Skip to main content

#002 Per Anhalter ins All

Hinweis: Dies ist die gratis Text-only-Version des CM MAGAZIN.
In der 🎧-Version diskutiert heute Chris mit Monika Andrae und Holger Klein über die Artikel.

Servus, Salut, Moin Moin zum CM MAGAZIN, Ausgabe 2. Die wird heute etwas fotolastiger, aber gleich zu Anfang driften wir erstmal ca. 500 Kilometer weit weg vom Planeten, in die niedrige Erdumlaufbahn. (Kann mir jemand sagen, ab wann man bei Planeten nicht mehr von "Höhe" redet, sondern von "Entfernung"?) Von dort dann hart zurück auf die Realität der Erde, bzw. zur Hollywood-"Realität" und einem Teil deren Bildsprache, die ein Überbleibsel aus dem Expressionismus der Kriegszeit war. Spannende Sache. Nach einem kurzen Besuch in den ruhigen Fahrwassern von Glass dann rüber zur elektrischen Mobilität und ein paar Zündfunken. Keine Sorge, nur im übertragenen Sinne. Es gibt Geschichten zu erzählen vom Twike in Tübingen über den Akku im Rasenmäher bis hin zum Tesla. Nicht zuletzt tauchen Moni und ich dann noch kurz ins Reich der Bücher mit einem Update in eigener Sache zum Analogbuch, das gerade das dritte Update bekommt.

Themen:

  • SpaceX Rideshare: 200kg für 1 Million

  • Der Dutch Angle

  • Glass (ja, immer noch)

  • Ein neues Auto

  • Status: Analog-Buch

Holgi und Chris leiten ein:

Auf auf,

## Zweihundert Kilo, eine Million

"Planet was one of many companies using the launch to replenish or augment their constellations. Spire had four Lemur multipurpose satellites on Transporter-3, while Kepler had four satellites for its connectivity constellation. Synthetic aperture radar companies Capella Space, Iceye and Umbra each had spacecraft on the launch as well."

(Quelle: https://spacenews.com/spacex-launches-third-dedicated-smallsat-rideshare-mission/ (Opens in a new window))

Ich bin ja regelmäßig und eigentlich schon immer entzückt von der Raumfahrt. Die erste Mondlandung war zwar vor meiner Geburt, so konnte ich die Begeisterung nur second-hand erleben, aber ist da ja im frühkindlichen Alter was bei mir ein-sublimiert. Astronaut werden wollte ich zwar nie, dafür verschlinge ich heute vieles, schaue mir grandios produzierte Live-Berichterstattung über Raketenstarts an, schaue Tim Dodds Videos zu sowjetischer Raketentechnik und bin fasziniert davon, wenn SpaceX mal wieder einen Booster landet. EINEN BOOSTER LANDET!!1! Hallo? Alleine das ist revolutionär.

Neben den Raketenstarts um Kommunikationssatelliten für Starlink in die Umlaufbahn zu bringen führt SpaceX natürlich auch Auftrags-Satellitenstarts durch, z.B. für die NASA. Und dann wäre da noch deren SmallSat Rideshare Program. Ab einer Million Dollar schafft SpaceX an der Spitze einer Falcon 9 zweihundert Kilogramm für euch in einen von drei möglichen Orbits: LEO / Low Earth Orbit (ca. 500km hoch), SSO / Sun-synchronous Orbit (sonnensynchrone Präzession) oder einen Polar Orbit (der fliegt dann über beide Pole). Auf Wunsch natürlich auch mehr.

Mitte Januar war es wieder soweit, zum dritten Mal flog SpaceX mit über 100 SmallSats, diesmal in einen 525-km SSO. Größter Kunde mit 44 Satelliten war Planet, die sich die kommerzielle tägliche Erdbeobachtung zur Aufgabe machen. Ähnlich wie Google Earth, aber halt mit täglich neuen Bildern. Auch das deutsche Startup OroraTech war mit einigen CubeSats an Bord, deren Satelliten mithilfe von Infrarotkameras nach Wald- und Buschbränden suchen. Eine Gesamtübersicht findet ihr hier (Opens in a new window). Dieses Manifest müsste Pflichtlektüre sein, denn hier entwickelt sich – auch Dank dieser neuen und relativ kostengünstigen Startmöglichkeiten – eine ganz neue Industrie, von der wir hier erst die Anfänge sehen.

Auch interessant: Dieser Flug war für den Booster nicht nur der zehnte, er ist (mittlerweile fast selbstverständlich) dann auch wieder gelandet und es war auch der gleiche Booster, der während der Demo-2-Mission (Opens in a new window) ersten Menschen mit Crew Dragon (Opens in a new window) sicher ins All gebracht hat.

