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Adventsreihe :: Anhalten

Du kannst den Blogbeitrag hier anhören  (Opens in a new window)(Länge 9:15 min)

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Letztens las ich in dem Büchlein „The Remarkable Ordinary“ (Opens in a new window) von Frederick Buechner: „Gott zu lieben bedeutet Anhalten, Warten, Beobachten.“

Je älter ich werde, desto mehr glaube ich, dass wir nicht durch fromme brennende Reifen springen müssen, um Gott, den Nächsten und uns selbst zu lieben. 

Anhalten, Warten und Beobachten sind durch ihre Passivität weit weniger attraktiv als Heldentaten. Aber sie lassen uns in die Tiefe wachsen. Wir reihen uns damit ein in die uralten Traditionen und Rhythmen der Vorweihnachtszeit, begegnen unseren verborgeneren Sehnsüchten nach Ganzheit, Echtheit, Langsamkeit. 

Deshalb widme ich dieses Jahr meine Adventsreihe diesen drei heiligen Übungen: 

Anhalten

Warten

Beobachten

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ANHALTEN

Ich musste anhalten. 

Das Leben war mir zu schnell geworden in diesem Herbst, im Jahr 2001. Der Anschlag auf die zwei Türme in New York war erst wenige Wochen her, welcher auch einen Überfall auf unser westliches Sicherheitsgefühl bedeutete. Die globale Erschütterung ernüchterte mich, der ich mit Arbeit, Arbeit und noch mehr Arbeit zu entfliehen versuchte. Der Schuss ging nach hinten los, denn ich bin nicht gebaut für lange Tage in Büros von Werbeagenturen. 

An einem Novemberwochenende, kurz vor der Adventszeit setzte ich mich in einen Zug nach Prag. Ich mietete mich in einem Hostel ein, das in einem Hinterhof mit Osteuropa-Charme lag. Von dort aus machte ich mich zu Fuß auf den Weg zur Karlsbrücke. Es war ein trüber Tag. Ich trug meine Kamera um den Hals und ein Paket an Fragen und Sehnsüchten im Herzen, die ich noch nicht ausformulieren konnte. 

Auf der Mitte der Brücke hielt ich an. Im Hintergrund spielte eine Jazzband. Die alten Männer trompeteten und sangen gegen das Novembergrau an. Eine Traube von Menschen umringte die Jazz-Combo. Aus der Moldau stieg feuchte, kalte Luft auf. Ich zog den Reißverschluss meiner Winterjacke noch etwas höher. 

Ich kann mich an diese halbe Stunde – oder waren es sogar mehrere Stunden? – noch sehr genau erinnern. Ich hatte angehalten, um mich der großen Frage meines Lebens zu stellen. Auf einem kalten Vorsprung sitzend, starrte ich in die hypnotisierenden Strudel des Flusses. 

Was will ich mit diesem Leben anfangen? 

Ich wusste, was ich NICHT mit diesem Leben tun wollte. Und zwar, es noch weiter in einer Werbeagentur verbringen. 

Aus dem Flussnebel tauchte eine Antwort auf. An den Rändern verschwommen und schwer zu erkennen, aber je näher sie kam, desto deutlicher konnte ich ihre Umrisse ausmachen. Und dann stand sie vor mir, zupfte ungeduldig an meinem Ärmel wie ein kleines Kind, das Beachtung wollte: Kündige und reise allein ein Jahr durch die Welt. Ohne Plan. Ohne Begleitung. 

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