Emotionen?!
Ja, aber bitte nur die leisen unauffälligen!
Das ist zumindest mein Gefühl, dass ich aktuell habe, wenn es um unsere Gesellschaft geht - explizit natürlich was unsere Hunde angeht, aber auch in anderen Bereichen.
Da sitzt ein kleines Pudelkind mit eingezogener Rute bis tief unter den Bauch, zurückgelegte Ohren und eindeutigem Stressgesicht. Währenddessen lauscht die Bezugsperson ganz konzentriert der “Fachperson”, wie diese ihr wieder und wieder erklärt, wie das Handgelenk schwungvoll gedreht werden muss, um den perfekten Leinenruck - äh, pardon! - Leinenimpuls zu geben. Wie sich das Pudelkind aktuell fühlt, interessiert keinen.
Ein Hund, der sich überschwänglich freut, weil seine Bezugsperson wieder nachhause kommt, soll erstmal ignoriert werden. Weil geht ja gar nicht! Zu laut, zu stürmisch, zu viel Freude, zu viel Hund! Freuen soll er sich aber trotzdem, wenn er seine Bezugsperson wieder sieht, weil sonst ist es ja auch wieder doof für den Menschen… hm, schwierig. Also Emotionen zeigen ja, aber bitte nur in dem Maß, in dem es der Mensch erlaubt. Puh.
Dann sind da noch die Hunde, die in der Momentaufnahme wild und ungezügelt wirken. Die ihre Bezugspersonen durch anspringen angeblich “maßregeln” und keinerlei “Respekt haben”. Die, die dringend mehr Disziplin brauchen!!! Zumindest ist das die Meinung von vielen… Ich sehe Hunde, die total überfordert sind; die sehr sensibel auf die winzigsten Veränderungen in ihrem Alltag reagieren; die ihre Emotionen herausbrüllen. Diese Hunde brauchen nicht mehr Druck oder Gehorsamsübungen. Sie müssen gesehen und verstanden werden.

Aber das würde bedeuten, dass Mensch diese Emotionen auch aushalten und supporten kann - hier liegt wohl mitunter eins der größten Probleme. Oder wer kennt nicht Sprüche wie “Ein Indianer kennt kein Schmerz!”, “Das ist aber nicht sehr damenhaft!”, “Wer schön sein will muss leiden!” oder “Du darfst nicht weinen! Lass sie nicht sehen, wie sehr dich das verletzt!” aus seinen Kindheitstagen? Von klein auf wurde uns eingeimpft möglichst unauffällig und leise zu sein. Keine Emotionen zu zeigen… und auch jetzt noch sehe ich Kinder, die sich “zusammenreißen” sollen, weil grad nicht die passende Zeit für große Gefühle ist.
Für normales Verhalten, zu dem die lauten und leisen Emotionen gehören, zu sensibilisieren und aufzuklären fühlt sich manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen an. Hin & wieder bin ich einfach nur müde und erschöpft und mag einfach damit aufhören… ganz gleich, ob es um Kinder oder Hunde geht. Dann denk ich aber an eine Situation, in der ein schlaues kleines Mädchen mit voller Überzeugung zu mir gesagt hat:
“Lass mich. Ich muss mich erstmal ausweinen, danach geht es mir besser!”.
Wenn ich das, im übertragenen Sinn, auch nur für ein Mensch-Hund-Team schaffe, dann lohnt sich das Weitermachen und wer weiß, vielleicht darf ich es noch erleben, dass die Hundehalter/innen schiefe Blicke ernten, die nicht bedürfnisorientiert mit ihren Hunden durch die Welt gehen, anstatt anders herum…

Danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Gedanken zu lesen. Wie immer freue ich mich, auf den Austausch mit dir und dein Feedback.
Da ich leider nicht allein von Luft & Liebe leben kann, folgt jetzt noch eine kurze Werbung für meinen Online-Intensiv-Rückrufkurs. Mehr Infos dazu findest du auf meiner Homepage oder meinem Instagram Profil im gleichnamigen Highlight.
Hab ein wunderschönes Wochenende!
LG Nadine
