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Speck macht glücklich

In der Schule hatte ich einen sehr guten Freund. Matteo. Jeden Mittwoch nach dem Schulsport schlenderten wir mit unseren Turnbeuteln über der Schulter den kurzen Weg durch die Sackgasse, an der unsere Schule lag, zu Matteos Haus.

Wenn er die Tür aufschloss, wehte uns schon dieser spezielle Duft in die Nase, den nur die Bolognese seiner Oma verbreiten konnte.

Matteos Eltern kamen aus Bologna, waren aber selten zuhause, weil sie das kleine italienische Restaurant am Laufen hielten. Er wurde praktisch von seiner Oma erzogen — und ich jeden Mittwoch mit.

Ehi, biondino, begrüßte sie mich fröhlich und wandte sich sofort wieder ihrem großen eisernen Topf zu unter dem Zungen von Gasflammen tanzten.

Matteo war Außenseiter in der Klasse, so wie ich. Er war der Ausländer, der einzige, ich war Stotterer, auch der einzige.

Wir hatten uns zusammen getan, weil man gemeinsam besser zurecht kommt. Ich war größer als die meisten und blond, er schmächtig und dunkelhaarig. Ein lustiges Paar.

So, jetzt noch ne Prise „Partisanenspucke“, sagte seine Oma, dann ist das Ragú fertig.

Wir johlten, denn für uns beide waren die Tagliatelle Bolognese am Mittwoch etwas ganz besonderes.

***

Über Facebook haben Matteo und ich uns vor ein paar Jahren wiedergefunden. Er lebt inzwischen in Los Angeles. Und betreibt dort ein italienisches Restaurant.

Letzte Woche musste ich an seine Oma denken und chattete ihn an. Ja, das Rezept habe er noch, jeden Mittwoch gäbe es Ragú Bolognese bei ihm im Restaurant und seit dem Sieg von Donald Trump mit einem Extraschuss „Partisanenspucke“.

Die gibt‘s wirklich?

Ja klar.

Ich maile dir nachher das Rezept.

„Re: Tagliatelle Bolognese per le bionde“

…, hieß der Betreff seiner Mail.

Zutaten: (für 4 Personen, also 2 von deiner Statur ;))

  • 100g Pancetta (oder anderen Bio-Speck)  – du erinnerst Dich? „Speck macht glücklich“, hat Oma immer gesagt

  • 300g Rinderhack, 200g Gemischtes oder Schweinehack

  • 2 weiße Zwiebeln

  • 2 große gelbe Karotten, sonst drei

  • 2 Zehen Knoblauch

  • 1 Chili Schote

  • 40g Bio Tomatenmark

  • Mehrere Schuss Vollmilch, Salz und Pfeffer

Zubereitung:

Den Speck in ein wenig Öl anschwitzen, Oma nahm immer Sonnenblumenöl, du kannst aber auch Olivenöl nehmen.

Zwiebeln, Knoblauch und Karotten dazu und glasig braten.

Erst das Schweinehack, eine Minute später das weniger fettige Rinderhack dazugeben.

Salzen und Pfeffern. Dann das Tomatenmark großzügig in Kreisen drüber drücken.

Umrühren (Holzlöffel!)

Mit Vollmilch und heißem Wasser ablöschen, Deckel drauf und köcheln lassen.

Oma sagte immer, das müsse nu zwei Stunden ziehen. Immer mal wieder Vollmilch dazu geben, wenn es zu trocken wird. Und oft umrühren.

Ich verkürze das heute auf eine Stunde und hoffe, Oma verzeiht mir den Frevel.

Ach ja, Partisanenspucke gibt‘s wirklich. Am Ende gibt‘s n Schuss Weißweinessig dazu.

Aber das darfst Du wirklich nicht weiter erzählen.

Liebe Grüße nach Hamburg,

Dein alter Kumpel, Matteo

***

Die Geschichte von Matteo ist Autofiktion. Das heißt, einiges ist wahr, anderes nicht.

Das Rezept ist echt und sehr lecker — und nix für jeden Mittwoch mehr. Aber manchmal muss es eben mehr Fett und Fleisch sein, als sonst. Denn Speck macht ja bekanntlich glücklich.

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