Noch dieses Jahr sollen drei weitere SpaceX-Rideshare-Missionen stattfinden. Auf deren Homepage (Opens in a new window) könnt ihr euch übrigens ausrechnen lassen, wieviel der Launch eures eigenen Satellitenprojekts kosten würde.

## Über Nosferatu, Metropolis und Batman

"Filmmakers use a lot of tricks to up the anxiety of a scene. Music, sound mixing, lighting, color. And there's this trick: an ever so slight tilt of the camera."

(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=SHYfsYQDr6M (Opens in a new window))

Der "Dutch Angle" – der holländische Winkel – ist ein in Filmemacherkreisen üblicher Begriff. Gemeint ist das kippen der Kamera um die Bildachse, so dass vertikale und horizontale Linien schräg im Bild liegen. Dieses Stilmittel nutzen Filmemacher auch, um die visuelle Balance zu stören und beim Publikum ein Gefühl der Unsicherheit zu erzeugen. Warum die Holländer das erfunden haben sollen, hatte sich mir ja nie ganz erschlossen. Dank dieses Videos weiß ich es jetzt. Sie waren das nämlich gar nicht, sondern die Deutschen.

Stellt sich heraus, dass der "Deutsch Angle" ein Relikt des durch den 2. Weltkrieg geprägten Expressionismus ist. Die Einfuhr amerikanischer Filme waren damals in Deutschland verboten und so entwickelte sich bei uns unter den Eindrücken des Kriegs eine ganz eigene Bildsprache, sowohl in der Malerei als auch in Fotografie und Film. Nosferatu und Metropolis sind gute Beispiele. Später fand diese Technik dann Einzug ins Kino der Amerikaner und ist als Dutch Angle dort bis heute regelmäßig zu finden.

## Immer noch Glass

(Quelle: https://glass.photo/ (Opens in a new window))

Die einen sagen, Glass sei tot, die anderen freuen sich darüber. Ich gehöre zur zweiten Kategorie. Glass.photo ist eine iOS-App, in der ich Bilder teilen und die Bilder anderer sehen kann. Glass tut mir gut. Niemand versucht, mir was zu verkaufen. Ich folge gerade so vielen Leuten, dass die Fotos, die ich dort finde, fast alle von hoher Qualität sind und die Timline dabei herrlich low-volume.

Glass fühlt sich für mich nicht nach einer weiteren Inbox an, die ich regelmäßig abarbeiten muss. Stattdessen finde ich jedesmal, wenn ich nachschaue, neue Fotos, die mir gut tun. Und ich kann Glass gerne auch mal ein paar Tage lang ignorieren, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Die Bilder-Timeline ist ablenkungsfrei und komplett chronologisch. Keine algorithmische Optimierung auf Werbung oder mehr engagement. Was die, denen ich folge, in Glass rein werfen, kann ich sehen. Wenn ich anderen nicht folge, sehe ich deren Bilder höchstens mal beim Durchblättern der Vorschlagsliste.

Glass unterstützt verschiedene Arten, neue Menschen und deren Bilder zu entdecken. Da ist die Vorschlagsliste mit Köpfen und deren Bildern, die Suche und die Bilderkategorien. Für mich persönlich sind die Menschen, die mir neu folgen ein wichtiger Entdeckungs-Mechanismus. Ich blättere in deren Fotos und wenn ich deren Bilder in meiner Timeline haben möchte, folge ich zurück. Obacht: Die Konsequenz daraus ist natürlich, dass ich garantiert nicht zurückfolge, falls ich im entsprechenden Profil keine Bilder sehe.

Glass finanziert sich über Abos. Das Jahresabo kostet knapp 2,60 € im Monat bzw. 30,99 € im Jahr. Ob sich Glass mit diesem Modell halten kann, weiß ich nicht. Ich finde die Einfachheit aber so erfrischend, dass ich dem Projekt im August letzten Jahres mal ein Jahr mein Vertrauen (und Geld) geschenkt habe. Bis jetzt wurde ich nicht enttäuscht.

Chris Account: https://glass.photo/chrismarquardt (Opens in a new window)
Holgis Account: https://glass.photo/holgi (Opens in a new window)

## Vom Rasentesla zum EV

"So, gleich mal den Rasentesla ausführen #mäher #akku – @chrismarquardt 2.7.2016"

(Quelle: https://twitter.com/chrismarquardt/status/749165153330073600?s=20 (Opens in a new window))

Dies ist die Geschichte dreier Elektrifizierungs-Erlebnisse.

