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Warum du öfter Sport schauen solltest

Jeden Freitag erzähle ich dir von Erkenntnissen aus Neurowissenschaft und Psychologie, die du kennen solltest. Heute: über die erstaunliche Kraft unserer Vorstellungskraft und wie sie uns zu besseren Sportler:innen macht.

Ich habe eine Leidenschaft, deren Ausmaß nur wenige Menschen kennen. Dass ich großer Basketballfan (und -Nerd) bin, weißt du vielleicht – ich habe es immer mal wieder hier erwähnt. Nicht erwähnt habe ich bisher, was das bedeutet. Ich schaue an mehreren Abenden die Woche für mehrere Stunden Basketball, jedenfalls, wenn ich nicht verabredet bin. Ich schaue vor allem Spiele der Euroleague, also der besten europäischen, internationalen Liga, bei der zum Beispiel die Teams von Real Madrid, FC Bayern und Panathinaikos Athen aufeinandertreffen. Wenn die Liga gerade keinen Spieltag hat, reicht mir aber auch die Basketballbundesliga. Es gibt Abende, an denen ich völlig unbedeutende Spiele wie Rostock gegen Göttingen anschaue (no offense!).

Meine Basketballleidenschaft gibt es schon seit ich zehn Jahre alt bin und ungefähr genauso lange schaue ich mir Live-Spiele, aber auch spezifische Videos auf Youtube an, in denen es um bestimmte Bewegungsabläufe geht. Das mache ich heute zwar nicht mehr, weil ich selbst nicht mehr aktiv spiele, aber dafür habe ich heute etwas anderes herausgefunden: Die vielen, vielen Stunden vor dem Laptop und vor Youtube waren nicht umsonst. Wenn wir uns Sport angucken, kann uns das tatsächlich zu besseren Sportler:innen machen. Und nicht nur das. Selbst, wenn wir uns nur vorstellen, wie wir Sport machen, können wir besser in dieser Sportart werden – unter bestimmten Umständen. Welche das sind – darum geht es heute.

Es lohnt sich, Sportvideos zu gucken

Starten wir mit dem Schauen von Sport. Das Fachwort dafür ist Action Observation und sie kann tatsächlich zur Leistungssteigerung eingesetzt werden, wie unter anderem diese Studie (Opens in a new window) gezeigt hat.

Die Forscher wählten ein experimentelles Design, bei dem die Teilnehmer:innen Videos von sportlichen Bewegungen betrachteten. Der Fokus: Was passiert dabei im Gehirn und werden die Teilnehmer:innen dadurch wirklich besser? Die Testpersonen wurden dabei in Gruppen mit unterschiedlichem sportlichem Hintergrund eingeteilt (Laien vs. Athlet:innen), um mögliche Unterschiede in der neuronalen Reaktion zu analysieren.

Die Teilnehmer:innen schauten sich Videoaufnahmen von spezifischen Bewegungen an, z. B. Tennisschläge oder Turnübungen. Diese Videos wurden so gestaltet, dass die Bewegungsdetails klar erkennbar waren, wodurch eine genaue Beobachtung der biomechanischen Abläufe möglich wurde.

Während des Betrachtens wurden bei den Teilnehmer:innen Hirnscans durchgeführt. Besonders fokussierten sich die Forscher auf motorische und sensorische Gehirnregionen wie den prämotorischen Cortex und das Spiegelneuronensystem, die typischerweise bei der Planung und Ausführung von Bewegungen aktiv sind. Nach der Beobachtungsphase führten die Teilnehmer:innen die zuvor gesehenen Bewegungen selbst aus. Ihre Leistung wurde dabei anhand von Kriterien wie Präzision, Geschwindigkeit und Koordination bewertet.

Das Ergebnis: Das Beobachten von Bewegungen aktivierte die gleichen Gehirnregionen , die auch bei der tatsächlichen Ausführung beteiligt sind. Den prämotorischen Kortex und sensorische Areale und das Spiegelneuronensystem. Vielleicht noch wichtiger: Die Testpersonen verbesserten nach der Beobachtung ihre motorischen Fähigkeiten signifikant. Die Athlet:innen zeigten größere Leistungsgewinne, wahrscheinlich, weil sie ihre neuronalen Netzwerke durch vorherige Trainingserfahrung optimiert hatten.

