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Heidesee: Was wir wissen. Und was nicht.

27. Oktober 2023

Liebe Lesende,

die Stichwahl der Landratswahl (Öffnet in neuem Fenster) in Dahme-Spreewald naht, und der AfD-Landratskandidat Steffen Kotré bringt sich in Stellung. Ausgerechnet mit einem Thema, bei dem er selbst kürzlich um Mäßigung warb: "Kommt runter, regt euch ab und macht nicht alles gleich politisch", hatte er nach den fremdenfeindlichen Vorfällen zwischen Jugendlichen (Öffnet in neuem Fenster) am KiEZ Frauensee in der Gemeinde Heidesee im Mai gefordert (Öffnet in neuem Fenster). Nun benutzt er in einem Facebook-Video die - noch nicht einmal finalen - Ermittlungsergebnisse, um um Wählerstimmen zu buhlen. Dabei behauptet er: "Keiner der Vorwürfe konnte bestätigt werden." Doch das stimmt unseren Recherchen zufolge für Heidesee nicht. Zu den Vorfällen im Sommer in Lieberose (Öffnet in neuem Fenster) laufen die Ermittlungen sogar noch.

Was genau geschehen ist an dem Abend im Mai im Kindererholungszentrum (KiEZ) Frauensee, wissen nur die beteiligten Jugendlichen. Bis zu fünf Jugendliche aus der Region sollen sich von einer Geburtstagsfeier eines 18-Jährigen im KiEZ entfernt und Jugendliche einer Berliner Schulklasse fremdenfeindlich beleidigt haben. Die Berliner Schulklasse war noch in der Nacht abgereist. Allerdings können sich sowohl die herbeigerufene (Öffnet in neuem Fenster) Polizei als auch begleitende Erwachsene nur aufs "Hören-Sagen" beziehen. Die Polizei ermittelt seitdem wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Bedrohung, die Ermittlungen sollen in Kürze abgeschlossen sein. Doch die Befragungen haben sich aus Sicht der Polizei schwierig gestaltet. Rund 60 Personen mussten befragt werden. Wie die Polizei informiert, seien nicht alle Personen erreicht worden und nicht alle hätten sich kooperativ gezeigt. Aussagen hätten sich teils widersprochen, und auch auf Zeugenseite sei es nicht immer einfach gewesen, Aussagen zu bekommen.

Die Ergebnisse werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, die über das weitere Vorgehen entscheidet: Wird eine Anklage erhoben? Werden weitere Ermittlungen eingeleitet? Wird das Verfahren eingestellt? Für eine Anklage müssen mögliche Tathergänge den Beschuldigten nachgewiesen werden können. Wie aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen der Polizei hervorgeht, können jedoch die im Raum stehenden Vorwürfe nicht zweifelsfrei konkreten Personen zugeordnet und auch die strafrechtliche Relevanz von Äußerungen kann nicht eindeutig belegt werden. Das bedeutet indes nicht, dass es keine beleidigenden und niederträchtigen Äußerungen zwischen den Jugendlichen gegeben hat.

Während unserer Wahlkreisel-Runde (Öffnet in neuem Fenster) in Groß Leuthen hatte sich Steffen Kotré - wie auch die anderen beiden Kandidierenden - dafür ausgesprochen, in solchen Fällen die Ermittlungsergebnisse abzuwarten. "Dafür gibt es die Polizei", sagte er. Derweil verweist er bei den Vorfällen in Heidesee immer wieder auf eigene Gespräche, die er mit Beteiligten geführt habe. Von derlei "Gesprächsangeboten" haben sich unseren Recherchen zufolge sogar einige Beteiligte bedrängt gefühlt. Polizeisprecherin Ines Filohn hatte sich gleich im Mai von "Ermittlungsergebnissen von Parteien" distanziert. "Die Ermittlungsbehörden werden feststellen, ob etwas justiziabel ist oder nicht", sagte Sven Herzberger, parteiloser Mitbewerber der Stichwahl, beim Wahlkreisel in Groß Leuthen. Solche Vorfälle seien aus seiner Sicht jedoch "immer Anlass, dass die Zivilgesellschaft Gesicht zeigt. Wir müssen unsere Grundwerte laut deutlich machen."

Damit zurück zum Facebook-Video von Steffen Kotré: Von seiner einstigen Aufforderung "runterzukommen" scheint der Landratskandidat nicht mehr viel zu halten: Es sei ein Muster bei Vorfällen wie in Heidesee oder Lieberose zu erkennen, sagt er in dem Video: dass "immer wieder mit der Rassismus-Keule" gehauen werde, um "uns mundtot zu machen", damit "noch mehr Gelder für die illegale Migration" freigesetzt würden, um "uns Deutsche aus den angestammten Gefilden zu vertreiben und andere Menschen hier anzusiedeln".

Zu entscheiden, "wer oder was zu Deutschland gehört und was nicht", sei typisches Merkmal von Rechtsextremisten, heißt (Öffnet in neuem Fenster) es beim Brandenburger Innenministerium. Die Brandenburger AfD sei "geprägt von einem ethno-kulturellen Volksbild, das Menschen anderer Herkunft oder Religion verächtlich macht und damit gegen die Würde des Menschen verstößt", erklärt (Öffnet in neuem Fenster) Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen über die Gründe, die Partei als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes einzustufen: "Die Brandenburger AfD hat sich seit ihrer Gründung stetig radikalisiert und wird mittlerweile von Bestrebungen dominiert, die ganz eindeutig gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind."

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