Das erste und besonders eindrückliche war vor ca. 10 Jahren bei einem Happy-Shooting-Workshop in Hannover. Wir drehten mit einer Gruppe ein Interview in einer Seitenstraße. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Menschen mit Autoschlüssel auf sein direkt neben uns geparktes Fahrzeug zugehen. Er stieg ein und ich bereitete mich seelisch darauf vor, das Interview wegen der Motorenlärm-Unterbrechung nochmal von vorne drehen zu dürfen. Dann rollte das Fahrzeug mucksmäuschenstill davon. Strike #1.

Ein paar Jahre später dann der zweite Strike: Der "Rasentesla", unser akkubetriebener Makita-Rasenmäher. Dessen Betrieb hat mir viele kleine Fragen beantwortet, u.a. dass Ladezeiten nicht wirklich stören (weil man währenddessen andere Dinge tut), dass die Reichweite kein Problem ist (unseren Rasen könnten wir mit einer Ladung zweimal mähen), dass das Teil keine Wartung (und keinen Flüssigsprit) benötigt und dass das Gerät immer anspringt. Auf Knopfdruck.

Strike #3: Während der Hybride im Kundendienst war, hatte ich zwei Tage lang einen Hyundai E-Kona als Leihwagen. Großer Fehler. Mit dieser ausgedehnten Probefahrt war's dann nämlich endgültig um mich geschehen. Die hybride Zwischenstation war zwar unnötig, sie hat aber zumindest die psychologische Reichweitenbarriere geheilt.

Und so steht nach vier Jahren hybridem Zeh-ins-Wasser-strecken seit Mai 21 das erste vollelektrische Auto vor der Tür. Ein Tesla Model 3 in der Basisversion. Und bevor jetzt die "Geldsack"-Kommentare kommen: Ein ordentlich ausgestatteter Golf kostet mehr.

Die Elektro-Erfahrungen der letzten Monate waren ohne Abstriche positiv, über 11.000 km im ersten halben Jahr (und das obwohl ich keine Fahrt zum Arbeitsplatz haben) zeugen davon, dass ich nicht nur ab und zu auf Langstrecken unterwegs bin, sondern auch gerne mal eine Besorgung übernehme. Und selbst im Winter mit der kältebedingt etwas verringerten Reichweite überwiegen die Vorteile. Ich sage nur "nie wieder Eiskratzen". Dazu in den nächsten Wochen mehr. Ich plane ein paar Artikel zum Thema Elektromobilität im Alltag. Falls ihr dazu Fragen habt, her damit!

## Buch-Update: Absolut analog

Moni und Chris erzählen:
(die kompletten Artikelbesprechungen findest Du in der 🎧-Ausgabe)

"Ich bin ehrlich gesagt etwas geplättet und auch sehr erleichtert"

(Quelle: https://soapbox.chrismarquardt.com/2017/12/19/auf-den-punkt-gebracht/ (Opens in a new window))

Moni und ich haben 2015 "Absolut analog" geschrieben, unser Buch über die analoge Fotografie. Es ist nach wie vor ein Herzensprojekt, befindet sich in der zweiten überarbeiteten Auflage und wurde zwischenzeitlich ins Englische und ins Chinesische übersetzt.

Kürzlich meldete sich unser Lektor und teilte uns mit, dass die deutsche Ausgabe langsam zur Neige geht. Und fragte, ob sie die zweite Auflage nachdrucken sollen oder ob wir das Buch überarbeiten und erweitern möchten. Die Frage haben wir dann gleich mal an die Analog-Community (Happy-Shooting-Slack, Kanal #analog) weitergegeben und holy moly kamen da in kurzer Zeit viele Vorschläge.

Kurz: "Absolut analog" wird in die dritte überarbeitete Auflage gehen. Wir haben Themen für neue Kapitel und Überarbeitungen für bestehendes. Wir haben etwa 2 Monate Zeit.

Und wir sind immer wieder erstaunt, wie dynamisch sich die analoge Landschaft weiterhin entwickelt.

Das war's. Wie immer, falls es euch gefallen hat, sagt es gerne weiter und ich nehme jederzeit gerne Vorschläge und Einwürfe an unter chris@cmmagazin.com (Opens in a new window) oder per Twitter @chrismarquardt (Opens in a new window) mit qu und dt.

Bis nächste Woche!

Chris

PS: Du kannst dieses Magazin gratis lesen, aber gerne auch finanziell unterstützen. Dafür bekommst Du dann zu vielen Artikeln zusätzlich noch zum Hören Diskussionen zwischen Chris und seinen Gästen. Diese Woche: Monika Andrae und Holger Klein.

0 comments

Would you like to be the first to write a comment?
Become a member of CM MAGAZIN and start the conversation.
Become a member