Ideengas im Gehirn đź’Ą
Ich bin keine von denen, die sich am Anfang eines Projekts hinsetzt und erstmal Charakterbögen für ihre Figuren ausfüllt. Die entwicklen sich bei mir in der Regel mit der Geschichte. Während des Schreibens oder Drübernachdenkens merke ich, die Figur braucht noch ein Hobby, ein Haustier, einen Lieblingssong und dann mache ich mich auf die Suche danach. Daraus entstehen dann weitere Dinge und irgendwann habe ich eine Figur mit Vorlieben und Abneigungen und Spleens.
Manchmal bekommen Figuren etwas von mir persönlich (Lus Abneigung gegenüber Mathe, Bens Leiblingsfilm Titanic, Richies Nebenjob an der Tankstelle, …), manchmal gebe ich ihnen ganz bewusst etwas, von dem ich keine Ahnung habe (Lus und Bens Lieblingsband Enter Shikari, Medis Leidenschaft fürs Häkeln, …). So kommt es, dass ich manchmal nur dadurch etwas entdecke, was mir tatsächlich auch gefällt. Ich kannte den Namen der Band Enter Shikari und natürlich auch Linkin Park, hatte aber nie wirklich was von den Bands angehört. Nur wegen Lu hab ich damit angefangen und festgestellt: Ja, gefällt mir tatsächlich auch gut – vor allem die Stücke, die man nicht aus dem Radio kennt.
Manchmal sehe ich aber auch etwas, das unterwegs passiert, ein Video im Internet oder einen Zeitungsartikel und denke: Das WILL ich meiner Figur geben. Irgendwie will ich diese Eigenschaft ins Buch schreiben.
Ein gutes Beispiel dafür ist Medi und ihr Hobby häkeln. Ich habe kaum eine Ahnung wie man häkelt, bewundere aber jedes Werk, das meine Schwester häkelt (big shout out, weil sie all die Hägelgeister gemacht hat!) oder das ich irgendwo im Internet sehe und wie kreativ und voller Ideen häkelnde Menschen sind. Habe ich mich also eine gute Dreiviertelstunde damit befasst, wie manche häkelnde Menschen Wollknäuel abwickeln und auf Stifte wickeln und warum sie das tun, um darüber 2-3 Sätze im Buch zu schreiben? Japp. (Siehe Kapitel 19, nur um den Anfang zu Schreiben, habe ich unter anderem dieses Video angesehen (Opens in a new window).) Ist das übertrieben? Vielleicht. Aber es macht Spaß, ich habe was gelernt, Medi hat eine Authentizität bekommen, die nur verstanden wird, wenn man selbst häkelt und Wolle umwickelt und das mag ich sehr.
Aktuell bearbeitet mein Hirn sehr intensiv das Projekt Fast Car (hier habt ihr es zuerst gehört!). Das rödelt so im Hintergrund vor sich hin und immer, wenn was Passendes aufploppt, notiere ich es und hoffe, möglichst bald zum Plotten und Schreiben zu kommen.
Neulich habe ich ein Video im Internet (Opens in a new window) gesehen: Ein Mann, der übers Meer segelt, eine Schildkröte findet, die in irgendwelchem Müll verheddert ist, sie aus dem Wasser fischt und davon befreit, ehe er sie wieder ins Wasser setzt.
Erstens: Große Liebe für solche Menschen und solche Videos, die mein Herz erwärmen.
Zweitens: Offenbar strömte irgendwelches Ideengas in meinem Gehirn umher, denn in dem Moment, in dem ich das Video sah, ploppten unmittelbar zwei Szenen auf. Aus Spoilergründen kann ich nichts ins Detail gehen an dieser Stelle, aber how amazing is the brain? Ich weiß jetzt, dass eine der Figuren aus Projekt Fast Car eine Schildkröten-Närrin wird. Habe eine genaue Szene eines Gesprächs vor Augen und einen zweiten Gesprächsschnipsel für eine weitere Szene und beides zusammen in der Gesamtheit des Buches stelle ich mir wunderschön vor. (Ich hoffe, ich denke daran, wenn das Buch dann veröffentlicht ist, hier noch mal im Detail drauf einzugehen – ansonsten müsst ihr mich erinnern.)
Willkommen zu meiner Ideen-Reihe. Weil die Frage immer wieder gestellt wird, versuche ich zu rekonstruieren, wie es zu den bereits veröffentlichten und geschriebenen Projekten kam und nehme euch mit, wenn mir eine neue Idee kommt (auch wenn aus der vielleicht nie etwas wird). Bereit, mir in den dunklen und verwobenen Irrgarten, der sich mein Gehirn nennt, zu folgen?