Die Kunst des Zeitverschwendens
Warum wir verlernt haben, nichts zu tun – und was es uns kostet

In Vietnam vergeht die Zeit anders – langsamer, großzügiger, beinahe achtlos. Wir sehen vor allem eins: Zeitverschwendung. Und zwar in ihrer herrlichsten, fast politischen, menschenfreundlichsten Form.
Aber lasst mich erklären:
»Früher«, sage ich oft zu Olaf,
»war irgendwie mehr Zeit.«
Ich meine nicht nur für mich persönlich. Denn dass seit meiner Elternschaft etwas mehr zu tun ist, sollte klar sein. Sondern generell.
Ich erinnere mich an vertrödelte Mittwochabende mit meinen Eltern und ihren Freunden auf unserem Berliner Balkon. An ganze Tage im Park, an Familienfeiern, bei denen einfach zusammengesessen wurde.
Irgendwann nahm das ab. Zu den Familienfeiern erschienen alle erst gestresst, dann wurden die Feste verkürzt und schließlich gar nicht mehr gefeiert. Die Balkonabende wurden aufs Wochenende verschoben – immerhin.
Keine Zeit, keine Zeit
Als wir Jahre später in Berlin Eltern wurden, hatten wir ein Zeitproblem.
Niemand unserer Freunde konnte Babysitten – keine Zeit neben den Jobs. Unsere Eltern konnten nicht mal eben vorbeikommen – zu viel zu tun und die Wege so lang. Andere Neueltern kennenlernen, war nicht einfach. Alle hetzen von Termin zu Termin, von Plan zu Plan und wir standen irgendwie so dazwischen und kamen uns haltlos vor.
Als wir vor neun Jahren in Thailand ankamen, war das wie ein Aufatmen. Leute hatten: Zeit.
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