Ich war mal Nationalspieler (also in meinem Kopf)

Aber nicht nur die reine Beobachtung kann positive Auswirkungen haben. Als ich noch jünger (und etwas gelenkiger war) hatten wir an einer Seite meines Elternhauses einen Basketballkorb montiert. Wenn ich nicht sowieso Basketballtraining hatte und das Wetter es zuließ, spielte ich stundenlang auf der Auffahrt. Aber ich warf nicht einfach stumpf immer und immer wieder auf den Korb. Nein. Ich stellte mir beim Spielen vor, mitten in einem wichtigen Spiel zu sein. Mal spielte ich mein Zukunfts-Ich, das sich zum Nationalspieler gemausert hat und nun endlich gegen das große Team USA spielen durfte. Mal schlüpfte ich in die Rolle bekannter Basketballspieler und imitierte ihre Art zu werfen und zu dribbeln. Erstaunlich oft kam es bei diesen imaginären Spielen auf den letzten entscheidenden Wurf hinaus, den ich mit einer atemberaubenden Sicherheit zum Sieg verwandelte. (Und wenn nicht, wiederholte ich die Szene so oft, bis ich traf!)

Aber mit diesen ausgedachten Szenarien im Kopf endete es nicht. Selbst, wenn ich wieder im Haus war, wenn ich abends im Bett lag oder im Unterricht in der Schule abgedriftet bin, dachte ich an Bewegungsabläufe beim Basketball. Mal aus dem letzten NBA-Spiel, das ich geschaut hatte, mal aus dem letzten Training. Ich machte das nicht bewusst, ich machte es einfach. Aber heute weiß ich: Selbst dieses drüber Nachdenken, dieses Ausmalen der Bewegungen in der eigenen Vorstellungskraft, hat mich damals zu einem besseren Basketballspieler gemacht. Das Fachwort dafür ist „Motor Imagery“ und eine Studie von den Forschern Nobuhiko Mizuguchi und Kazuhiro Kanosue von der Waseda University in Japan hat genau das untersucht.

Stell dir vor, wie du Bewegungen durchführst

Die Teilnehmer:innen der Studie (Opens in a new window) wurden gebeten, Bewegungen entweder durch mentale Vorstellung oder durch visuelle Beobachtung zu simulieren. Dabei wurden unterschiedliche Bewegungsabläufe präsentiert, die hinsichtlich ihrer Komplexität variierten (einfache vs. komplexe Bewegungen). Diese beiden Techniken – Action Observation und Motor Imagery – wurden gezielt getrennt untersucht, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der neuronalen Aktivierung zu analysieren. Wir konzentrieren uns hier mal auf Motor Imagery. Die Aktivität im Gehirn wurde während dieser Aufgaben mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) gemessen, um spezifische Hirnregionen zu identifizieren, die bei der Verarbeitung dieser Aufgaben beteiligt waren.

Der Ablauf: Ohne physisch aktiv zu sein, wurden die Teilnehmer:innen angewiesen, sich selbst bei der Ausführung der Bewegung vorzustellen. Dabei lag der Fokus darauf, sich den Bewegungsablauf so realistisch wie möglich auszumalen, inklusive der Empfindung von Muskelaktivität. Die Gehirnaktivität wurde mit fMRI analysiert, insbesondere in motorischen und sensorischen Arealen wie dem prämotorischen Cortex und dem inferioren Parietallappen, die üblicherweise auch bei tatsächlichen Bewegungen aktiv sind.

Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl Action Observation als auch Motor Imagery die Aktivierung motorischer Regionen im Gehirn auslösten, insbesondere im prämotorischen Kortex und im inferioren Parietallappen. Diese Aktivierung war bemerkenswert ähnlich zu der, die bei der tatsächlichen Ausführung von Bewegungen beobachtet wird. Ein wichtiger Unterschied war, dass die Aktivierung bei komplexen Bewegungen stärker war, was auf die erhöhte kognitive und motorische Anforderung dieser Bewegungsarten hinweist.

Eine weitere bemerkenswerte Beobachtung war auch hier wieder, dass Expert:innen in ihren jeweiligen Sportarten eine stärkere Aktivierung dieser Regionen zeigten als Anfänger:innen.

So kannst du deine Vorstellungskraft auch als Laie nutzen

Was heißt das jetzt alles für dich? Was muss man beachten, wenn man seine Vorstellungskraft nutzen möchte, um besser zu werden – im Schwimmen, Golfen, Tennisspielen oder anderen Sportarten? Eine Meta-Analyse, die 133 Studien zu Motor Imagery ausgewertet hat, liefert auf diese Frage Antworten. Sie macht ziemlich genaue Angaben zum mentalen Training (klingt esoterisch, aber das ist das Fachwort) – wie oft man es machen sollte, wie lang und wann es nicht funktioniert:

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