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Betrugsversuch und nettes Bild

Schade, die Anfrage klang verlockend:

Hello are you available for commissions? I‘ll like you to draw a picture of my son‘s for him … willing to pay you …

Es hätte mich stutzig machen sollen, daß eine nette US-Grandma durch meine Tommy-Story surft, meine Bilder toll findet und von mir eines mit ihrem Sohn Mickey gemalt haben möchte, mir aber Fotos ihres Enkels schickt.
Ganz wichtig, der Name des Sohnes – Mickey – muß unbedingt aufs Bild!

Es hätte mich stutziger machen sollen, daß GrandMa mir sofort und ohne Gegenleistung das Geld zahlen wollte. Der angebotene Preis war stimmig.
Wenn Liebe blind macht – Geld macht blinder.

Was mich tatsächlich etwas verwunderte: Selbst auf Nachfrage erzählte sie nichts von sich, nicht einmal mit ihrem Bundesstaat rückte sie raus. Wollte aber wissen, in welchem Teil der Welt ich sitze.
Und sie bestand auf PayPal, unbedingt auf dem ganz klassischen PayPal. Alternativen wie paypal.me oder kofi ignorierte sie mit Funkstille.
Ich hielt sie ihre Verschlossenheit für verschroben, sie für unflexibel … aber sie zahlt das Geld, sie ist der Boss.

Geld zu nehmen, ohne einen Strich gezeichnet zu haben, geht mir gegen den …war mir unangenehm. Dabei hätte es mir viel Arbeit erspart, allerdings bin ich nicht sicher, ob ich den Betrug an der Stelle bemerkt hätte – wie gesagt, auch Geld macht blind.

Grandma fragte sofort – und zwischendurch immer mal wieder – ob ich ihr vertraue, hatte betont, daß ich ihr unbedingt vertrauen könne, in ihrer Bio las ich etwas von Jesus … so einer GrandMa mißtraut man einfach nicht!

Ich habe also wie wild losgemalt. Habe ein Projekt hinten angestellt.
Jede Skizze, jeden Entwurf kommentierte die GrandMa ganz begeistert, freute sich, wie perfekt das doch alles sei. Was nun wieder mich freute.

Damals stellte ich mir vor, wie Sohnemann Mickeys Augen leuchten würden, wenn er mein Bild sähe – heute, wie GrandMa bei meinem Geeiere mit den Zähnen knirschte, weil nix wurde mit der schnellen Kohle und ich bewundere sie fast, wie sie Anglers Geduld aufbrachte, um an meine Dollars zu kommen.

Dann ging es recht schnell, GrandMa bekam eine kleine Version des Bildes, meine PayPal-Daten** und das Angebot, ihr die hochaufgelöste Bildversion per WeTransfer zu schicken. Naja, ich hab zu der Zeit den Auftrag noch ernst genommen. Und war echt stolz auf mein Bild.

Jedenfalls hatte sie meine Daten, sie schickte mir im Chat auch sofort zwei Screenshots der vorgenommenen PayPal-Überweisung mit einem wichtig aussehenden Transaktionscode.
Ich solle überprüfen, ob alles korrekt eingegeben sei – war es! Genauso übervorsichtig hätte ich es auch überwiesen, plötzlich ich fand GrandMa ziemlich taff und freute mich, daß alles super lief.
Und auf ein großes Belohnungsbier am Abend.

Ab jetzt ging alles ziemlich schnell:

GrandMa fragte sofort, ob ihr Geld bei mir auf PayPal eingegangen sei.
War es nicht. Sofortige Internetrecherche: bis zu zwei Tage könne es dauern, bis sich das Geld bewegt. (Nein dauert es nicht, verriet mir später die freundliche Frau PayPal*** am Telefon.)

Zwei Tage könne das dauern, schrieb ich GrandMa.

Ob ich mal in meinen Mails geschaut hätte, fragte die mich zurück.

Ja, da gab es eine Mail. Sah nach Paypal aus. Daß die Mail Schreibfehler enthielt, sah ich nicht – wie gesagt, Geld macht blinder.

Die Mail klang bedenklich: das Geld könne mir nicht gutgeschrieben werden, weil ein Transferlimit zu niedrig eingestellt sei. Das könne durch PayPal aber problemlos erhöht werden, wenn mein Geschäftspartner – also GrandMa – weitere 300 Dollar überwiese, die ich allerdings sofort zurückerstatten müsse.

Oh, schrieb GrandMa, diese Mail hätte sie auch erhalten.
Sie würde mir aber vertrauen und die zusätzlichen Dollars überweisen.
Sie könne mir doch vertrauen? Es fühlte sich an, wie ein tiefer, prüfender Blick in meine Augen.

Selbstverständlich könne sie das!
 Diese Antwort reichte nicht.
Ob ich die 300 Dollars ganz sicher an sie zurückzahlen würde …?

Allerdings hatte ich die Mail jetzt etwas genauer gelesen und war mir … bin mir sicher, PayPal würde nie eine Mail aus einem gmail-Account verschicken. Nun hatte ich auch die Schreibfehler im Text bemerkt.

… Ja, wenn ihr Geld bei mir auf dem PayPal-Konto einlaufen würde, dann würde ich GrandMa die 300 Dollars natürlich zurückzahlen. Versprochen! Außerdem bräuchte sie sich keine Sorgen machen, ich würde die Angelegenheit mit dem Service von PayPal klären.


Wann? fragte GrandMa.


Heute Nachmittag, belog ich GrandMa und Jesus in ihrer Bio, denn ich hangelte mich bereits durch die Computerabfragen beim PayPal-Service.

GrandMa war zwischendurch aber auch nicht faul, sie hatte ihren Instagram-Account bereits gelöscht, als ich ihr abschließend etwas schreiben wollte.
Irgendwas Moralisches. Oder was Gemeines.

Das Bier am Abend habe ich mir nicht gegönnt.

Glück ist manchmal, wenn man am Ende zwar nicht bezahlt wird, aber wenigstens nicht mit weniger Geld da sitzt als am Anfang.

GrandMa gibt es noch (oder wieder) auf instagram.
Fast der gleiche Name, gleiches Gesicht im Profil. Auch Jesus ist immer noch bei Ihr. Dazu ein paar Posts von ihrer Enkelin.

Ich überlege, ob ich sie frage, wie ich die 300 Bucks an sie hätte zurück überweisen können? Ohne Ihren Namen? Ohne eine PayPal-Registrierung? Aber wahrscheinlich ist sie zu dem Teil der Geschichte gar nicht mehr gekommen.

Vielleicht ist es auch die echte GrandMa und sie weiß nicht, daß mit ihrem Gesicht betrogen wird?

Bills.
Wer gibt sich den Spitznamen Bills, wenn er per Rechnung betrügen will …?

** meinen Namen und eine Mailadresse, die für PayPal registriert war. Gottseidank hatte ich für solche Überweisungen eine zweite Adresse, die habe ich fast sofort ausgetauscht.

*** Frau PayPal war ein echter Mensch, sehr freundlich, kompetent und aufgeschlossen – jemand wo man gerne noch ein wenig plaudert, wenn die Probleme gelöst sind, wo man gerne schon mal frohe Weihnachten wünscht – ja, was denn? es ist Mitte November!

Jedenfalls: Überweisungen bei PayPAl werden sofort angezeigt … der Transaktions-Code war wirklich ein echter PayPal-Code, allerdings geklaut: er passe weder zum Datum oder zu den Personen der Überweisung …

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