzumachen, ist ja, Songs, die man mag, zufällig zu hören — zum Beispiel im Radio. Entsprechend glücklich war ich, als ich neulich unter der Dusche stand und bei BBC Radio 6 Music plötzlich „Sequestered In Memphis“ von The Hold Steady lief.

Außerdem: Herbert Grönemeyer hat auf Instagram (Opens in a new window) „Birds Of A Feather“ von Billie Eilish gecovert.

https://www.youtube.com/watch?v=Ei9t6O5sBdE (Opens in a new window)

Habt eine schöne Restwoche!

Always love, Luki

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